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Jungs, ihr benutzt immer die gleiche Masche!

Brilliant Eye / photocase.de

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Liebe Jungs,

auf einer WG-Party vor ein paar Wochen sprach ich mit ein paar von euch über Dates. Dabei erzählte ein Freund, nennen wir ihn Tom, von seiner letzten Verabredung. „Hast du wieder deine Standardrunde durch den Hofgarten gedreht, mit einem Kaffee auf die Hand von Starbucks?“, fragte daraufhin ein anderer Freund. Tom hatte. Nachdem sie meinen verwirrten Blick bemerkten, erklärten die Jungs: Der Spaziergang durch den wunderschön angelegten Park in der Münchner Innenstadt in Kombination mit einem Kaffee to Go sei Toms Klassiker, seine Masche sozusagen. Das Programm, das er mit jedem Mädchen durchzieht, wenn er es das erste Mal trifft.

Mit jedem Mädchen das Gleiche zu unternehmen kommt mir ziemlich langweilig und einfallslos vor. Ich selbst bin noch nie auf die Idee gekommen, das Programm eines gut gelaufenen Dates beim nächsten Typen einfach zu wiederholen. Aber wenn ich darüber nachdenke, fallen mir immer mehr Jungs ein, die das so machen.

Ein Freund, den ich aus der Uni kenne, trifft sich mit romantischen Verabredungen immer in der gleichen Bar. Laut ihm ist sie der perfekte Ort für ein erstes Date, weil es dort „nicht zu laut, aber auch nicht zu leise, sehr gemütlich und nicht zu teuer ist“. Dort bestellt er jedes Mal einen Gin Fizz für sich und seine Begleitung, denn „das zeigt, dass man irgendwie Ahnung von Drinks hat“.

Ein anderer Freund lädt vielversprechende Verabredungen zu sich nach Hause ein. Dort kocht er jedes Mal das gleiche Pilzrisotto. Dieses Gericht hat im Kreis seiner Kumpels sogar schon einen ziemlich doppeldeutigen Spitznamen bekommen: Der Dosenöffner. Während der verspeist wird, läuft im Hintergrund die extra für solche Anlässe erstellte Playlist „Chillen“ auf seinem Laptop – immer.

Ich verstehe das nicht. Vielleicht ist das nur meine eigene Naivität, aber sollten die Dates nicht so individuell sein wie die Menschen, mit denen man sich verabredet? Damit möchte ich keinesfalls die Verantwortung der Date-Konzeption an euch abgeben, liebe Jungs. Nur habe ich den Eindruck, dass Frauen bei der Planung von Verabredungen weitaus individueller vorgehen, als ihr. Klar, Risotto schmeckt den meisten Menschen – aber wäre es nicht viel cooler, sich etwas auszudenken, was vielleicht eben genau diesem Mädchen gefällt und das zeigt, dass man sich Gedanken gemacht hat? Nicht nur, dass ich als Mädchen ungern „eine von vielen“ sein möchte. Die immergleichen Aktivitäten, Rezepte und Playlists müssen doch auch für euch irgendwann eintönig werden, oder? Oder arbeitet ihr einfach nach dem Prinzip „Never change a winning team“ und seid vielleicht zu schüchtern, um auch mal ein Risiko einzugehen?

Also Jungs, erklärt mal: Warum nutzt ihr immer die gleiche Masche?

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Illustration: Katharina Bitzl

Liebe Mädchen,  

 

zunächst mal: Ich bin absolut schockiert von der Einfallslosigkeit eures “Toms”. Ein Starbucks-Kaffee im Hofgarten ist ja in etwa so innovativ wie der Aufbau eines Helene-Fischer-Songs! Wahrscheinlich führt besagter Tom euch im Anschluss zum Abendessen in ein Restaurant einer Burger-Kette aus. Welche “Dosen” er damit öffnet (hey, die Wortwahl habt ihr ins Spiel gebracht), sei mal dahingestellt, aber gut, kommen wir zum Thema, euch geht ja ja auch um was anderes: Das Prinzip der immer gleichen  “Masche” an sich.

