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Mädchenfrage: Jungs, warum verliebt ihr euch nie in Stars?

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Die Mädchenfrage:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

An bestimmte Details seiner Jugend möchte man als Mädchen nur ungern erinnert werden. Ich zum Beispiel hätte am liebsten für immer vergessen, welches das erste Bravoposter war, das je an meiner Zimmertüre klebte. Hätte nicht vor ein paar Tagen die Meldung vom Comeback der Schwedencombo „Ace of Base“ die Runde gemacht, wäre mir das auch bestimmt gelungen. Malin, Jenny, Ulf und Jonas hingen auf billigem Bravopapier weiß gekleidet in meinem Zimmer. Hinter ihnen flogen weiße Tauben in den Himmel. Das schlimme daran ist: Dieses Bild war nur der Auftakt zu einem noch viel traurigeren Kapitel im dicken Buch der Jugendsünden. Bald nämlich wurde das „Ace of Base“-Poster durch ein Portrait des jüngsten Mitglieds der „Backstreet Boys“ ersetzt. Nick Carter hieß der Junge. Einmal habe ich sogar sein Boygroup-Gesicht abgepaust und auf einen Seidenschal gemalt. Ich war Dreizehn. Und sehr verliebt. Zu meiner Verteidigung sei an dieser Stelle gesagt, dass ich nicht das einzige Mädchen bin, das sich irgendwann auf der Suche nach Orientierung ziemlich verirrt hat und in einen Plastik-Popstar aus der Bravo verliebt war. Klar, es gab auch solche Klassenkameradinnen, die Kurt Cobain toll fanden und in ihren Doc Martens-Schuhen niemals auf ein Boygroup-Konzert gestiefelt wären. Vermutlich haben aber auch sie in schwachen Momenten heimlich vom Leben an der Seite des verehrten Idols geträumt. Es gibt sie jedenfalls in fast jedem Mädchenleben: Die Phase der schwärmerischen Tagebucheinträge, anhimmelnden Liebesgedichte und peinlichen Gewinnspielteilnahmen in der Hoffnung auf ein „Meet and Greet“ mit dem Star. Boygroups sind zwar mit der Zeit etwas außer Mode gekommen. Aber kreischende Mädchenmassen, fliegende BHs und grell geschminkte Zahnspangenträgerinnen bei der Filmpremiere irgendeines Gebrüder-Ochsenknecht-Werkes gibt es noch. Selten dagegen sieht man enthemmte Männer auf einem Lady-Gaga-Konzert um die Wette brüllen. Noch seltener sieht man Jungs mit „Ich will ein Kind von dir“-Schildern in Konzertmengen stehen. Eigentlich hat man als Mädchen den Eindruck, ihr Jungs kennt das überhaupt nicht: die naive Liebe zu einem Star. Wie schafft ihr das bloß? Wart ihr nicht wenigstens in eurer Jugend so richtig verliebt in einen weiblichen Star? Demi Moore, Pamela Anderson, Shakira oder so? Habt ihr nicht gemeinsam mit uns die Bravo gekauft? Waren euch die darin abgebildeten Sternchen am Ende egal? Hauptsache es gab genügend Nackte mit Selbstauslöser-Drücker in der Hand? Kennt ihr Jungs das Schwärmen einfach nicht? Wie funktioniert sie, die männliche Star-Verehrung? Die Jungsantwort von Christian Berg liest du auf der nächsten Seite.


Die Jungsantwort: Die Antwort ist leider dann doch sehr simpel: Jungs sind cool (oder wollen es sein). Und Schwärmen, Anhimmeln oder einfach Ausflippen sind nur selten cool. In meinem Fall muss ich zusätzlich gestehen, dass es in meinem Kosmos nicht soviel anzuhimmeln gab. Vielleicht lag es an mir, vielleicht sind Jungs aber auch per se einfach etwas später dran. Während von deiner Zimmertür schwedische Eurotrasher grinsten, war ich noch mit der Auswertung der Bundesliga-Ergebnisse befasst bzw. träumte noch von einer eigenen Fußballkarriere. Das legte sich so rund zwei Jahre später (natürlich nur wegen einer blöden Verletzung und nicht wegen fehlenden Talents) und da wart Ihr Mädchen (zumindest die cooleren) auch schon über die Anhimmel-Phase hinweg. Hätte ich dann damit angefangen, ich wäre nicht nur in meiner Perspektive uncool geworden, sondern vor allem in eurer. Vielleicht kann man sagen: Fußball killed the Bravo-Popstar. Als dann die Zeit gewesen wäre, war es zu spät. Deshalb kann ich es mir bei der Beantwortung eurer Frage sogar noch einfacher machen und sagen: Es stimmt, wir himmeln nicht an. Denn Ihr wollt das ja in Wahrheit gar nicht. Aber wie so oft stimmen die einfachen Antworten dann doch nicht ganz. Denn auch wir Jungs kennen das Phänomen des Fanseins (auch abseits des Sportplatzes). Auch wir können uns begeistert für eine Sache, eine Band oder eine Schauspielerin interessieren. Ich glaube aber, wir leben es anders aus. Das Modell "Kreisch&Jubel" ist bei uns sehr viel seltener. Wir nutzen meist eher die Variante "Nerdig&Verschroben", wie dir die Gegenwart all der Popstreber und Computerfrickler vielleicht beweist, die es so gibt. Mehr kann ich zu dem Thema jetzt aber nicht sagen, ich muss mich nämlich gleich noch um meine Ü-Ei-Sammlung kümmern, schließlich gehe ich morgen zur Tauschbörse im Jugendzentrum am Stadtrand. Christian Berg

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