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Jungs, warum freut ihr euch nicht für andere Paare?

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Die Mädchenfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Schon klar, eine frisch verliebte Person im Bekanntenkreis hat das Potenzial, extrem anstrengend zu werden. Sie oder er hat diese rosigen Wangen, flattert dauernd aufgeregt herum, blickt kurz darauf verträumt in die Ferne und schafft es, in jeden Wortbeitrag irgendwie den neuen Liebsten oder die neue Liebste einfließen zu lassen. Wenn das junge Paar gemeinsam auftritt, ist das auch nicht immer einfach für das Umfeld, weil man ständig das Gefühl haben muss, dass die beiden lieber alleine wären. Aber – und dieses Aber hat eine Menge Gewicht – es gibt nun mal nicht viel, das schöner ist als eine neue Liebe. Sie ist ein so persönliches und friedliches Glück, das man sie niemandem missgönnen darf und sollte. Finden wir.

Weil wir das finden, tun wir alles dafür, dieses Glück nicht zu trüben. Wir stacheln es geradezu an, indem wir dem Paar (oder zumindest dem Teil des Paares, der uns schon zuvor als Freund oder Freundin nahestand) unsere Freude darüber bekunden, dass sie sich gefunden haben und glücklich miteinander sind. Vor allem, wenn wir einen der beiden zuvor als traurigen Single erlebt haben. Wir klicken den „Like"-Button unter dem auf „In a relationship" geänderten Facebookstatus (auch, wenn wir es eigentlich ablehnen, seinen Beziehungsstatus bei Facebook anzugeben), wir schreiben Jubelrufe unter Fotos der Verliebten, wir laden sie gemeinsam zu den Wochenendaktivitäten ein und fügen verständnisvoll „Ist aber auch total okay, wenn ihr lieber alleine sein wollt" hinzu. Kurz: Wir umhüllen das neue Paar mit Watte und Goldstaub, damit es möglichst lange den Status „frisch verliebt" behalten kann und dann hoffentlich weich gebettet in den Status „eingespieltes Team voller Vertrauen" und nicht in „alltagsgraue Lebenspartner" rutscht.

Ja, jeden von uns ärgert es manchmal auch, dass die gute Freundin oder der gute Freund auf einmal nicht mehr jederzeit verfügbar ist. Aber es fiele uns nicht im Traum ein, so egoistisch zu sein und mehr gemeinsame Zeit zu fordern oder eine Schnute zu ziehen, wenn der andere lieber auf dem Sofa kuscheln als in den Club gehen will! Herz ist nun mal Trumpf und sticht (fast) alles. Außerdem erinnert uns jede Verknalltheit an eigene Verknalltheiten und dieses Nachempfinden verzückt uns zusätzlich.

Doch ihr, liebe Jungs, seid eher zurückhaltend, was die Freude für frische Paare angeht. Wieso das? Glaubt ihr, dass sich die beiden sowieso schon genug freuen und eure Freude gar nicht brauchen? Oder interessiert euch die Paarbildung nur, wenn ihr selbst ein Teil des Paares seid? Habt ihr vielleicht sogar ein bisschen mehr Angst davor als wir, dass ein guter Freund oder eine gute Freundin in den Tiefen einer Beziehung verschwinden könnte? Erklärt doch mal, wieso ihr angesichts einer neuen Liebe bloß mit den Schultern zuckt.



Die Jungsantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Das ist schwierig zu beantworten, auch, weil es in die nicht ganz so vorzeigbaren Gefilde einer Jungsseele zielt. Tatsächlich und pauschal geschätzt würde ich sagen: Stimmt, so ein unbedingter Enthusiasmus für anderer Menschen Liebesglück, der geht uns eher ab. Oder sagen wir: Das Instrument dafür. Klar beglückwünscht man den guten Freund, wenn er von der neuen Frau erzählt, aber eben eher reflexartig als jetzt aus dem innersten Frohlocken heraus. Er ist für uns mit oder ohne Freundin gleichviel wert und ehrlich gesagt fragen wir uns auch nicht ständig, ob unsere Kumpels glücklich sind und schon gar nicht bei irgendwelchen losen Bekannten. Die Hauptsache ist, sie sind da, wenn man sie mal braucht und ihnen auf die Schulter hauen kann.

Weitere Unterschiede: Wir sind zeitlebens unempfindlicher was Liebesfilme angeht, die ja nichts anderes bedienen als euren Reflex mitzuleiden und zu lieben und am Ende selig für die anderen zu schluchzen. Durch den doch meist beträchtlichen Konsum dieser Filme in irgendeiner eurer Lebensphasen seid ihr grundsätzlich überwachsam, wenn sich nur irgendwo eine reale Romanze ankündigt. Würde uns das in Filmen und bei Prominenten so interessieren wie euch, dann wäre es vielleicht auch im echten Leben spannend, die amourösen Symptome Dritter zu beklatschen – aber das ist hier wie dort eher so: Schön für die.

Woran liegt das nun? Als erstes bin ich geneigt, wieder das unterentwickelte, zwischenmenschliche Detailbewusstsein des Mannes im Allgemeinen und bei rosigen Gefühlsdingen im Besonderen anzuführen. Wir sind halt froh, wenn es im eigenen Gefühls- und Partnerschaftshaushalt einigermaßen übersichtlich läuft, was sollen wir uns da noch zwingend in die Gefühlswelten anderer hineindenken? Das ist doch Arbeit! Ein klitzekleiner Macho in mir möchte auch anmerken, dass jede anderweitig vergebene Frau eine Niederlage ist, egal wie brunzglücklich das neue Paar ist.

Ein bisschen gewitzter ist eine andere These – mich macht ja immer stutzig, wie intensiv sich Mädchen in andere Liebesverhältnisse hineinversetzen und ich muss nicht großartig kombinieren, um dann zu dem Schluss zu kommen: Das machen die als Eskapismus, weil es bei ihnen so gar nichts Spannendes mehr gibt. Die durchleben die Liebe nochmal in Gedanken und seufzen stellvertretend. Solche Zustände würden wir also auch gerne vermeiden. Und mal ganz ehrlich: Einen Mann, der lauthals zu einem Paar sagt: „Mensch, ihr seid so ein süßes Pärchen, ich hab's ja immer schon gewusst, ich freue mich total für euch, hey echt gell, wo die Liebe hinfällt!" würdet ihr den einwandfrei als Mann ernst nehmen?

fabian-fuchs

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