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Der neue Kampf der Geschlechter?

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Das Magazin Cicero ließ in seiner Mai-Ausgabe die Tagesschau-Moderatorin und dreifachgeschiedene Mutter Eva Herman schreiben, dass es die Frau sei, „die in der Wahrnehmung ihres Schöpfungsauftrages die Familie zusammenhalten kann", dass nicht die Gleichberechtigung, sondern die klassische Rollenaufteilung in unserer Gesellschaft über Jahrhunderte funktioniert hätten und dass Frauen zwar etwas lernen sollten, wenn sie das Talent dafür haben, aber alles bitteschön in Maßen und dass man zur klassischen Rollenaufteilung Frau-Kinder, Mann-Arbeit zurückkehren solle, denn dann könne man den armen, vom Karrierebewusstsein der Frau verunsicherten Mann auch wieder für die Familie gewinnen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

In der neuen Ausgabe von Cicero antworten nun Autorin Amelie Fried, taz-Chefredakteurin Bascha Mika, Claudia Roth, Gertrud Höhler und Ursula von der Leyen auf diesen Essay. Die Familienministerin beklagt, dass in der Debatte Kinder immer nur in negativem Kontext auftauchen: Kinder sind ein Risiko – für die Karriere (unmöglich), für das gesellschaftliche Ansehen (Rabenmutter vs. Heimchen), für den Wohlstand. Sie wünscht sich ein Umdenken in der Gesellschaft, die Kinder mehr als Chance zur Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und als Bereicherung begreifen sollte, und Unternehmen, die wie in Schweden in Stellenausschreibungen für Führungskräfte explizit dazuschreiben: „Erziehungserfahrung sind erwünscht“. Amelie Fried hofft, dass Eva Hermann bald wieder zur Besinnung kommen möge und bald wieder eine der Frau werde, „die voller Lebenslust kämpft, statt verbittert zu resignieren“ und Bascha Mika stellt fest, dass sich hinter dem Getöse um den aussterbenden Deutschen ein reaktionärer Diskurs verberge. Vom Einfluss der Gesellschaft auf Geschlechterrollen, von politischer Verantwortung und der Rolle der Männer an der derzeitigen Situation sei plötzlich keine Rede mehr – nur noch von der Gleichung Mann = Jagd und Frau = Herd. Theodor Hellbrügge, Professor für Sozialpädiatrie, und Unternehmensberater Torsten Schumacher, die in Cicero leider auch zu Wort kommen, bewundern dagegen den Mut von Eva Herman, mit einem Tabu gebrochen zu haben und endlich einmal ausgesprochen zu haben, was viele denken. Viele Männer, muss man da wohl ergänzen, und wenn dem wirklich so ist, wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass Frauen keine Kinder wollen. Nur der Journalist Frank A. Meyer hebt sich in Cicero von dieser Position ab und schreibt: „Das deutsche Gejammer über den Untergang des deutschen Volks ist eine Debatte der rechtskonservativen Schickeria für die rechtskonservative Schickeria. Den Menschen auf der Straße geht sie,..., ‚am Arsch vorbei’.“ Denn der Großteil der Deutschen schufte schließlich nicht für die Karriere, sondern schlicht fürs Überleben. Der Amerikaner Phillip Longman setzt nach dieser kurzen Verschnaufpause aber sofort wieder eins obendrauf: Schuld an der Misere sei die Abwesenheit des Patriarchats, denn patriarchalisch geführte Familien haben einfach mehr Kinder, schrieb der Bevölkerungswissenschaftler bereits im März in einem Essay im Magazin Foreign Policy, der nun auch in Cicero veröffentlicht ist. Diese Tendenz wurde auch schon in Deutschland festgestellt: die einzigen, die angeblich noch Kinder kriegen, sind die hier lebenden Muslime. Die Freude über diese Erkenntnis hielt sich allerdings in Grenzen, denn auch über die Muslime in Deutschland und ganz besonders über die patriarchalischen Väter werden aufgeregte Feuilleton-Debatten geführt. Von all diesen ideologisch gefärbten Phrasen hebt sich der Artikel „Wutlos glücklich“ in der Juni-Ausgabe von Neon angenehm ab und erklärt einem wirklich etwas - nämlich: „Was wollen junge Frauen 2006 – und können sie ihre Ziele erreichen? Festgestellt wird: Frauen wollen Kinder und Beruf und sie möchten sich wie Frauen fühlen können. Doch die Realität lässt diese Wünsche nur sehr eingeschränkt zu, denn: Frauen verdienen weniger, männlich aussehenden Frauen wird mehr Führungskompetenz zugetraut, nur 40 Prozent schaffen es, nach einer Babypause in den Beruf zurückzukehren und gerade in Zeiten, in denen die Arbeitsmarktsituation schlecht ist, sind Frauen die ersten, die aus der Berufstätigkeit wieder rausfallen und auf ihre Weiblichkeit reduziert werden. Emanzipation und Selbstständigkeit wird damit zum Luxus, denn nur wer Geld hat, kann sich die Unabhängigkeit von einem Versorger leisten. Und: während über 90 Prozent der Männer nach der Familiengründung mit der Haushaltsaufteilung zufrieden sind, sind es bei den Frauen nur 75 Prozent. „Es sieht so aus, als müssten Frauen im Lauf ihres Lebens ihre Wünsche immer kleiner und enger falten, damit sie passen. Männer nicht.“ Deshalb ist das was Frauen wirklich wollen: „Gleichberechtigung halt.“ Und eines sei zum Schluss noch angemerkt: die Geburtenrate ist bereits seit 1970 so niedrig und hat sich seither kaum verändert. An der angeblichen Misere (Raum ohne Volk und keine sichere Rente mehr) sind also nicht wir jungen Frauen schuld, denen gerade ein Gebärzwang aufgedrängt wird, sondern Frauen im Alter von Eva Herman. Mal ganz abgesehen davon, dass unsere Kinder ohnehin keine sozialversicherungspflichtigen Jobs mehr finden werden. Die taz stellte im Übrigen fest: die Behauptung, gerade studierte Frauen bekämen wegen der Karriere kaum Kinder mehr (angeblich bleiben 40 Prozent der Akademikerinnen kinderlos), ist falsch. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin hat herausgefunden, dass die Kinderlosenrate bei Akademikerinnen unter 25 Prozent liegt. Es gibt also überhaupt keine Misere! In Teil 1 der Magazinschau ging es um den Schwarz-Rot-Gold-Rausch

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