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Magazinvergleich: Von Puppen, Boys und Hardcore-Gamblern

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Magazin 1: Dollami Worum geht’s? Um „Puppen, Puppen, Puppen!“ Zum Teil wird es dabei geschichtlich, zum Teil handwerklich, jedenfalls erfährt man auf den knapp 70 Seiten, die hier vorliegen – gefühlt – alles, was man über Puppen so wissen können wollen muss. Dass dann Redakteurinnen auch noch darüber nachdenken, einen Puppenroman zu schreiben, macht einem allerdings ein wenig Angst. Die drei besten Headlines: 1. Was ist drunter bei den Männern? 2. Schwabinchen, Bild-Lillis Schwester 3. Pretty in Pink Die Leserin … Verwendet viel Zeit auf ihr liebes Hobby: das Puppensammeln. Unter Beweis stellt sie das durch die Einsendung zahlreicher Fotos ihrer liebsten Sammlerstücke. Leserin Erika machte Dollami mithin besonders froh: Sie gewann ein Traumwochenende beim Shoppingsender HSE24 und konnte ihr Glück kaum fassen. Oder wie Erika es ausdrückt: „Hurra, ich habe gewonnen und eh ich mich besonnen saß ich mit meiner Schwägerin im Flieger Richtung Ismaning. Um zu verbringen bei HSE24 ein Wochenende. Das war eine Aufregung ohne Ende.“ Das sagt die Redaktion ... „Eine große Überraschung haben wir für Sie ab der nächsten Ausgabe: Ihre Dollami bekommt einen neuen Namen! Ab Ausgabe 2/07, die ab dem 21.März im Handel erhältlich sein wird, heißt Ihre Puppenzeitschrift DollsPUPPEN. Mit 12 Jahren ist Ihre Puppenzeitschrift nun erwachsen und daher soll sie auch einen Namen bekommen, der zu ihr passt und der sofort erkennbar macht, worum es in diesem Heft geht – nämlich um Puppen, Puppen, Puppen!“ Bizarres Paar: „Gretchen“ und „Linchen“ beim ewigen, sinnlosen Perlenauffädeln. Sisyphosarbeit ist nichts dagegen. Bestes Bild:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Beste Werbung: Hier ist jede Werbung – zumal für Puppen-Nicht-Besonders-Liebhaber – schauderhaft. Im wahrsten Wortsinn. Denn natürlich wird quer übers Heft verteilt nur für eines geworben: Puppen. Da lachen einen dann also von diversen Werbebannern künstliche Kinder an und die Schrift daneben verkündet zum Beispiel „Wir sind auf der Nürnberger Spielwarenmesse, Halle 1“. Richtig schauderhaft wird das allerdings, wenn dazwischen eine SOS Kinderdorf Werbung auftaucht – und man tatsächlich zweimal hingucken muss, um zu bemerken, dass hier nun ein echtes Kind vom Bild lächelt und keine Puppe. Das Extra: Eine Anleitung zum Puppen-Selber-Nachbauen. In diesem Heft: Die Bemalung. Außerdem: Eine mehrseitige Anleitung zum Puppenkleidschneidern. Was wir gelernt haben: 1. Am besten kann man Puppen von „echten“ Kindern unterscheiden, weil „echte“ Kinder Sebastian heißen, Puppenkinder aber „Sebastian“. 2. Wir können jetzt all unsere Freunde besser verstehen, die nicht in einem Raum mit Puppen schlafen wollen, weil diese ihnen Angst machen. Auch bei der Rezeption von „Chucky – Die Mörderpuppe 1-3“ eröffnen sich uns ganz neue Deutungs-Dimensionen. Außerdem haben wir gelernt: Manche Menschen haben einfach zu viel Zeit.


