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Jungs, was ist für euch ein gutes Date?
Eine der schwersten Übungen in Sachen Liebesinteraktion ist es ja, sich zum ersten Mal erfolgreich zu verabreden. Die Anforderungen sind so simpel wie kompliziert: Die Unternehmung soll sich natürlich anfühlen, aber nicht austauschbar sein. Auf gar keinen Fall darf sie an jene unbeholfenen Mann-Frau-Zusammenführungen erinnern, die man in sogenannten "Dating"-Fernsehformaten zu sehen kriegt. Die Aussparung des Wortes „Date" sollte sowieso Grundvoraussetzung für die geplante Verabredung sein. Die gemeinsame Zeit soll lediglich eine leichtfüßige Begegnung zwischen zwei entspannten Menschen darstellen, die ahnen, dass der jeweils andere eine großartige Bereicherung für ihr Leben sein könnte.
Angenommen wir Mädchen hätten die Position der Verabredungsvorschlagsbeauftragten inne und überlegten uns ein paar Möglichkeiten, die wir erst allein und später mit mindestens einer guten Freundin auf ihre Stärken und Schwächen abpochten, um euch die Gewinnermöglichkeit schließlich in einer beiläufigen Bemerkung so vorzulegen, als sei sie uns gerade eingefallen - die Auswahlliste könnte etwa so aussehen:
Schlittschuhlaufen:
Wird mit folgenden Worten vorgeschlagen: „Ich bin seit 100 Jahren nicht mehr Schlittschuhlaufen gewesen, weil ja auch nie mehr richtiges Eis ist. Ich würde zur Not ja auch einfach mal in die Eishalle gehen. Du auch? Wir könnten zusammen gehen."
Vorteil: Man weiß danach, wie souverän sich der andere wortwörtlich auf dem „Glatteis" verhält, und ob man daran etwas Attraktives finden kann – oder ob einen die Unsicherheiten des anderen eher abtörnen. Außerdem: Körperkontakt ist Programm.
Nachteil: Programmierter Körperkontakt wird schnell krampfig. Und es könnte vor lauter innerem und äußerem Glatteis passieren, dass etwas Schlimmes passiert – egal ob dümmliches Geplapper mit unsexy Gebärden und krampfigem „Hh, eh, mh, vielleicht geht's ja besser, wenn wir uns an den Händen halten."-Gezwinkere, oder halt gleich Krankenhaus.
Vernissage besuchen:
Wird mit folgenden Worten vorgeschlagen: "Da ist nächsten Donnerstag diese Vernissage. Keine Ahnung, ob das gut wird, aber magst du mitkommen? Zur Not ziehen wir halt weiter in eine schöne Bar."
Vorteil: Im Zusammenhang mit Kunst kann man den Jungen gut erkennen. Hat er seinen eigenen Kopf und sagt geradeheraus, was ihm (nicht) gefällt und warum? Oder versucht er, uns nach dem Mund zu reden beziehungsweise den affektierten Klugscheißer heraushängen zu lassen? Lässt er sich vom Kunstgetue allgemein beeindrucken/einschüchtern oder mag er es in Teilen tatsächlich und zwar aus eigenem Antrieb? Das Beste aber ist, dass nicht nur die ausgestellte Kunst, sondern vor allem die betont kunstbeflissenen Gäste und ihre meist sehr beknackten Gespräche zu den gleichermaßen witzigsten wie tiefsinnigsten Unterhaltungen anregen.
Nachteil: Der Junge könnte uns das Kunstinteresse als unsympathischen Profilierungsversuch auslegen.
Überraschungsvariante à la „Ich kenn da diesen beeindruckenden geheimen Ort, da kann man dies und jenes sehen und machen und nebenbei hab ich einen großartigen Picknickkorb im Kofferraum"
Wird mit folgenden Worten vorgeschlagen: Ich hole dich nächsten Mittwoch da und da ab und dann machen wir was. Kannst du mir überlassen. Aber sag mir nur eins: Gibt's irgendwas, das du absolut nicht leiden kannst?
Vorteil: Die Sache wird unvergessen bleiben, denn Überraschungsunternehmen starten nicht viele Menschen, sie erfordern sehr viel Mut. Wenn es glückt, werden wir für immer und ewig als die aufregende Königin der tollen Unternehmungen gelten.
Nachteil: Wenn es beklemmend wird (was wegen Erwartungen und Angst leicht passieren kann), sind wir als gescheiterte „Nur die Liebe zählt"-hafte Anwärterin im Gedächtnis des Jungen gespeichert – und werden nie wieder angerufen.
Essengehen.
Wird mit folgenden Worten vorgeschlagen: Wir können ja mal essen gehen.
Vorteil: Nicht umsonst ein Klassiker: Man muss nichts Besonderes dafür können. Man muss nur man selbst sein, als Esser. Vielleicht nicht ganz so stürmisch und kleckerig – aber selbst das könnte charmant sein. Außerdem ist Alkohol im Spiel und Alkohol entspannt.
