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Was passiert eigentlich, wenn ich im Ausland geblitzt werde?

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Muss ich mich um einen ausländischen Strafzettel kümmern, oder kann ich den getrost in den Müll werfen, weil er in Deutschland nicht gilt? „Das kommt darauf an, wie hoch das Bußgeld ist", sagt Wolfgang Lieberth vom ADAC Nordbayern. Seit Oktober 2010 gilt in Deutschland eine EU-weite Bestimmung, die besagt, dass Busgelder aus dem europäischen Ausland nur dann in Deutschland vollstreckt werden, wenn sie inklusive Verwaltungskosten und Gebühren mindestens 70 Euro betragen.

Die Ausnahme bildet Österreich. „Bußgelder aus Österreich werden in Deutschland schon seit 1990 ab einer Höhe von 25 Euro vollstreckt", sagt Lieberth. Daran ändert auch das neue Gesetzt von 2010 nichts. Die Strafen für Geschwindigkeitsübertretungen variieren in den einzelnen EU-Ländern gewaltig. Zum Vergleich: Wer in Deutschland mit bis zu 20 km/h zu schnell geblitzt wird, zahlt dafür maximal 35 Euro. In Bulgarien und Polen kostet dasselbe Vergehen laut einer Tabelle des ADAC nur 20 Euro. In Frankreich dagegen, werden 20 km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung bereits mit 90 Euro geahndet. In Italien sind es schnell mal 155 Euro und mehr, je nachdem, zu welcher Uhrzeit man erwischt wird. Theoretisch könnte ich Bußgeldbescheid aus einigen EU-Ländern also ignorieren, ohne dass mir in Deutschland deswegen irgendetwas passiert.

„Überlegen sollte man sich das trotzdem gut", sagt ADAC-Sprecher Wolfgang Lieberth. Denn nur weil das Vergehen in Deutschland nicht geahndet wird, heißt das nicht, dass mir unsere Nachbarn die Strafe einfach erlassen. „Bei einer Routinekontrolle kann die noch offene Forderung jederzeit vollstreckt werden", gibt Lieberth zu bedenken, „und die wird nicht unbedingt billiger, wenn man nicht gleich bezahlt hat." Wer also häufiger in ein Land reist, sollte in Zweifelsfall auch Bußgelder unter 70 Euro bezahlen, um später keine Probleme zu bekommen, rät der ADAC-Sprecher. Informationen über die teilweise sehr unterschiedlichen Verjährungsfristen im europäischen Ausland bekommt man beim Anwalt.

Anders liegt der Fall, wenn der Halter des Wagens nicht selbst gefahren ist. „In Deutschland gibt es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen keine Halterhaftung", sagt Lieberth. „Belangt werden kann bei uns nur derjenige, der auch tatsächlich am Steuer saß." Dementsprechend kann auch bei Bußgeldern aus anderen EU-Staaten Einspruch einheben, wer man nachweisen kann, dass er nicht selbst am Steuer saß. „Das Bundesamt für Justiz lehnt das Verfahren in solchen Fällen ab", sagt Lieberth.

Besonders einfach ist der Fall bei Blitzern aus dem außereuropäischen Ausland. Die werden unabhängig von ihrer Höhe in Deutschland nicht vollstreckt.
Auch hier gilt jedoch: Wer bald wieder hinfahren will und sich Stress und teure Strafen ersparen will, sollte sich zumindest darüber informieren, wie lange es dauert, bis die Verkehrssünde verjährt und im Zweifelsfall vorbeugend bezahlen, um Schlimmeres zu verhindern.

Marlene Halser, 37 Jahre, fährt auch trotz großer Couchsehnsucht in Österreich künftig nicht mehr zu schnell.

Fünf Tipps für den Fall, dass Du im Ausland geblitzt wurdest:

1. Bußgelder aus dem europäischen Ausland, die inklusive Verwaltungskosten und Gebühren unter 70 Euro liegen, werden in Deutschland nicht vollstreckt. Die Ausnahme bildet Österreich: Bußgelder von dort, werden in Deutschland schon ab 25 Euro vollstreckt.

2. Bei Bußgelder aus dem europäischen Ausland, die über 70 Euro liegen, kann sich die ausländische Behörde seit Oktober 2010 an das deutsche Bundesamt für Justiz wenden, dass die Strafe dann stellvertretend eintreibt.

3. In Deutschland gibt es keine Halterhaftung für Geschwindigkeitsübertretungen. Belangt werden kann bei uns nur, wer auch tatsächlich gefahren ist. Dieses Recht kann man auch im europäischen Ausland anwenden, selbst wenn es dort andere Regelungen gibt.

4. Bußgelder aus dem nichteuropäischen Ausland sind in Deutschland wirkungslos.

5. Ausländische Bußgelder, die in Deutschland nicht bezahlt werden müssen, verfallen nicht automatisch. Je nach Verjährungsfrist im entsprechenden Land, können die offenen Forderungen auch nach Jahren noch bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle erhoben werden. Meist muss man dann mit einem erheblich höheren Bußgeld rechnen, weil Mahngebühren für die verspätete Zahlung dazu kommen. 

Text: marlene-halser - Bild: dpa

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