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Habt ihr Angst vor unseren Freundinnen?

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Die Mädchenfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich weiß schon, dass das erste Mal immer nicht einfach ist. Ich war auch nervös, als ich den besten Kumpel meines neuen Freunds kennen gelernt habe. Aber ich habe dafür gesorgt, dass ich an dem Tag prima aussehe und dann habe ich viel gelächelt und ich glaube, ich kam gut an. Aber am letzten Wochenende gab es dann die umgekehrt Veranstaltung und leider lief das weit weniger gut. Ich gebe zu: Es kam für meinen neuen Freund ganz schön geballt. Ich feierte meinen 25. Geburtstag und alle waren sie da: Mein allerliebste Schulfreundin Beate, die leider ziemlich weit weg wohnt, mit der ich aber oft halbe Nächte vertelefoniere; meine Studienfreundinnen und eine Menge Kolleginnen. Nur mein Freund, der war nicht wirklich da. Ich meine, natürlich war er bei meiner Party anwesend, aber er war so anders als sonst, dass ich ihn fast nicht wieder erkannt habe. Er kann sehr nett und lustig sein, aber bei meiner Geburtstagsparty war er einsilbig. Dabei habe ich mich echt angestrengt, dass er interessante Gesprächspartner findet: Ich hab´ ihn zum Beispiel gleich meiner Studienfreundin Julia vorgestellt – die will beruflich was ganz ähnliches machen, wie er macht. Aber anstatt wie sonst lustige Anekdoten über seinen spannenden Job zu erzählen, hat er auf alle Fragen, die Julia ihm gestellt hat, nur mit „ja“ und „nein“ geantwortet. Noch steifer war es mit Beate. Ich hatte mich sehr gefreut, dass ich die beiden endlich kennen lernen, aber er hat mit ihr fast gar nicht geredet. Stattdessen hat er sich stundenlang mit einem Typen unterhalten, den eine Kollegin von mir mitgebracht hatte. Mag ja sein, dass der nett war, aber wenn er einmal alle meine richtig guten Freunde kennen lernen kann, warum redet er dann ausgerecht mit dem einzigen Typen auf der Party, den ich nicht kenne? Und dann hat er noch von Nina einwickeln lassen. Nina ist eine Kollegin von mir. Sie ist total okay, aber eine schreckliche Angeberin, die allen immer sofort erzählt was für „tolle Projekte“ sie gerade macht. Mein Freund hat ihr alles geglaubt und am Ende zu mir gesagt, die Nina sei eine „beeindruckende Persönlichkeit“. Ich weiß, das klingt jetzt alles etwas zickig und ich will nicht zickig sein. Ich habe mich bei meinem Freund auch nicht beklagt, schon weil ich weiß, dass er kein Einzelfall ist. Aber warum eigentlich? Mögt ihr unsere Freundinnen nicht? Oder seid ihr da einfach irgendwie schüchtern? britta-born Die Jungsantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Seltsamer Reflex, aber bei den Worten „Beate und die anderen“ läuft es mir auch kalt den enthaarten Rücken runter. Und ich muss ja Beate und Co. nicht mal ein bisschen kennen lernen. Dieses Abwehrverhalten dürfte, wie immer, irgendwo zwischen vierter und zehnter Klasser seine Wurzeln in unsere weiche Psyche geschlagen haben. Einer Zeit, in der ihr Mädchen ein ausgeprägtes Schwarmverhalten an den Tag gelegt habt und wir Jungs, wir Drachtentöter-Azubis mit zu langen Armen, versuchen mussten, euch einzeln rauszuschneiden aus dem Mädchenpulk. Die größte Schmach, die dabei dräute, war das kollektive Kichern aller Beates, wenn wir einer einzelnen Beate einen Drink ausgeben wollten. Die größte Verletzung, war das abwertende Tuscheln, wenn wir mit Effet an euch vorbeischlenderten und die größte Niederlage war das katastrophale „Du die Beate will echt nichts von dir, soll ich dir sagen!“, das uns von einer Kaugummi kauenden, besten Freundin an der Schulbushaltestelle überbracht wurde. Kurz: Die Mädchencliquen waren Burgen hinter deren Mauern man nicht blicken konnte und von denen Pech und Pein auf uns herabgeschüttet wurde. Klar, sobald wir alle ein wenig älter und nicht mehr alle Zwischenmenschlichkeiten so kicherig waren, legte sich auch die Grüppchenproblematik etwas. Trotzdem erinnere ich mich an einen Abend, an dem ich zur Glühweinparty den damaligen Freundinnen meiner damaligen Freundin vorgestellt wurde und eine sagte tatsächlich vor laufenden Kameras: „Ach sooo, der ist das nur.“ Und war stark enttäuscht. Den restlichen Abend fühlte ich mich wie einer, der auf die Freundinnen seiner Verknutschten stark enttäuschend wirkt. Und das ist der Punkt: Wir haben Angst zu enttäuschen, im universalen Johnny-Depp-Vergleich kein bisschen zu bestehen und vor allem davor, dass euch dieser mangelhafte Umstand erst mithilfe eurer Freundinnen auffällt. Gut möglich, so der panische Gedankengang, gut möglich, dass sie sich nur aus Versehen und als sie alleine war in mich reinverliebt hat, dass jetzt die Freundinnen angereist sind, um mal klar stellen: „Beate, der passt doch überhaupt nicht zu dir!“ Natürlich, ich weiß, ihr seid ihr nicht so blöd und beeinflussbar, natürlich passiert das nie. Aber eine schwache Sekunde lang dürfen wir schon darüber nachdenken und sind dann eben eine Cocktailparty lang gehemmt. Dass ihr im Gegenzug nicht solche Probleme habt, verwundert nicht: Ein Jungsgrüppchen ist in den meisten Fällen nicht vergleichbar in Argwohn und Spitzfindigkeit geschult, was Liebesdinge angeht und auch nicht so interessiert. Selbst die krümmsten Gartenhacken an der Seite unserer Freunde, erscheinen uns nach zwei Bier ganz brauchbar und lassen uns allenfalls heimlich denken: Ein Glück, dass wir nicht mit der hacken müssen. Und wenn ihr, und das seid ihr ja wenn ihr wollt, nur ein bisschen bezaubernd seid, habt ihr doch im Handumdrehen vier harmlose Jungs in der Hand. Vier seit dem Kindergarten verschworene Mädchen zu beeindrucken ist viel aussichtsloser. Und wenn sie dann noch Beate heißen…

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