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Wie seid ihr verliebt?

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Die Mädchenfrage

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Eine sehr nette Kommilitonin, mit der ich mich seit fünf Semestern noch nie länger als zwanzig Minuten unterhalten habe, sprang mir neulich am Eingang zur Cafeteria in den Weg und schleuderte mir Ratlosigkeit entgegen: „Sag mal, kann es sein dass Jungs verliebt sind, sich aber nicht täglich melden?“ Ich weiß gerne auf alles eine Antwort. Also dachte ich an die verliebten Jungen meines bisherigen Lebens und dem meiner Freundinnen. Ich überlegte und überlegte – und konnte zum Schluss doch nur mit den Schultern zucken und kleinlaut „Ich weiß auch nicht so genau“, murmeln. Mein emotionaler Geigerzähler war offensichtlich genauso wenig in Schuss wie ihrer. Andererseits muss man schon sagen – ihr Jungs seid in eurem Balzverhalten für uns so berechenbar wie die nächste Sturmkatastrophe. Über Jahre sammeln wir unsere Erfahrungen mit euch, katalogisieren sie und versuchen daraus Regeln abzuleiten, nach denen wir erkennen können, wie stark ihr uns mögt. Wir operieren mit Grundsätzen, wie: „Wer verknallt ist, der meldet sich auf jeden Fall“ oder „Wenn ich ihn mehr als zwei Mal hintereinander angerufen habe und er mich nicht, dann ist es höchstens freundschaftlich.“ Und dann kommt wieder einer von euch, der uns zwar ganz ernsthaft sein Herz auf dem Silbertablett reicht, es aber trotzdem nicht schafft, zu Verabredungen pünktlich oder überhaupt zu kommen. Unsere schönen Konzepte sind damit dahin. Besonders gerecht finden wir das nicht gerade. Also bitte – worauf kann man sich als Mädchen heute noch verlassen, wenn ihr euch verliebt? meredith-haaf Die Jungsantwort

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Tss, dass wir das immer euch erklären müssen: Sich-In-Jemanden-Reinverlieben ist kein Vorgang wie die Photosynthese oder das Aktionspotential, wo eins immer das andere bedingt. Verlieben ist Stock-Car-Rennen nur mit Gefühlen statt mit Autos. Jetzt wisst ihr nicht, was ein Stock-Car-Rennen ist - da fangen schon wieder die Probleme an - es ist jedenfalls nichts, bei dem alles berechenbar ist. Euch hat aber offenbar der Beschuss mit Frauenzeitschriften, besten Freundinnen und Sex And The City doch mehr beschädigt, als ihr zugeben mögt. Deswegen bemühe ich mich jetzt, Regeln aufzustellen, wo es keine Regeln gibt. 1. Telefonstatistiken bedeuten fast nie etwas. Beim Telefonieren können wir euch nicht intuitiv küssen und nicht mal dahin schielen, wo zwischen Oberteil und Hose ein bisschen Mädchenhaut rausschaut - deswegen ist uns Telefonieren schon immer langweilig gewesen. Klar, wir wissen, Reden gehört auch zu dem ganzen Glücklichsein, aber sehr oft ist uns die Vorstellung zu anstrengend, jetzt gleich zwei Stunden quatschen zu müssen. Das „Wer hat angerufen?“ nehmen wir auch nie so wichtig wie ihr. Wir achten eher im Gespräch darauf, wer den größeren Spielanteil hat und speichern das dann so ab: Okay SIE ruft zwar an, aber eigentlich habe ICH telefoniert und die ganzen Witze gemacht. Unwichtig ist die Telefonstatistik nur dann nicht, wenn es kriselt. Euch rechtzeitig unangenehme Wahrheiten ins Gesicht zu sagen, fällt uns gelegentlich schwer und deshalb kommt uns das schurkige „Ich rufe sie einfach nicht mehr an!“ wie eine geniale Lösung vor. 2.Unpünktlichkeit ist Lederjacke. Ja, Cary Grant ist nie unpünktlich, sondern wartet immer schon in der Art-Deco-Lobby auf euch. Wir sind aber lieber Hugh Grant, Henry Rollins oder Jamie Oliver – wir setzen auf den Flegelbonus, übertünchen damit unsere Unperfektion und kokettieren hier mit ein bisschen Unpünktlichkeit und da mit einer zerdrückten Rose. Wir süßen Fratze! Wenn wir diese Rolle allerdings übertreiben, gibt es zwei Gründe: Ihr bedeutet uns wirklich nichts oder wir sind so neben der Spur, dass wir umso dringender jemanden brauchen, an dem wir uns festhalten können. 3.Täglich melden wird überbewertet. Wir lieben euch. Echt. Wir schlafen morgens bis der Wecker klingelt, rennen dann in die Uni oder ins Büro, arbeiten, verdienen Geld, prügeln uns, helfen Computerprobleme lösen oder verlieren bei Pferdewetten und nebenbei essen wir Würste, springen über Mäuerchen und trinken aus der Flasche. Meistens tun wir das alles gleichzeitig. Dann ruft ein Freund an, der in der Stadt ist, er holt uns ab und hat sein altes Skateboard dabei. Wir haben fürchterlichen Spaß. Wir lieben euch da immer noch sehr, aber wir haben auch Durst und gehen Bier trinken und die Zeit verfliegt und der Handyakku ist fast leer und betrunken fällt uns ein, dass wir euch noch gar nicht gesagt haben, wie sehr wir euch lieben. Aber dann geht es auch nicht mehr, weil wir lallen und bestimmt seid ihr ja auch mit Freundinnen unterwegs... . Und so plötzlich ist ein Tag rum, an dem wir euch wirklich ununterbrochen geliebt haben, nur nicht dran gedacht, das auch zu sagen. Nämlich Achtung: Wir würden nur sofort daran denken, wenn wir ein bisschen fremdküssen. 4.Weiterhin untrügliche Anzeichen für Jungsverliebtheit: a) Er ermahnt seine Kumpel in IHRER Anwesenheit zur Besonnenheit beim Trinken. b) Er möchte unbedingt das ausprobieren, was SIE gegessen oder getrunken hat (und zwar vom gleichen Esswerkzeug/Glas!) c) Er sagt zu allem möglichen aus IHREM Mund „Ich freue mich“. Das machen sonst nur Hotelfachschüler während der Ausbildung – und eben verliebte Jungs, weil sie ahnen, dass „Yess, Strike!“ nicht so gut käme. d) In seiner Scroll-Down-Liste bei Google steht IHR Name. e) Er räumt sein Zimmer vor IHREM Besuch auf und verschmuddelt es nur an ausgesuchten Ecken unter stylischen Gesichtspunkten: mit französischen Polit-Magazinen, abgewetztem Baseballhandschuhen und interessanten Platten. Und so weiter. Alles wie immer eben. Was war noch mal eure Frage? Ach, verbrennt eure Regelkataloge und esst mit uns öfter Würste auf dem Skateboard!

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