Magazin 2: Vögel Worum geht’s? Um Vögel. Wo man sie beobachten kann, wie man sie am besten beobachtet, warum man sie beobachten möchte. Welche unterschiedlichen Vögelgesänge es gibt und was daran spannend ist. Tipps zu den besten Vogelbeobachtungsgebieten stehen hier neben Vogelillustrationen und Erzählungen über Urlaubserlebnisse mit Vögeln. Die drei besten Headlines: 1. Warum sie singen 2. Schauermärchen, heiliger Zorn und Seelennöte 3. Erfolg ist die Moral Der Leser … ist leidenschaftlicher Vogelbeobachter. Sein Fernglas legt er eigentlich nur nieder, um sich im Vogelmagazin seiner Wahl über Vogelvorfindungsorte, Vogelweiterverstehenskurse und ähnliches zu informieren. Das sagt die Redaktion ... „Nichts stimmt uns so milde auf den Garten ein, wie Vogelgezwitscher. Solange Vogelgesang erschallt, ist die Welt in Ordnung und wir dürfen weiter hoffen auf den Garten Eden.“ Bizarres Paar: Frühstück mit Fischertukan Bestes Bild:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Beste Werbung: Lehrt uns, dass Swarovski nicht nur Schmuck verkauft, sondern auch die Natur im Fokus hat. Zum Beispiel mit dem Feldstecher Naturschützer, hier schön in Szene gesetzt im Scheinwerferkegel mit einem verspielt anmutenden Vogelschatten, den der Feldstecher quasi aus dem nichts auf den Lichtkegel wirft. Zu kaufen gibt es diese Qualitätsware dann zum Beispiel bei Foto-Wannack, der wiederum von sich behauptet: „Für die besten Filme gibt es einen Oskar! Die besten Ferngläser und Spektive gibt es bei uns!“ Das Extra: Für unbedarfte Einsteiger wie unsereinen: Der „Schnellkurs Vogelstimmen: Gehört – Erkannt – Erspäht“ macht auch uns in Null-Komma-Vogelsang zum Experten. Was wir gelernt haben: Dass es in der Natur viel mehr zu entdecken gibt, als wir dachten. Dass Vogelgesang nicht gleich Vogelgesang ist. Und dass wir definitiv noch zu jung sind, uns dafür ernsthaft zu interessieren.