Nachteil: Abends zu zweit Essen zu gehen, ist als erstes Rendezvous leicht zauberlos, weil eine erwartbare sexueller Feierlichkeit in der Natur dieser Unternehmung liegt. Außerdem stellt sich am Schluss die beklemmende „Wer zahlt?"-Frage, die wir irgendwie nie unbefangen beantworten können.
Wir könnten natürlich noch seitenlang fortfahren. Aber jetzt seid ihr dran. Wie würdet ihr da vorgehen? Fändet ihr irgendwas von den genannten Sachen gut, und wenn ja: Wieso? Worauf kommt es bei der ersten Verabredung für euch an?
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Zunächst sei gesagt, dass wir es generell gut finden, wenn ihr mit so einem Unternehmungsvorschlag an uns herantretet. Die Annahme, dass dieser erste Schritt zu unseren qua Chromosomenverteilung geregelten Aufgaben gehört, finden wir nämlich veraltet.
Gut ist auch, dass du nicht auf die Idee gekommen bist, nach einem Kinobesuch zu fragen. Denn so ein erstes Gemeinsam-Allein-Sein enthält in unserer Idealvorstellung schon die Möglichkeit einer Konversation. Schließlich wollen wir euch ja besser kennen lernen, und das funktioniert nun mal schlecht, wenn man nebeneinander sitzend zwei Stunden auf eine Leinwand starrt. Trotzdem will ich versuchen, deine Vorschläge mal in eine Rangliste zu bringen:
Platz vier belegt das Essengehen. Denn der Schauplatz Restaurant erfüllt ein Kriterium nicht, das bei der Erstellung der Date-Rangliste ziemlich wichtig ist: Das Annäherungspotenzial. Am Restauranttisch sind wir quasi an unseren Stuhl gefesselt und gezwungen, euch den ganzen Abend nur gegenüber zu sitzen. Was aber, wenn wir feststellen, dass wir euch eigentlich gerne ein bisschen näher rücken würden als drei Spaghetti-Spannen? Ginge nicht. Wir könnten ja nicht einfach mit unserem Stuhl auf die andere Seite rücken. Die peinliche Rechnungsfrage zum Schluss ist auch nicht gerade die verlockendste Situation, um ein Date ausklingen zu lassen, selbst wenn man sich vorher gut unterhalten hat.
Bei der Verteilung von Bronze- und Silbermedaille tun wir uns schon schwerer mit einer eindeutigen Festlegung. Die Überraschungsveranstaltung an einem schönen Ort hat natürlich gewisse Reize: Bei Sonnenuntergang auf einer Picknickdecke über einen einsamen Moorsee zu blicken, ist höchst praktisch, weil wir da den geringsten Romantisierungsaufwand betreiben müssen. Allerdings missfällt uns, dass wir euch bei dieser Date-Variante so ausgeliefert sind. Später mal, wenn diese schweren Anfänge hinter uns liegen, ist das kein Problem. In dieser Phase aber hätten wir doch ganz gerne einen Rest Kontrolle und würden uns gerne ein bisschen auf das Treffen vorbereiten. Gibt ja eh genug Unwägbarkeiten, da möchten wir uns nicht auch noch sorgen müssen, wohin ihr uns entführt.
Insofern gehen wir vielleicht doch lieber mit auf diese Vernissage. Zwar haben wir ein bisschen Angst davor, dass wir dort in langwierige Expertendebatten eurer Kunstbekannten verstrickt werden und uns dabei blamieren. Aber das Angebot so einer Vernissage ist schon ziemlich gut für einen ersten Abend. Es gibt eine Bar mit reichlich Prickelgetränken und Bier aus kleinen Flaschen. Es hängen, stehen und laufen ausreichend viele Gesprächsthemen herum. Wir können mal vor Bildern stehen, mal ein Grüppchen Besucher beobachten oder euch bei zufriedenstellendem Ergebnis des ersten Abtastens zu einer der Sitzgelegenheiten manövrieren. Viele Optionen, das finden wir gut.
So, und nun, tadaa, das Siegerdate: Eislaufen. Es vereint nämlich die Vorteile aller anderen Dates. Eislaufen ist ein Vorhaben, das einem nicht jeden Tag einer anbietet, bringt also ein bisschen was von dem Prickeln der Überraschungsunternehmung. Es liefert Gesprächsthemen und gibt Raum für gemeinsame Lachanfälle. Der vorprogrammierte Körperkontakt erfüllt uns mit Vorfreude, ebenso wie die Vorstellung, dass ihr grazil mit ein bisschen Fahrtwind in eurem Haar neben uns her gleitet, und wir irgendwann ein bisschen erschöpft auf einem Schlitten auf dem See sitzen und den mitgebrachten Glühwein schlürfen. Leider hat dieses Idealszenario einen Haken: Sein Erfolg steht und fällt mit unserer Schlittschuhkompetenz. Nichts ist schlimmer als die Vorstellung, euch x-beinig unbeholfen und auf immerwährender Suche nach dem Gleichgewicht herumzustaksen, während ihr Pirouette an Pirouette reiht. Aber wir sind jetzt einfach mal so selbstbewusst zu behaupten, dass wir Jungs ausreichend gut Schlittschuhlaufen.
christian-helten