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Jungs, habt Ihr eine Altersgrenze nach unten?

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Gelegentlich wundere ich mich ein bisschen. Da gehe ich mit gut bekannten und sonst in jeglicher Hinsicht vernünftigen Männerfreunden durch die Stadt. Vorbei radelt eine, sagen wir, Zehntklässlerin auf dem Fahrrad. Alles toll an der, sie schwebt quasi vorbei in ihrer jugendlichen Anmut und ich warte schon, dass hinter ihrem Fahrrad noch etwas Feenstaub her schwebt. Meine Freunde sagen: Boah! und renken sich fast den Hals aus. "Boah!", denke ich auch. Nicht, weil ich nicht zugeben könnte, dass das gerade ein sehr schöner Anblick war. Sondern weil das vorbei geschwebte Mädchen vielleicht schon 20 Jahre alt ist, vielleicht aber auch weit jünger sein könnte, und da 10 Jahre Abstand zu dem jungen Mann herrschen, der in ständiger Guckbereitschaft durch die Stadt pilgert. Nun ist das Problem nicht, dass da zuviel Abstand herrscht. 30 mit 40 geht, 60 mit 70 auch. Aber was ich mich in den eben geschilderten Fällen frage, weil mir persönlich der Gedanke an 17-jährige Jungs eher Gruseln bereitet: Habt Ihr auch eine Altersgrenze nach unten, eine Art FSK in Herzensangelegenheiten? Ist es einfach nur eine Art sportliches "junge Dinger"-gucken, oder kommt die auch als Freundin in Frage? Kommt es dann nur auf die individuelle Reife der Geknutschten an oder gibt es - bei allen Anziehungsmomenten - Frauen, zu denen Ihr schon mal Nein gesagt habt, weil sie objektiv zu jung waren, auch wenn sich das subjektiv anders angefühlt hat? Oder ist das alles egal? lea-hampel


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ja, es gibt eine Grenze. Die zu bestimmen, ist nicht immer ganz so leicht – dazu später mehr. Letztlich aber sind wir gesetzestreue Bürger und halten auch sehr viel von der Regelung, nichts mit unter 16-Jährigen anzufangen, wenn wir nicht selbst unter 16 sind. Alles andere ist kriminell. Das Problem aber ist optischer Natur., Eine 17-Jährige im Sommerkleid auf Fahrrad unterscheidet sich von einer 25-Jährigen im Sommerkleid nur marginal. Ihr dagegen lauft nie Gefahr, einen 17-Jährigen mit einem 25-Jährigen zu verwechseln. Jungs mit 17 sehen in 90 Prozent der Fälle eher aber nicht aus wie 25-jährige Männer – sondern wie 14-jährige Pizzagesichter. Fährt also besagte 17-Jährige an uns vorbei, läuten bei uns halt sämtliche Schlüsselreize los und erst nachdem wir den Kopf herumgerenkt haben, arbeitet selbiger wieder normal. Mit einem Mal sehen wir einen Sonnenstrahl, der sich auf Metall der Zahnspange spiegelt und einen Diddl-Maus-Aufkleber, welcher auf dem Gepäckträger klebt. „Mist“, denken wir uns dann, „geht gar nicht.“ Doch dafür braucht es erstmal rationale Kopfarbeit und die ist bekanntlich langsamer als der Genitalkram. Tatsächlich schämen wir uns in diesen Momenten für uns selbst. Es ist, als hätten wir uns gerade selbst dabei ertappt, etwas toll zu finden, das wir gar nicht toll finden wollen. Das gilt übrigens für alle Altersstufen. Wenn wir 25 sind, ist es uns peinlich, wenn wir einer 17-Jährigen hinterher schauen. Wenn wir 30 sind und uns fällt auf, dass wir ein Mädchen toll finden, von der wir wissen, dass sie gerade ihren 18. Geburtstag feiert, genieren wir uns. Sämtliche Altherrenwitzen, von denen es gerade zu diesem Thema sehr viele gibt, versuchen nur, über diese Unsicherheit hinwegzutäuschen. Natürlich sind Beziehungsmuster „älterer Mann - jüngere Frau“ gesellschaftlich noch immer viel akzeptierter als andersrum. Aber im Alter zwischen 16 und 30 sind wir noch weit von jeglichen Hugh-Hefner-Stadien entfernt, in dem wir irgendwie unsere eigene Jugend nachholen wollen (eigentlich möchten wir auch nie so werden) und uns im weißen Bademantel ein „junges Ding“ ins Regal stellen wollen. Wir hätten schon gerne jemanden als Freundin, mit dem wir uns unterhalten können – und zwar nicht über die letzte Latein-Schulaufgabe, wenn wir gerade unsere Diplomarbeit schreiben. florian-deich

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