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Wie werde ich mit meiner Band berühmt?

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Als Kind dachte ich, man müsste der Obercrack an seinem Instrument sein, um ein berühmter Musiker zu werden. Ich erinnere mich an die Fernsehübertragung eines Konzerts der Glam-Elefanten Queen: Brian May, der völlig ungeniert meterlange Solopassagen in ein Stadion schleudert, ohne sich einen Blick aufs Griffbrett, geschweige denn, den Hauch eines Verspielers zu erlauben.

Mit 15 habe ich dann Wir sind hier nicht in Seattle, Dirk von Tocotronic bei VIVA gesehen. Da wird geplärrt, gezerrt, geschummelt und aufs Brett geschaut. Wie konnten diese drei halbstarken Sportjackenträger berühmt werden? „Man braucht als Band Talent, kreative musikalische Ideen und Ausdauer“, sagt Stephan Rath. „Dabei muss es nicht immer wichtig sein, dass man ein Genie ist an seinem Instrument. Handwerk ist zweitrangig.“ Stephan wird es wissen: Er arbeitet beim Hamburger Label Buback, ist Manager der Band Tocotronic und Schlagzeuger bei den Goldenen Zitronen. „Wollen ist wichtig, das muss aber nicht heißen, dass man fünf Tage in der Woche proben muss.“

Wie oft die Band probt, ist also egal. Um berühmt zu werden, muss man außerhalb der Proberaumwände Aufmerksamkeit schaffen: im Netz, in der Presse und vor allem in den Clubs. Spielen, Spielen, Spielen. Ein Auftritt im Jugendzentrum Rheda-Wiedenbrück – bezahlt wird mit einem Kasten Bier – gehört dazu. Am Ende verlaufen sich zwar nur zwölf Zuschauer zum Konzert und der Sänger flucht, so einen Gig spiele er nie wieder. Das Wochenende darauf wird der Bulli trotzdem beladen und die Band steuert ein anderes Jugendzentrum an.

Aber was ist denn nun wichtiger: Quantität oder Qualität? „Live-Erfahrung ist wichtig, aber die bekommt man nicht, wenn man vierwöchige Ochsentouren spielt. Die Präsentation der musikalischen Idee ist sehr wichtig. Manche Band braucht dafür nur eine Handvoll Auftritte“, so Stephan. Wichtig sei vor allem, dass alle wüssten, was umzusetzen sei in der Band, und eine Linie verfolgen.

Bei vielen berühmten Bands besteht diese Linie aus Provokation. Rammstein polarisieren seit eh und je mit ihren grundlegenden Stilmitteln. Oder man denke an Noel Gallagher von Oasis, der im Sommer 1995 zwei Blur-Mitgliedern AIDS wünschte. „Das Provozieren kann auch nach hinten losgehen. Show ist gut, aber es sollte nicht aufgesetzt wirken“, meint Stephan, der auch Manager von 1000 Robota ist. Die bezeichnen Tomte-Sänger Thees Uhlmann auf ihrem jüngsten Album als „kleines fettes Schwein“, entziehen sich also nicht dem Provokantenstadl. „Je nach der Idee der Band kann Provokation natürlich auch irgendwie ‚glam’ sein.“

Geht für das alles nicht ganz schön viel Zeit drauf? „Manche Bands verwenden viel Zeit, manche weniger. Mit Ehrgeiz kommt auch nicht immer ans Ziel. Im Gegenteil“, orakelt Stephan. Ruhm kann man nicht forcieren. Um als Band berühmt zu werden, sollte man es also nicht übertreiben. Zu viel Ehrgeiz, zu viele Auftritte, zu viel Muckertum – das alles führt nicht zwingend zum Erfolg. Rockstar ist nun mal kein bürgerlicher Beruf. Eine gewisse Grundschludrigkeit gehört zum guten Ton. Neben der Musik, versteht sich.

Die Antwort von Jurek Skrobala, 25, der fest davon überzeugt ist, mit seiner Band Videoclub noch berühmt zu werden – und das mit wenigen Proben und ohne Konzept Fünf Tipps für den Bandruhm:

1. Performance vor Sound. Die Umsetzung der musikalischen Idee ist wichtig, das Handwerk zweitrangig. Jedem in der Band muss bewusst sein, was er da gerade auf der Bühne macht, nicht aber, dass der Akkord „C Major 7“ heißt und was eine Synkope ist.

2. Sei ausdauernd. Der Wille, die Band einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren, muss da sein. Das heißt auch, dass man vielleicht lange Zeit unerfolgreich ist oder mehrere Jahre an der Debütplatte bastelt.

3. Man sollte es auch nicht übertreiben und sich ausbeuten lassen durch schlecht bezahlte Konzerte in Dörfern, die das Navi noch nicht mal kennt. Live ist zwar der Beweis, eine Band sollte sich aber nie unter Wert verkaufen.

4. Provokation ist gut, muss aber authentisch wirken.

5. Sei nicht zu erpicht darauf, berühmt zu werden.

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