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Jungs, wie haltet ihr es aus, euch niemals einzucremen?

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Die Mädchenfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Okay, was Kosmetik angeht waren wir ja noch nie auf einem Level. Aber neben Fingernägel lackieren, sich die Wimpern tuschen oder Haarspülung benutzen, gibt es doch auch noch diese Art von Kosmetik, die einem auf eine ganz schlichte Art und Weise ein besseres Aussehen verleiht, und, was noch viel wichtiger ist, einfach richtig gut tut. Creme zum Beispiel. Wir können nicht ohne. Wir reiben uns morgens nach dem Duschen und Trockenrubbeln gerne flächendeckend mit Lotion ein, denn das fühlt sich gut an, riecht gut und ist sogar ein bisschen meditativ. Und wenn uns dafür doch mal keine Zeit bleibt, dann wird zumindest das Gesicht eingecremt. Dadurch erhöhen wir die Chance, dass uns jemand eines unserer Lieblingskomplimente („Hast du aber weiche Haut!“) macht. Außerdem können wir uns kaum aufs Tagwerk konzentrieren, wenn unsere Haut so trocken ist, dass sie pausenlos spannt oder juckt. Vor allem im Winter finden wir es extrem wichtig, unsere Wangen und Lippen mit einer fetten Creme, die nach Kleinkind riecht, einzuschmieren, damit sie nicht rissig werden. Wir haben sogar meistens eine Notfallcreme dabei, wenn wir das Haus verlassen - sie ist in diesen flachen, runden Tiegelchen, die ihr gerne spöttisch beäugt, wenn wir sie auspacken. Neben dem Gesicht sind uns die Hände der liebste Eincreme-Körperteil. Ob mit Kamille, Olive oder Milch und Honig, wir probieren jede Handcrene mal, Hauptsache, sie riecht gut und macht die roten, rissigen Knöchelhügel zu zarten weißen Berggipfeln. Wenn man euch dann mal die Tube rüberhält und „Willst du auch was?“ fragt, wehrt ihr das Angebot entschieden ab. Und im Badschrank habt ihr höchstens eine verstaubte Gesichtscreme, die Mama euch beim Auszug mitgegeben hat. Ihr cremt euch einfach nicht ein und lauft anscheinend lieber rissig und ledrig herum. Da fragen wir uns doch: Wie haltet ihr das aus? Habt ihr denn nie das Bedürfnis, eure trockene Haut in blühendes Rosa zu verwandeln? Spricht euch denn die Werbung gar nicht an, in der der raue Seebär sich mit genießerischem Blick die strapazierten Hände eincremt? Und was steckt hinter dem Cremeboykott: Faulheit, Gleichgültigkeit oder vielleicht doch ein überholtes Männlichkeitsideal? Die rissige Jungsantwort gibt's drüben!


Die Jungsantwort:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Falsch ist ja, dass wir noch nie gecremt haben. Zwei markante Cremepunkte gibt es in unseren Leben meistens schon. Der erste und prägende besteht in den Verfolgungsjagden, bei denen unsere Mutter mit einem Batzen Penaten auf dem Finger hinter uns her durchs Kinderzimmer jagte. Die Panik vor dem Gepacktwerden, dem mütterlich-herben Aufklatschen und großzügig-ungenauen Verteilen der Creme, vor ihrer gleichzeitigen Urwucht aus Geruch und Gefühl, das ließ uns rennen und rennen. Sobald wir mündig sind und alleine über unsere Körperpflege bestimmen dürfen, erobern wir uns erst das Deo, dann Rasierkram und schließlich, irgendwann später, auch noch ein Rasierwasser. Dabei bleibt’s dann. Erst in einer zuverlässig auftretenden Körperkrise (altmod. Metrosexualität) irgendwann später, denken wir mal über ein Update dieses Programms nach - angesichts gravierender Anödung im Spiegel oder temporären Pickelbefalls. Dann greifen wir doch einmal unerschrocken in eure Fässchen und Tiegel und schaudern: riecht alles immer so nach Kunstpfirsich. Wie könnt ihr nur? Hält die Körperkrise an, stehen wir vielleicht sogar eines Tages in der Drogerie vor dem schmalen Regal für Männerpflege und kaufen eine bizarr teure Tube gegen Augenringe. Der Inhalt riecht nicht nach Pfirsich und macht uns die ersten drei Tage lang sogar Spaß, aber dann sind die Augenringe eben immer noch da und der Eye-Booster staubt langsam wieder ein. Vielleicht ist uns das Ergebnis dieser Badezimmer- Software einfach immer zu wenig. Frischeres Gefühl um die Augen, weichere Haut an den Händen - das lässt sich in irgendwie nicht in Jungswährung übersetzen. An eine Bodylotion denken wir überhaupt nie. Die Aussicht, sich den ganzen Body mit irgendwas einzuschmieren, erscheint uns total durchgeknallt. Wir wollen und müssen nicht weich sein und wir können schlicht nicht sagen, ob unsere Haut an der Hand jetzt spannt, oder ob sie nicht eigentlich immer so ist. Der Status Quo ist bei uns irgendwie immer richtig. Und ein bisschen ist es auch wie mit den Wimpern. Um die kümmern wir uns am allerwenigsten von allen Köperteilen. Umso stolzer sind wir, wenn ihr Wimpernspezialisten ankommt und sagt: „Du hast so schöne, lange Wimpern, das ist unfair!“ Das sagt ihr nämlich gerne und uns freut’s doppelt, weil wir also offenbar etwas haben, für das wir nichts tun müssen, nicht mal dran denken. Mit der Haut ist es genauso. Wir können unser ganzes Leben lang kantig vom Traktor springen und uns an Granitfelsen reiben, irgendeine Stelle findet ihr immer zum Dranherumstreicheln und dann: „Hast du zarte Haut!“ Und die wirkt dann, in der rauen Umgebung, auch gleich vierzehnmal zarter. max-scharnigg

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