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Mädchenfrage: Jungs, warum stöhnt ihr nie?

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Die Mädchenfrage: Jungs, aufgepasst und Duschtuch unter den Arm geklemmt, denn jetzt wird es gleich etwas, ähm, schwül und intim. Also, los geht’s: Bei den ersten paar Malen dachte ich noch, ich hätte es einfach mit sehr schweigsamen Jungs zu tun. Die machten auch im senkrechten Zustand nicht allzu viele Worte und da war es eigentlich verständlich, dass sie auch im Bett, genauer gesagt beim Sex gerne die Klappe hielten. Aber dann kam Jonas, die Quasselstrippe, dann Martin, der mir immer die Welt erklären wollte und auch Jonas und Martin waren im Bett, beim „actus selbst“, wie der Küchenlateiner zu sagen pflegt, plötzlich ganz leise. Oder neulich in der Nachbarswohnung: bei gutem Wetter und offenem Schlafzimmerfenster hat es das Pärchen wohl überkommen. Oder war es die Frau alleine? Denn während gut fünfzehn Minuten lang die Frau ihre Nachbarschaft über ihren momentanen Gefühlshaushalt in Kenntnis setzte, war von dem Verursacher nicht eine Silbe zu vernehmen. Fassen wir es zusammen: Ihr Jungs kriegt das Maul nicht auf im Bett. Weniger im Sinne von: „Bitte fass mal kurz hier an, rubbel jetzt das hier und steck doch bitte das hier in jene Vertiefung.“ Sondern mehr so allgemein. Ihr stöhnt nicht. Nie. Allerhöchstens ganz kurz, bevor ihr kommt, zwängt sich ein kehliger Laut zwischen euren zusammengebissenen Zähnen heraus. Ich bin ja nun selbst auch nicht eine von der Sorte, die meint, dass sie ihre Befindlichkeiten unbedingt in die Welt hinausschreien müsste, aber wie kommt es, dass ich immer, immer lauter bin beim Sex, als meine Partner? Warum ist das so? Habt ihr Angst davor, uns Angst zu machen? Müsst ihr denn gar nicht mal was von dem Druck ablassen, der sich vor lauter sexologischer Betätigungen in eurem Innersten breit macht? Ist es euch denn kein Bedürfnis, eurer Freude Ausdruck zu geben? Oder macht ihr euch echt Sorgen um die Nachbarn? Die Frage ist wirklich und wahrhaftig nicht als Vorwurf zu verstehen. Wir wollen ja nur, dass es euch gut geht mit uns im Bett. Und euch hiermit die Pauschalerlaubnis erteilen, da auch mal den Mund aufzumachen. Wenn ihr das denn wollt. Lies auf der nächsten Seite die Jungsantwort


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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Die Jungsantwort: Liebe Mädchen, manche, vielleicht eher etwas altbackene Autoren, fangen ihre Texte mit der Nacherzählung einer griechischen Sage an. Ich bin in der griechischen Götterwelt nur so mittel bewandert, und soweit ich weiß, sind all diese Geschichten in einem ziemlich patriarchialem Kontext entstanden. Frauen hatten damals nicht so viel zu melden und Männer haben das aufgeschrieben. Ich komme jetzt aber nicht darum herum: Jedenfalls ging es um einen Streit zwischen dem Olymp-Chef Zeus und seiner Frau Hera. Die beiden zankten sich darum, wer jetzt eigentlich mehr Spaß am Sex hätte. Schließlich gingen sie dann zum impotenten Schmiedgott Hephaistos und fragten den. Der meinte dann, der Frau würde es zehnmal so viel Spaß machen wie dem Mann. Wenn die damals Recht hatten, würde das so einiges erklären: Für euch ist Sex einfach viel krasser, intensiver, schöner. Ihr kriegt da schließlich was reingesteckt und wir stecken nur einen Wurmfortsatz von uns rein. Und weil das so ist, müsst ihr stöhnen und wir nur ab und zu ein bisschen grunzen. Könnte sein. Lässt sich aber nicht nachprüfen. Deshalb sollten wir diese Hypothese erst einmal beiseite legen. Es gibt da nämlich noch etwas anderes, was gar nicht so viel mit dem Untenrum sondern eher mit dem Kopf zu tun hat. Jungs, die stöhnen, sind wie Jungs, die weinen. Ist kein Problem, wenn es mal passiert. Wir drücken auch mal einen guten Kumpel, wenn er gerade von einer von euch verlassen wurde und er vor lauter Elend heult. Kommen ihm aber jedes Mal die Tränen, wenn er nachts auf der Straße eine überfahrene Katze sieht, dann sagen wir: Stell’ dich mal nicht so an, ist nur eine Katze. Wenn wir durch die Zimmerwand unseres Mitbewohners mal ein lang gezogenes „Ahhhhh“ hören, denken wir: Na ja, der hat halt gerade ziemlich guten Sex. Ist schon ok. Klingt das drüben allerdings wie ein Wimbledon-Finale mit rhythmisch abwechselnden tief klingenden Ah-Ah-Ah und Oh-Oh-Ohhhhh, würden wir allerdings lieber den Sender wechseln. So ein Gestöhne kommt uns irgendwie lächerlich vor. Vielleicht haben wir schon zu viele Pornofilme geguckt, vielleicht sind wir von einer komischen Indianer-kennt-keinen-Schmerz-Erziehung geprägt, vielleicht trauen wir uns nicht so richtig. Aber wir kommen da aus unserer Haut nicht raus. Und außerdem – würdet ihr denn wollen, dass wir uns im Bett anhören, wie ein Tennisspieler? Auslachen würdet ihr uns doch! fabian-fuchs

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