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Mies aufgelegt: DJ Mad

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Meinen schwärzesten Abend als DJ erlebte ich 1999 in München: Wir hatten gerade mit „Bambule“ die Charts gestürmt, und Eizi Eiz, Denyo und ich – die Absoluten Beginner – rockten die Hallen Deutschlands. Ein Traum: Endlich verdienten wir so viel Geld, dass wir die Beats nicht mehr vom DAT-Recorder spielen mussten, sondern uns eigene Vinyl-Platten mit den Instrumentalversionen unserer Songs pressen ließen. Ich konnte die komplette Show auf zwei Plattenspielern bestreiten – für mich bedeutete ein Technics-Turntable immer noch mehr als ein Abspielgerät. Das war ein Tempel, ein Musik-Heiligtum, auf dem Vorbilder wie Grand Wizard Theodore bis DJ Pemier magische Rituale vollzogen hatten. Einziges Risiko: Wenn meine beiden Rapper ein bisschen Pogo machten, würden die Nadeln sofort springen. Warum nicht eine Luftmatratze mit vier wuchtigen Gehwegplatten beschweren und obendrauf die Plattenspieler postieren? Ein genialer Einfall, so meinte ich: Schließlich ist mein Vater Werkzeugmacher, seine pedantische Sorge für technische Geräte hat auf mich abgefärbt. Alles schien zu klappen: Bis die Technics während des Auftritts zunehmend in Schräglage gerieten. Eine Schweißnaht der Luftmatratze hatte sich unter dem Beat-Gedonner wohl gelöst, und die vier gleichmäßigen Luftkammern mutierten zu zwei kleinen und einer großen. Stück für Stück schob ich die Plattenspieler mitsamt den Gehwegplatten auf die große Wulst. Nicht gerade stabil, aber zumindest einigermaßen gerade – so konnte ich das Set zu Ende spielen. Nach dem letzten Song die übliche Abbauroutine: Luftmatratzenstöpsel gezogen und die Vinyls in den DJ-Koffer hinter mir sortiert und – Rrrrumms! Es ist ein unvergleichliches Geräusch, wenn zwei Technics-Plattenspieler, gefolgt von jeweils zwei 50 Kilo schweren Gehwegplatten auf die Bühne knallen. Ich hatte die Hinrichtung zweier unschuldiger Technics verursacht – und fühlte mich, als seien mir die Pflastersteine durchs eigene Schädeldach gestürzt. Sollten die anderen anschließend Party machen, ich wohnte diesen Abend einer Beerdigung bei. Und an dieser Stelle noch mal: Danke Papa! Er hat aus dem Bühnenschrott tatsächlich wieder einen funktionsfähigen Plattenspieler gebaut.

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