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Wie setze ich mich in Diskussionen durch?

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Die Szene: Freitagabend. Laute Party. Ein kleiner improvisierter Stuhlkreis. Eine angeregte Diskussion. Ich öffne den Mund, setze zu einem guten Argument an - Schnitt. Die Diskussion geht ohne mich weiter.

Eine Sekunde war ich zu spät, oder ein Dezibel zu leise. Vielleicht waren auch die anderen zu vorlaut. Jedenfalls könnte man die Szene beliebig austauschen: Ob bei den Eltern am Küchentisch, im Uni Seminar oder bei Besprechungen im Büro - es ist ein doofes Gefühl, sich verbal nicht durchsetzen zu können, immer wieder mündlich überfahren zu werden oder in Diskussionen unterzugehen.

Glaubt man Karriereratgebern, gehört es heute zu den unentbehrlichen „Soft Skills“, vor Publikum zu sprechen und sich so zu profilieren. Debattierkönig Philipp Stiel empfiehlt mir: „Durchsetzen fängt beim Zuhören an. Wenn man etwas zu sagen hat, muss man den geeigneten Zeitpunkt abpassen und im Gespräch einsteigen." Schafft man das nicht, sollte man den Beitrag lieber fallen lassen. Vor allem, wenn er nicht mehr zur Diskussion passt.

Ist jemand im Gespräch besonders dominant, muss man sich einfach trauen, sich Gehör zu verschaffen: "Zum Beispiel, indem man selbst etwas lauter wird oder darauf hinweist, dass man mit Reden dran ist. Ohne es zu übertreiben, natürlich. Das wirkt schnell verzweifelt.“

Hat man sich die nötige Aufmerksamkeit geschaffen, drohen die nächsten Stolpersteine. Ich vergesse zum Beispiel manchmal den zweiten Teil des Verbs, manchmal vergesse ich auch ganz, was ich sagen wollte. Die Sekunden der Stille werden dann schamlos von anderen ausgenutzt, um sich selbst hervor zu bringen. „Dagegen helfen einfachere Sätze. Aber den besten Sprechstil muss jeder für sich selbst herausfinden. Da gibt es keine Zauberformel“.

Außerdem greifen andere meistens nur ein, wenn der Beitrag nicht fesselnd genug ist. Philipp schlägt hier Strukturelemente wie rhetorische Fragen vor, die beantwortet und anhand von Beispielen belegt werden. Das schafft Spannung und der Zuhörer kann der Argumentationskette leichter folgen. Wie bei der Zeitung gilt auch hier: „Der Zuhörer verliert nach den ersten zehn Wörtern das Interesse. Man sollte das, was man sagt, von Anfang an knackig und interessant präsentieren.“

In der Theorie alles einleuchtend, aber wenn ich mich in den nächsten Freitagabend, der Party, den improvisierten Stuhlkreis und meinem guten Argument denke, fühle ich mich wie ein hoffnungsloser Fall. Aber: „Reden kann man nur durch Reden lernen“, sagt Philipp. Oder auf Altklugdeutsch: Übung macht den Meister.

Philipp Stiel (26) ist Vizepräsident des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen, kurz VDCH, und war 2010 Deutscher Meister im Debattieren. Auf der Homepage kannst du herausfinden, wo du in deiner Nähe Reden üben kannst.

Fünf Tipps, um dich bei Diskussionen durchzusetzen:

1. Durchsetzen fängt beim Zuhören an. Folge dem Gespräch beziehungsweise der Gesprächsdynamik und steige dort ein, wo du wirklich etwas zu sagen hast. Dann hört man dir auch gerne zu. Deinen Redewunsch kündigst du im Optimalfall durch Blickkontakt an.

2. Gegen besonders dominante Gesprächspartner kommst du an, indem du Souveränität zeigst. Manchmal muss man seine Höflichkeit ablegen und sich trauen, eine lautere Stimme anzuwenden oder moderierend einzulenken. Es ist legitim zu sagen "Ich bin jetzt an der Reihe", oder mit fester Stimme unbeirrt weiterzusprechen, wenn dir jemand reinredet.

3. Sobald du das Wort ergriffen hast, gilt es, innerhalb der ersten zehn Worte zu überzeugen. Geh dazu am besten kurz auf das bereits Gesagte ein, um dem Vorredner zu signalisieren, dass du ihn wahrgenomen hast. Verzichte aber auf lange Einleitungen und komm schnell zum Punkt.

4. Benutze kurze und prägnante Sätze, die der Zuhörer gut versteht. Wichtig sind auch lebhafte Beispiele. Als Stilmittel haben sich rhetorische Fragen bewährt: Sie schaffen Spannung und strukturieren deine Argumente. 

5. Reden kann man nur durch Reden lernen. Deine Rhetorik, Argumentation und Gestikulation kannst du zum Beispiel in einem studentischen Debattierclub üben. Den gibt es in fast jeder größeren Stadt.

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