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Jungs, wann erwähnt ihr, dass ihr vergeben seid?

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Neulich wieder: extrem peinliche Situation erlebt und natürlich war ein Junge daran schuld. Ich stehe so rum auf einer Party und unterhalte mich mit einem Jungen. Nett. Lange. Über verschiedenste Dinge. Es wird immer netter und netter, bis ich es kaum mehr aushalte. Um eine lange Leidensgeschichte abzukürzen: kurz bevor ich ihm ein unsittliches Angebot mache, erwähnt er ganz nebenbei, dass seine Freundin gerade in Malibu studiert oder so ähnlich. Ich habe dann nicht mehr zugehört, lieber wollte ich dem rauschenden Blut lauschen, das sich in meinem Kopf gesammelt hat. Es war mir alles so peinlich! Nicht nur, dass ich den Typen ziemlich unverfroren angebaggert habe, inklusive aller mir bekannten suggestiven Gesten (Haare zwirbeln, Schnute ziehen, Wimpern klimpern) und er mich das hat machen lassen. Nicht nur, dass er es erst nach mehreren Stunden für notwendig gehalten hat, mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich für nichts diesen Zirkus aufgeführt hatte. Sondern auch, dass ich das Gefühl hatte, mich so richtig zum Affen gemacht zu haben und den ganzen Abend nur dazu gedient habe, einem Jungen ein gutes Gefühl zu machen. Ach, alles war so doof. Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe das Gefühl, dass wir Mädchen da weniger nachlässig sind. Wenn wir alleine unterwegs sind, aber zuhause ein Freund wartet, dann kommunizieren wir das innerhalb der ersten viertel Stunde eines Gesprächs. Und zwar nicht, weil wir so irre stolz darauf sind, eine Beziehung zu haben, sondern weil wir fair zu euch Jungs sein wollen. Natürlich kommt auch das sehr oft sehr peinlich daher, weil wir unterschwellig den Jungs unterstellen, uns anbaggern zu wollen, auch wenn sie uns nur nach der Uhrzeit fragen. Aber wir haben eben auch Mitleid mit euch und wissen, wie anstrengend es ist, jemanden anzusprechen. Und deshalb wollen wir euch nicht zu lange im Ungewissen lassen. Warum könnt ihr das nicht auch so machen? Und sagt ihr es eigentlich überhaupt, wenn ihr eine Freundin habt? Auf der nächsten Seite kannst du die Jungsantwort lesen


Die Jungsantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ja, das ist spannend. Und es wird immer spannender, je länger man in einer Beziehung lebt. Ich teile deine Beobachtungen, dass Jungs ihren Partnerstatus schwerfälliger offenbaren als Mädchen. In dieser Hinsicht ist unsere Grundschäbigkeit wohl einfach ein Quentchen größer, wobei wir gar nicht immer gleich Frauentausch im Sinn haben. Wir schlittern auch gerne einfach so in die Bredouille, ich kenne das ganz gut. Da sind wir also einmal ohne unsere Freundin unterwegs und erinnern uns, wie das war, ohne feste Freundin zu sein. Wir denken dabei nicht an diese einsamen Wochen, in denen man sich fühlte, als hätte die Welt einen komplett abgeschrieben. Wir denken viel lieber an das aufregende Gefühl, jeder Abend könnte einen anderen Lottogewinn bescheren. Und in dieser nostalgischen Aufregung spricht man zufällig mit diesem höchst possierlichen, manierlichen und zierlichen Mädchen und gleich ist genau der nette Kitzel wieder da. Man weiß: Sag ich es jetzt, dann ist der Kitzel wieder weg. Die Spannung zwischen zwei netten Menschen, die den Zug abfahren lassen ohne genau zu wissen, wie weit die Weichen gestellt sind, kommt ziemlich nah an das ran, was das Leben ausmacht. Finde ich. Da jetzt ein Stopp-Signal einschalten? Das fällt so schwer. Und dabei müsst ihr uns wirklich glauben, liebe Damen, dass es uns viel leichter fiele, die Einladung ins Schlafzimmer abzulehnen. Das wollen wir gar nicht, denn wir lieben unsere Freundin. Wir wollen am Tresen doch nur austesten, ob wir es noch könnten. Rein theoretisch. Ich weiß, da verdreht ihr die Augen, egal. Wir jedenfalls schieben den Offenbarungseid immer weiter nach hinten. Zum Beispiel indem wir uns vorsagen, dass das Ganze gar nicht in Richtung Liebelei geht, sondern einfach nur so nett ist. Oder, dass die richtige Gelegenheit ES zu sagen, noch nicht da war und seltsamerweise die nächste Stunde auch nicht kommt. Immer macht unsere Zunge bei Sätzen, in denen „meine Freundin“ vorkommen sollte „eine Freundin“ draus. Ach Herrgott, da freuen wir uns manchmal, wenn ein Kumpel dazu stößt und so suffski-mäßig „He Fabsi, wo ist denn die Gretchen heute?“ fragt. Klar, dann ist die Luft natürlich schneller raus als man „Zimt“ sagen kann und wir genieren uns ein wenig, aber wenigstens ist es raus. Falls der erlösende Freund nicht kommt, fällt uns im nächsten Kapitel ein schlappes „Du, ich hab fei eine Beziehung, aber da will ich heute Abend echt nicht dran denken“ ein, was oberarschig ist, uns aber dann auch wieder so machomäßig anfunkelt, dass wir versucht sind, es zu sagen. Dann geht natürlich dieses ganze Fass auf, aus dem man im schlimmsten Fall gar nicht mehr rauskommt. Echt, wir bewundern euch Mädchen, dass ihr einem immer fast sofort euren blöden Freund vor den Latz knallt. Ich glaube aber auch, ihr könnt das so gut, weil ihr es müsst. Wie wir bereits früher festgestellt haben, werdet ihr eher öfter mit eher eindeutigeren Absichten angemacht als wir. Und ziemlich oft schürzt ihr dabei doch einen Freund vor, selbst wenn es den gar nicht gibt. Wir, die wir euch da gerade angemacht haben, müssen das dann brav glauben und von euch ablassen. Ist es also vielleicht nicht auch ein bisschen gerecht, dass wir unsere Freundin etwas länger unsichtbar machen, wenn ihr doch im Gegenzug unsichtbare Freunde ein bisschen schneller erfindet? fabian-fuchs

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