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Was ist die Künstlersozialkasse?

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Nur nicht die Treppe herunter fallen, dachte ich mir jeden Morgen, Mittag und Abend  meines Praktikums, wenn ich die Stufen des Radiosenders auf der Jagd zum nächsten Termin rauf und runter jagte. Denn: hinfallen hätte Arztbesuch bedeutet – und das meinen Ruin, denn ich war nicht krankenversichert und da ist selbst ein Bänderriss schnell mit mehreren tausend Euro zu verbuchen.  

Stundenlang hatte ich mit meiner ehemaligen Krankenkasse telefoniert, versucht, der Sachbearbeiterin klar zu machen, dass ich freischaffend sei und regelmäßige Auftraggeber habe, und mich gerne bei ihrer Kasse krankenversichern würde. Über fünf Wochen habe ich mit den unterschiedlichsten Abteilungen telefoniert, bis eine Freundin beim Kaffee fragte: „Warum gehst Du eigentlich nicht zur KSK?“ Das war eine gute Frage, und die Antwort hatte viel mit meiner Angst vor Behörden, auszufüllenden Unterlagen und schlecht geordneten Arbeitsbelegen und Rechnungen zu tun. Irgendwo zwischen den Stapeln auf meinem Schreibtisch lagen die Unterlagen, mehrere Formulare, die ich online bei der Künstersozialkasse angefordert habe. Gefühlt zentimeterhohe Stapel mit komplizierten Fragen, bei denen ich nicht einmal eine Vorstellung hatte, was die Antwort sein könnte, geschweige den, wen ich für die Beantwortung anrufen sollte.  

De facto waren es etwa 15 Seiten, mit einfachen Fragen zum Einkommen, den Ausgaben und womit genau man sein Geld verdient. Denn die Künstlersozialkasse ist eigentlich eine tolle Einrichtung. Gegründet wurde die KSK, wie sie versierte Leidtragende nennen, um Freischaffenden eine Absicherung zu ermöglichen, also Malern, Bildhauern, Journalisten, Zeichnern und Musikern. Weil sie keine Arbeitgeber haben, die sich an ihrer Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung beteiligen,  zahlen Kunstverwerter, also zum Beispiel Verlage, der Bund und wir bestimmte Beträge, die dann an Krankenkasse, die Rentenkasse und die  Pflegeversicherung weitergegeben werden. Das alles verwaltet die KSK.  

Ist ja super, könnte man meinen. Ist es auch, aber weil es super ist, kommt man auch nicht so leicht rein. Das ist Absicht, wie Monika Heinzelmann von der KSK erklärt. Vor allem geht es darum, nachzuweisen, dass ein wesentlicher Teil des eigenen Lebensunterhaltes durch Artikel, Konzerte oder Illustrationen entsteht. Das geht mit Rechnungen, Arbeitsbelegen und ähnlichem. 

„Wenn jemand ein Buch schreibt, aber das nicht veröffentlicht wird, ist er zwar formell Publizist. Geld verdient er damit noch lange nicht.“ Bei Berufsanfängern sind die Sachbearbeiter oft gutmütig. „Da muss kein volles Gehalt nachgewiesen werden, sondern sichtbar sein: 'Das ist mehr als ein Hobby.'“ All das zusammen zu suchen, dauert ungefähr einen regnerischen Nachmittag, viel Fluchen, Ordner durchwühlen und nochmal Fluchen später. Dann heisst es nur noch: warten. Und im Idealfall kann man, wenn man alles eingereicht und vieles nachgereicht hat, einen Vertrag unterschreiben. Und wieder fröhlich Treppen hoch und runter rennen. Und im Notfall kann man sich immer noch freiwillig krankenversichern. Aber das ist so teuer, dass man am liebsten den Arztbesuch selbst bezahlt und vorsichtig Treppen steigt.  

Lea Hampel hat für diesen Text Lisa, 26, aus München protokolliert. Sie ist seit acht Monaten in der KSK.
Fünf Tipps in Sachen Künstlersozialkasse:

1. Wenn Du Dich anmelden willst, warte nicht zu lange. Etwa 80 Anträge gehen täglich bei der KSK ein, und die Bearbeitung dauert manchmal mehrere Monate.

2. Wenn Du die Unterlagen zu Hause hast, achte darauf, dass Du alles einschickst, was erforderlich ist. Allein die Nachfrage nach fehlenden Unterlagen zieht das ganze in die Länge.

3. Wenn Du Rückfragen hast, ruf an. Du kannst Dich zwar auf mehrere Minuten in der Warteschleife einstellen, aber das geht schneller, als auf eine Mailantwort zu warten.

4. Wenn Du einen besonders exotischen künstlerischen Beruf ausübst, schick Erklärungen mit und Arbeitsbeispiele.

5. Leg Geld zur Seite. Die Mitgliedschaft gilt rückwirkend ab dem Datum, zu dem die Selbstständigkeit begonnen hast. Wenn Du dann den Aufnahmebescheid bekommst, musst Du eventuell für mehrere Monate nachträglich Beiträge zahlen.  

Text: lea-hampel - Cover: misterQM / photocase.de

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