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Die schwarze Weiße

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Beginnen wir mit einer Feststellung: Wenn man sich in unserer Gesellschaft dafür entscheiden kann, fortan keine Frau mehr, sondern ein Mann zu sein, dann muss man sich eigentlich auch dafür entscheiden dürfen, fortan nicht mehr weiß, sondern schwarz zu sein. Klingt folgerichtig. Bleibt die Frage: Muss man andere Menschen eigentlich über diese Entscheidung in Kenntnis setzen? Wahrscheinlich spätestens dann, wenn man merkt, dass sich die neue Identität nur durch eine Menge Lügen erklären lässt.

Jüngst zum Beispiel geschehen im seltsamen Falle der Amerikanerin Rachel Dolezal, Präsidentin der sogenannten Spokane NAACP, der National Association for the Advancement of Colored People. Einer Vereinigung also, die sich für die Rechte von Afroamerikanern einsetzt. Rachel Dolezal sieht einigermaßen dunkelhäutig aus und trägt Rastas. Bisher dachten alle, sie sei Afroamerikanerin. Weil sie die Geschichte so erzählt hat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Rachel Dolezal als Kind, vor ihrer Inszenierung als Afroamerikanerin


Bis eines Tages jemand Zweifel an dieser Geschichte anmeldete. Ein Mann namens Jeff Humphrey der Internetseite KXLY.com befragte sie zu verschiedenen Belästigungs-Anzeigen, die Dolezal in der Vergangenheit gemacht hatte. Sie werde aufgrund ihrer Hautfarbe immer wieder belästigt und bedroht, habe neulich erst wieder ein anonymes Paket mit Hassbekundungen empfangen. Humphrey fragte Dolezal in einem Videointerview nach einem Foto eines schwarzen Mannes auf ihrem Facebookprofil, den Dolezal dort als ihren Vater ausgibt - habe sie denn wirklich einen schwarzen Vater? Sei sie eigentlich wirklich eine Schwarze? Dolezal brach das Interview ab.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

 
Rachel Dolezal nachher, als angebliche Schwarze

Mittlerweile haben sich die angeblichen Eltern dieser Rachel Dolezal zu Wort gemeldet, alte Fotos von ihr veröffentlicht und ein Geburtszertifikat. Sie sagen: Rachel Dolezal ist keine Schwarze, sondern von Geburt aus eine „Weiße“, mit deutschen, tschechischen, kaukasischen Vorfahren. Die angeblichen Fotos zeigen sie mit rotem Haar, porzellanweißer Haut und vielen Sommersprossen. Man erkennt durchaus eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Rachel Dolezal und der Frau auf den Fotos.

Jetzt muss man wissen: Dolezal ist mit schwarzen Adoptivgeschwistern aufgewachsen. Sie hat einen dunkelhäutigen Mann und engagiert sich für die Rechte von Afroamerikanern. Sie fühlt sich offenbar als Schwarze. So sehr, dass sie sich als eine ausgibt. So sehr, dass sie es bis zur Präsidentin der NAACP gebracht hat. So sehr, dass sie irgendwann begonnen hat zu lügen und ihren Adoptivbruder als ihren Sohn auszugeben und sich als Opfer einer rassistischen Gesellschaft zu inszenieren. 

Klarer Fall für den Satz: Da hätte ein Psychoanalytiker seine wahre Freude dran!

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