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DJ Jazzy Jeff beim Jazz-Festival

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Meinen schlimmsten Auftritt als DJ erlebte ich vor drei Jahren in Hamburg. Ich kam an diesem Tag von einem Gig auf einem Hiphop-Festival in Amsterdam und war noch vollkommen euphorisiert von der enthusiastischen Atmosphäre dort, dem Meer von rhythmisch winkenden Armen, dem Call-And-Response mit meinen Fans. Auch in Hamburg war ich auf einem Festival gebucht – darauf beschränkte sich allerdings meine Vorab-Information. So war ich bei meiner Ankunft backstage doch etwas überrascht: Geradezu ländliche Ruhe hier. War die PA ausgefallen? Oder platzte ich gerade in eine längere Pause?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Weder noch: Auf der Bühne stand ein akustisches Jazz-Trio und improvisierte kammermusikalisch gesittet vor sich hin, während das Publikum mit Picknick-Körben auf der Wiese davor lagerte. Ein kurzer Blick auf die ersten Reihen der Zuhörer: Kaum Jugendliche darunter, sondern bestenfalls ergraute Studenten, Familienväter und pfeiferauchende Senioren. Geschätzter Altersdurchschnitt: Um die 40 Jahre. Erst ein Blick auf die Poster machte mir klar, dass ich auf einem Jazz-Festival gelandet war. Was ich bloß mit all den anderen angekündigten Teilnehmern gemein hatte? Musste wohl ein Irrtum sein. Offensichtlich war der Booker auf das Jazzy in meinem Namen reingefallen, war ihm entgangen, dass ich mit Will Smith aka The Fresh Prince kommerzielle Hiphop-Platten und Tracks für Michael Jackson, Eminem und Maria Carey produziert hatte, aber noch nie für einen Jazz-Musiker auch nur ein Knöpfchen gedreht hatte. Ich hasse es, unvorbereitet auf einen Gig zu kommen. Und die Aussicht vor 10 000 Jazzfans zu spielen, brachte mich fast aus der Fassung: Die zwei Kisten Hiphop-Platten jedenfalls konnte ich gleich in der Umkleide lassen. Zum Glück hatte ich noch eine paar Breakbeats und Rare Grooves untergemischt: Die zog ich jetzt geschwind hervor: Donald Byrds „Fallin’ Like Dominoes“. Bob James’ „Take Me To The Mardi Gras“. Oder “Listen Here” von Eddie Harris. Schön aneinander gereiht dürfte es gerade für ein 45-Minuten-Set reichen. Ich hieve die erste Platte auf den Teller: „Runnin’ Away“ von Roy Ayers. Die älteren Herrschaften im Publikum nehmen den Titel offensichtlich verdammt ernst: Nach den ersten drei Minuten haben sich die Reihen um ein gutes Drittel gelichtet. Die Verbliebenen kramen eifrig in den Picknick-Körben. Niemand tanzt. Ich drehe das Mikro wieder ab: Diesmal lieber kein „Everybody say ho!“ Foto: Mike Diver

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