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Mies aufgelegt. Heute mit Andrew Claristidge aka Acid Washed und dem schönen Biest.

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Es gibt tausend Möglichkeiten die DJ-Kanzel als tragischer Held zu verlassen – und als ich 2008 zu einem Gastspiel nach Berlin geladen wurde, hatte ich schon einige davon ausgekostet: unberührte Flyerkartons im Veranstalterbüro. Unauffindbare Zwischenkabel. Oder - wie erst kürzlich auf einem Festival in Belgien - das urplötzliche Verschwinden von Laptop, Synthesizer und Drum Machines während ich nach dem Soundcheck kurz backstage gegangen war. Diesmal aber würde niemand den Abend klauen. Eine kleine Tanzbar namens „Thousands“ hatte mich von Paris einfliegen lassen, um einen Abend lang den Acid Washed Sound – mein Partner Richard D‘Alpert und ich hatten gerade ein paar erfolgreiche Remixe für Sebastien Tellier oder DFA abgeliefert – in die Hauptstadt des europäischen Techno zu bringen. Berlin, da würde es bestimmt ein kundiges Publikum geben, das unseren experimentellen French House Mix zwischen Giorgio Moroder und Steve Reich goutiert. Der Club hatte eine gute Anlage, die Technik funktionierte und der Veranstalter sprühte vor Euphorie. Ich fühlte ein Versprechen in der Luft: Erst recht als die erste Tänzerin ihre Highheels aufs Parkett schob. Eine langbeinige rothaarige femme fatale im schwarzen Mini, die Sorte Frau, die ich sofort für unser nächstes Musikvideo gebucht hätte. Wie lasziv sie den Beat aufnahm. Alles was wir in langen Studionächten an sexy Basslinien ausgebrütet hatten, übersetzte sie mühelos mit einer Handbewegung, einem angewinkelten Knie. Fantastique! Ich legte für sie Donna Summer auf den Teller. „I Feel Love“. Das Synthie-Bass-Geplucker nahm gerade an Fahrt auf... Da warf sie ihr Sektglas in meine Richtung. Ich hatte mich rechtzeitig geduckt, und grinste in mich hinein. War das nicht ihre Art von Kompliment? Eine ungestüme Aufforderung nachzulegen? Denn schon schwebte sie lächelnd und mit einem neuen Glas auf die Tanzfläche. Jetzt bloß keinen Fehler machen! Ich wählte „Change“ von Acid Wash.. und eine weitere Sektflöte zerschellte an der DJ-Kanzel. Mais oui! Was für ein Temperament! Oder vertrug das schöne Biest nur keinen Alkohol? Jedenfalls fing die Bar gerade an, in Bewegung zu geraten – mit dem nächsten Stück würde ich sie alle haben. Gary's Gang „Do It At The Disco“. Ich hatte noch nicht die suggestive Macht des Refrains realisiert, da tat sie es: Schnappte sich die Sektflasche vom Tisch und kippte sie – geradewegs auf meinen Mixer. Kurzschluss. Ersterbende Tanzbewegungen. Pfiffe vom Tresen. Und die Ahnung, dass das Aufwärmset der Abend gewesen war. Zwei Türsteher nahmen die schwankende Sektgöre in ihre Mitte. Sie drehte sich um, lächelte in meine Richtung. Ich lächelte nicht zurück.

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