Magazin 3: hey! Worum geht’s? In guter, alter Bravo-Manier geht es um die drei großen B’s: Bands, Boys und Bill von Tokio Hotel. Über diese drei Themenkomplexe erhält man dann allerlei nützliche Hintergrundinfos: wie treu sie sind, wie gut sie singen, warum man sie noch toller finden sollte. Dazu gibt’s natürlich jede Menge Poster und eine Foto-Love-Story. Die drei besten Headlines: 1. Hilfe! Meine beste Freundin ist verliebt! 2. Herzensbrecher – Der ultimative Traumboycheck 3. Eiskalte Rache – Promis im Hass-Fieber Der Leser … ist hier vermutlich meist eine Leserin. Diese hat zahlreiche Möglichkeiten, aktiv an der Gestaltung des Heftes mitzuwirken. Ob peinliche Erlebnisse, wahre Love-Stories oder Fragen zur Liebe oder zur neuesten DSDS-Staffel, hier ist Platz für die Belange des Lesers. Selbst die Entscheidung, welcher Star auf dem nächsten Groß-Poster zu sehen sein wird, kann beeinflusst werden. Und wer mitvotet, gewinnt mit etwas Glück sogar einen iPodShuffel! Das sagt die Redaktion... zur Frage: "Monrose besser als No Angels?" gibt es ein Pro-und-Contra der Redaktion. Auf der einen Seite: „Monrose übertrumpfen die No Angels! Deutschland braucht neue Engel und keine aufgewärmte Castingband mit grinsenden Muttis.“ Auf der anderen Seite: „No Angels sind Weltklasse – da reichen die Monrosies noch lange nicht ran. Süß gucken oder cool quatschen – das alleine reicht nicht.“ Und weil das so ein heißes Thema ist, gehen sich die Redakteurinnen Riccarda und Carmen, denn auch gleich bildwirksam an die Kehle. Bizarres Paar: hey!-Redakteurin Riccarda und hey!-Redakteurin Carmen im Gefecht um die Popstars-Ehre. Inklusive Blitzschlagillustration! Bestes Bild:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Beste Werbung: ist hier Eigenwerbung: hey!girls erscheint im Handtaschenformat jetzt im Handel und hat Alles, was Girls wissen müssen, Fashion/Beauty/Boys/Stars. Wir erfahren außerdem: Es gibt sie: Jeden Monat neu! Zum kleinen Preis! In kleiner Größe! Mit rieeeeesen Inhalt! Und dass das Ganze nur 1,50 Euro kostet. Damit wir auch alle verstehen, wie großartig das ist, ist alles wichtige noch mal mit Sternchen unterlegt und ein Button weist uns darauf hin, wie wir das zu finden haben („WOW!“ nämlich). Was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Erklärung, wieso ein Heft ein Kleine-Schwester-Heft braucht, das sich mit exakt (!) genau den gleichen Themen beschäftigt wie der große Bruder. Das Extra: Eine Seite über das „High School Musical“ inclusive einer Stickerpackung mit fünf Stickern für das Panini-High-School-Musical-Sammelalbum! Was wir gelernt haben: Dass Tokio Hotel jetzt noch cooler ist, Bill Kaulitz nie (!) absichtlich ein Girl verletzen würde, Jimi Blue Ochsenknecht aber schon! Dass Justin Timberlake ein cooler, ehrlicher Typ ist und Jonny Depp Witze über Frauen macht! Dass wir immer noch verstehen können, warum wir in der Schule so gerne unter der Bank die Bravo und all ihre Ableger gelesen haben! Dass man niemals (NIEMALS!) zu viele Ausrufezeichen verwenden kann!!!


Magazin 4: GX – Gambling Exklusiv Worum geht’s? Ums Spielen, schwerpunktmäßig Poker-Spielen. Nebenbei werden auch noch extreme Sportarten vorgestellt, Turnierspieltipps gegeben und natürlich dürfen die sogenannten, halbnackten Poker-Babes nicht fehlen. Die drei besten Headlines: 1. Wer hoch steigt, fällt tief 2. Poker ohne Sex? Leilanis Erfolgsrezept 3. Sind Sie ein Hardcore-Gambler? Der Leser … Der unbedarfte Leser fragt sich verwundert, was nackte Haut mit Poker-Spielen zu tun hat. Der Zielgruppenleser freut sich vermutlich, wenigstens auf dem Papier mal scharfe Bräute zu sehen. Das sagt die Redaktion ... „GX sorgt sich um Sie. Denn falls Sie schon einmal das Gefühl hatten, zu viel Zeit mit Zocken zu verbringen und teilweise ein bisschen an der Realität vorbeizuschrammen, gehen Sie doch einmal unsere Checkliste durch. Wenn Sie allerdings tatsächlich mehr als fünf Aussagen zustimmen können, sind Sie ein Hardcore-Gambler mit wenig Aussicht auf Besserung.“ Bizarres Paar = Bestes Bild:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Auch Oma liebt Poker. Beste Werbung: Belehrt uns, dass das Leben kurz, aber Poker forever ist. Zum Beleg wird dann ein eher geschmackloses Beispiel gewählt: Unter dem Kopf des irakischen Ex-Diktators Hussein (aus der späten Anzug-mit-Vollbart-Phase) auf weißem Untergrund prangt die Headline: „EINIGE BEISSEN INS GRAS“. Ob uns das nun gerade zum Pokerspielen verleitet, ist fraglich. Ob man Pokerspielen überhaupt tatsächlich so bewerben sollte, ist es eigentlich schon nicht mehr. Das Extra: Ein super (!) GX-gamblingexclusiv-No-Risk-No-Fun-Aufkleber. Zum Nachhausetragen, lieb haben und nie mehr loslassen wollen. Was wir gelernt haben: Wir könnten jetzt vermutlich ein Pokerturnier gewinnen. Ganz ohne Sex sogar. Gelernt haben wir aber vor allem, warum wir darauf eigentlich gar nicht scharf sind.


