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Mies aufgelegt: Philippe "Cassius" Zdar

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Meine aufreibendste DJ-Nacht erlebte ich vor drei Jahren in Manchester: Besser gesagt auf der Anreise nach Manchester. Denn der dortige Club hatte am allerwenigsten Schuld daran, dass ich meinen Abend durchgeschwitzt und mit flatternden Nerven antrat. Ich verbrachte den Nachmittag gerade in meinem Pariser Studio mit dem Abmischen eines neuen Tracks – da klingelte das Telefon. Zuerst glaubte ich an einen Scherz. Jemand sagte, dass man mich soeben auf dem Flughafen erwarte. In Manchester. Dann fiel es mir wieder ein. Siedend heiß. Der Club-Gig. Ich hatte ihn zugesagt – und dann schlicht und einfach vergessen. Oder zumindest verdrängt. Weil ich im Geiste ständig mit der Fertigstellung meines neuen Cassius-Albums beschäftigt war, hatte ich weder meinen Kalender konsultiert noch sonst wie vorausgeplant.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

„Ich komme ein bisschen später", stotterte ich nur in den Hörer und erzählte etwas von verschlamptem Terminplaner und Arbeitsüberlastung... Dann packte ich in aller Eile zwei DJ-Taschen aus dem Studio-Fundus und nahm ein Taxi zum Flughafen. Ein Freund hatte mir geraten, mich im Billigflug-Sektor umzuschauen. Tatsächlich: Heute Nachmittag geht noch ein Flug nach Großbritannien. Zwei Stunden später bin ich da. In Edinburgh. Ich kann das Entsetzen in der Stimme meiner Arbeitgeber hören, als ich sie vom dortigen Flughafen aus anrufe: Was, du bist in Schottland? Das sind noch gut 400 Kilometer bis Manchester!. Was ich nun tun solle? Sofort ein Taxi nach Süden nehmen. Sie kämen mir mit ihrem eigenen Wagen so schnell wie möglich entgegen. Irgendwo auf halber Strecke steige ich um: In eine BMW-Limousine, die mit 200 Kilometer in der Stunde Richtung Manchester rauscht. Wie in einem dieser Videospiele, wo man mit Höllentempo in die Kurven schlittert. Nur dass das hier kein Videospiel ist. Ich habe feuchte Handflächen. Und würde am liebsten „Halt, aussteigen bitte!“ rufen. Aber mein Club-Gig ist für ein Uhr nachts angesetzt - und jede Verspätung kann mir als Vertragsbruch ausgelegt werden. Endlich. Der BMW hält mit quietschenden Reifen vor dem Club. Ich gehe mit meinen DJ-Taschen am Türsteher vorbei. Atme tief durch. Und schaue auf meine Uhr: 12.58!

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