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Jungs, warum spuckt ihr so oft aus?

Collage: Daniela Rudolf / Foto: freepik

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Liebe Jungs,

heute soll es mal wieder um Körperflüssigkeiten gehen. Allerdings nicht um solche, die mit sexueller Erregung zu tun haben, sondern eher mit dem Gegenteil davon. Denn immer wieder müssen wir euch kopfschüttelnd und leicht angewidert dabei zuschauen, wie ihr euren Flüssigkeiten mutwillig freien Lauf lasst. Hauptsächlich: eurer Spucke.

Das war ja schon zu Schulzeiten so. Als ihr gelangweilt auf Bordsteinen saßt, euch nach vorne bücktet und eure Spucke in langen Fäden Richtung Boden laufen ließt – nur, um sie im letzten Moment wieder hochzuziehen. Gar nicht mal so sexy! Aber auch heute bekommen wir eure Körperflüssigkeiten noch öfter zu Gesicht, als uns das lieb ist.

Wenn wir mit euch joggen gehen zum Beispiel. Da spuckt ihr immer wieder fontänenartig den angesammelten Speichel aus, während wir unseren einfach runterschlucken. Manchmal, wenn es besonders kalt ist, bleibt ihr sogar am Wegesrand stehen, um eure Nase zu entrotzen: Dabei drückt ihr mit eurem Zeigefinger auf einen Nasenflügel und schießt mit einem heftigen Atemstoß die Rotze gen Boden.

Dass ihr so heftig spucken (und rotzen) könnt, ist einerseits total beeindruckend. Denn egal wie oft ich schon versucht habe, meinem großen Bruder dieses Kunststück nachzumachen – bei mir kommt das alles nicht gar so gebündelt raus wie bei ihm. Weitere Bilder erspare ich euch gerne – aber nur, wenn ihr uns dann auch erklärt, warum ihr das Spucken nicht wenigstens in der Öffentlichkeit sein lassen könnt.

Ist das Ausspucken ein verflüssigter Schrei nach Aufmerksamkeit? 

Euer Gespucke und Gerotze ist ehrlich gesagt eher unansehnlich und eklig. Dass euch das beim Sport wurscht ist, können wir noch einsehen. Aber ihr steht eben auch öfter in der Stadt neben uns an der Bushaltestelle und spuckt einfach mal ganz lässig in die Ecke. Das kapieren wir nicht.

Was soll das? Wollt ihr uns damit irgendwas sagen? Ist das Ausspucken als Beleidigung gemeint? Oder ein verflüssigter Schrei nach Aufmerksamkeit? Glaubt ihr, dass euch Spucken männlich macht? Wenn ja, warum? Habt ihr euch zu oft „Titanic“ reingezogen und Leonardo DiCaprio dabei zugeguckt, wie er Kate Winslet beibringt, „wie ein Mann zu spucken“? Oder wisst ihr einfach nicht, wohin mit all der Flüssigkeit? Geht doch mal in euch. Aber bitte: Bringt diesmal eher die geistigen Ergüsse hervor.

Eure Mädchen

Die Jungsantwort: 

Jungs-Antwort

Liebe Mädchen,

die Nummer mit dem Spuckefaden-Hochziehen kenne ich eher aus Kindergartenzeiten, aber gut, da mag es regionale Unterschiede geben. Trotzdem bekenne auch ich mich der Spuckerei schuldig, zumindest im sportlichen Kontext, und kann auch der Rotzerei zumindest Verständnis entgegenbringen.

Ich könnte jetzt rumtheoretisieren über Steinzeitmenschen, die vielleicht früher rituell das Feuer ausgerotzt haben oder sowas. Gott sei Dank gibt es aber Kinderfernsehsendungen, die – wenn auch recht selten – ähnliche Fragen wie wir hier behandeln. Ein Beitrag der mitunter recht großartigen Sendung „Wissen macht Ah“ liefert wissenschaftliche Erklärungen, und zwar sowohl für das Spucken als auch das Rotzen. Darum weiß auch ich Bescheid darüber.

Fangen wir mit der Spucke an: Beim Sport schwitzt man, verliert Flüssigkeit, die Spucke wird dadurch fester, klebriger und nervt. Also raus damit. Klingt nachvollziehbar, oder? Die Frage, warum das nur wir Typen machen, bleibt der Beitrag allerdings einigermaßen schuldig und verweist auf, ihr ahnt es: Männlichkeitsgehabe. Wobei wir da zu einem gewissen Grad widersprechen müssen. Wer frühmorgens durch einen menschenverlassenen Wald joggt, sollte eigentlich keinerlei Bedürfnis haben, den Bäumen seine Männlichkeit zu beweisen. Das rein Funktionale am Rumspucken haben wir ja gerade erklärt. Wenn eine Teenie-Gang zwecks Testosteronabbau eine Bushaltestelle vollsabbert, ist das natürlich was anderes. Aber in dieser natürlichen Sport-Situation würden wir sogar so weit gehen zu sagen: Probiert es halt mal, es ist wirklich befreiend!

Wirklich perfekt beherrscht das Rotzen mit der beschriebenen Luftstoßtechnik niemand mehr

Schreiten wir weiter zur Rotze. Auch hier hat das Kinderfernsehen eine gute Entschuldigung, zumindest für kühle Tage: Die Nasenmuscheln schwellen bei starker Atmung in kalter Umgebung (also zum Beispiel beim winterlichen Joggen) nämlich an, um die Luft ausreichend erwärmen zu können, damit sie nicht zu kalt in der Lunge ankommt. Gleichzeitig nimmt die Schleimproduktion an Fahrt auf, das dient zur Befeuchtung der Luft und zur Entfernung von Dreck – und zwar nach außen. Wenn wir also irgendwo hinrotzen, dann vermutlich auch, weil es einfach nicht anders geht und gerade weit und breit kein Taschentuch zur Hand ist. Das ist eher eine Notfallsituation, wirklich perfekt beherrscht das Rotzen mit der von dir beschriebenen Luftstoßtechnik nämlich niemand mehr. Das Wissen darüber ist seit den frühen Tagen des Punkrocks, in denen es zum guten Ton gehörte, sich gegenseitig anzurotzen, etwas verloren gegangen.

Deswegen „stoßrotzen“ wir auch lieber unbeobachtet, wir wissen ja, dass das nicht gerade appetitlich ist. Vielleicht ist aber unsere Hemmschwelle bei der öffentlichen Beseitigung störender Körperflüssigkeiten einfach insgesamt geringer als bei euch. Weil es uns von anderen Jungs und Männern halt vorgelebt wurde (und wird), dass man ausspucken darf, wenn zu viel Spucke da ist.

Und die Antwort auf die Frage, was ihr nun damit anfangen sollt, wenn ihr Zeuge einer Rotz- oder Spuckerei werdet, die ist wirklich recht simpel: Bitte gar nichts.

Eure Jungs

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