Magazin 5: Backspin Worum geht’s? Grob gesagt um Hip Hop. Genauer gesagt um Hip Hop. Was in dem Fall heißt: Um alles, was zu Hip Hop als Lebensgefühl dazu gehört. Von der Musik über den Lifestyle bis hin zur Graffiti-Art taucht man hier auf knapp hundert Seiten richtig tief ein in "da world of Hip Hop". Die drei besten Headlines: 1. Bond – Im Namen keiner Majestät 2. Chakuza – Bushidos guter Junge 3. Bring Hip Hop to Academia! Der Leser … Bekommt eine Menge tightes Zeug vor den Latz geknallt. Ein spitzen Interview mit dem Spitzen-DJ Vadim. Den sollte sich übrigens auch wer mit Hip Hop nichts am Hut hat einmal anhören. Und außerdem eine ganze Menge Plattenkritiken, die nicht zu verachten sind. Schade nur, dass dem Leser mal wieder suggeriert wird, er müsse viel zu weite Hosen und viel zu lange T-Shirts tragen, um Aufsehen zu erregen. Das sagt die Redaktion... „Für mich bleibt da nur die Hoffnung, dass dieser Konflikt (zwischen Aggro Berlin und Shok-Muzik) nicht ausgetragen wird, wie Katzen es tun würden. Da wird nämlich der Kontrahent entweder totgebissen, oder der Unterlegene nimmt endgültig Reißaus.“ Bizarres Paar = Bestes Bild:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

So gerne wollen Fans ihren Sido sehen: Sie zahlen sogar dafür. Beste Werbung: Kommt von Eastpak. Auf reinweißem Hintergrund freut sich ein Mensch mit offensichtlich extremer neurodermitischer Hautirritation ungemein über seinen Eastpak Rucksack. Den trägt er allerdings nicht, so wie das vom Hersteller gedacht ist, auf dem Rücken, sondern in der Hand. Vermutlich liegt das daran, dass er in ein riesiges Plüschkostüm gewandet ist, über das er ein viel zu enges Fußballtrikot gezogen hat und deshalb auf dem Rücken gar kein Platz ist. Den zugehörigen, einäugigen, nicht genau einer bestimmten Tierart zuordenbaren Plüschkopf trägt er in der freien Hand. Der Eastpak Rucksack, so lehrt es uns die Werbung, ist „built to resist“, was wohl der Grund ist, weshalb er so lupenrein und unbenutzt aussieht, wie sonst nichts auf dem Foto. (In Wahrheit allerdings ist der Rucksack einfach nur neu und tatsächlich unbenutzt.) Dafür hat er aber auch nicht so viel Charme wie der Plüch-Saurier-Neurodermitis-Indie-Boy. Der liebt im Übrigen, wie ein Button bekundet, das Leben. Allein seine starren Augen verkünden da eine andere Botschaft. Man hats ja auch nicht leicht, so mit Hautproblemen bei den Mädels. Das Extra: Eine zehnseitige Fotostrecke mit besprayten Zügen. Wann, fragt man sich da, wird die Deutsche Bahn endlich begreifen, dass ihre Züge so viel hübscher sind!? Was wir gelernt haben: Die Spraykunst gehört zum Hip Hop wie der Cowboyhut zum Country. Und was die Jungs und Mädels da an die Wand bringen, ist oftmals wunderbar. Nicht nur in Berlin und Heidelberg, sondern auch in Ahmedabad und am Himalaya. Für die Besprechung der Backspin wurde die voll krasse Checkerin kristin-matousek hinzugezogen.

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