 

Dass wir diese Methoden haben, möchte ich gar nicht leugnen. Wann immer mein ehemaliger Mitbewohner nach Wochen des Fertigpizzagenusses plötzlich wieder mit einer riesigen Einkaufstüte vom Biomarkt nach Hause kam, wusste ich: Es ist mal wieder Zeit für sein “indisches” Curry, von mir auch “Reis mit Scheiß” genannt.

 

Reis mit Scheiß bestand aus beliebigen Gemüsesorten, dessen Namen er selbst nicht kannte (“meinst du, man kann das braten?”), Gewürzen aus etwa sechs Kontinenten (“ich hab da grad diese lila Nuss reingerieben und das schmeckt immer noch nach Maggi!”) und ja, Reis halt.

 

All diese Zutaten rührte er dann in stundenlanger Arbeit zu einer zähen Masse zusammen, mit der man möglicherweise auch Schlaglöcher in indischen Straßen stopfen könnte. Die Herzdame kam immer perfekt getimt kurz vor Schluss dazu und konnte mit dem Satz: “Da bist du ja, fast fertig, willst du schon mal ein Glas Wein?” elegant auf den Zuschauerplatz für das hochprofessionelle “letzte Abschmecken” verwiesen werden (“ich glaube, da fehlt noch ein Schuss Zitrone!”).

Reis mit Scheiß schien eine absolut sichere Nummer zu sein

Auch wenn ich persönlich die Reste dieses Gerichts am nächsten Tag höchstens bei übelstem Katerhunger ertragen konnte: Die Sache schien eine absolut sichere Nummer zu sein.

 

Und damit sind wir auch beim Grund, warum er Reis mit Scheiß immer wieder zubereitet hat, wenn eine neue Dame unsere heiligen WG-Hallen zum ersten Mal betreten durfe. Die Antwort ist nämlich erschreckend simpel: Weil die Masche nun mal ganz offensichtlich funktioniert hat.

 

So ein erstes Aufeinandertreffen ist nämlich, und da sind wir uns glaube ich einig, eine hochriskante Sache, in seinem Ablauf im Grunde ziemlich unvorhersehbar. Um beim Tanz auf diesem maximal rutschigen Parkett überhaupt ein bisschen Gleichgewicht herzustellen, braucht man eben ein paar bewährte Moves zum Festhalten.

 

Und da finde ich die anderen von euch genannten Beispiele absolut nachvollziehbar: Ein Café, in dem man sich wegen ballernder Mistmusik nicht unterhalten kann, ist nun mal immer eine schlechte Wahl für ein erstes Date. Warum sollte man da variieren, um der Individualität der Dame gerecht zu werden? Auch die “Chillen”-Playlist als verlässliches Hintergrund-Dudeln ist einfach weniger riskant, als einfach sein Itunes auf Shuffle zu stellen und dann beim ersten Körperkontakt plötzlich mit “Anaconda” von Nicki Minaj bespielt zu werden.

 

Aber natürlich ist an eurem Vorwurf des Alle-über-einen-Kamm-Scherens auch was dran. In diesem Kontest halte ich die “Reis mit Scheiß”-Methode zum Beispiel durchaus für fragwürdig. Aber: Letzten Endes konnte mein Mitbewohner einfach nicht auf zwanzig individuelle Gerichte zurückgreifen. Und der Gin-Fizz-Kumpel kennt nun mal (noch) keine anderen Drinks. Vielleicht geht es also gar nicht darum, die besterprobte Variante immer wieder aufs Neue abzuspulen. Vielleicht haben manche einfach keine andere. Ich natürlich schon.

 

Hunger?

Eure Jungs

Was die Mädchen sonst noch wissen wollten:

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