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Ein Daumen voll Hass

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Am Anfang war der Harlem Shake lustig. Die Zappelei, die blöden Maskierungen, der Beat, das konnte man sich ein paar Mal anschauen, und man konnte schmunzeln über die immer neuen Varianten des Mems. Irgendwann aber kam der Moment, an dem es zu viel wurde. An dem man kein Zappeln mehr sehen wollte, an dem man sich keine größere Qual vorstellen konnte als noch einmal den Ruf „Con los terroristas!“ hören zu müssen. Für Momente wie diesen ist die App "Hater" geschaffen.  

Sie ist seit kurzem für Apple-Geräte erhältlich, und sie ist so etwas wie eine Community der Miesepeter. Sie ist die Antwort auf die Like-Kultur, die in sozialen Netzwerken das vorherrschende Prinzip ist. Man verteilt dort nach oben gerichtete Daumen oder tut seine Zustimmung durch das Favorisieren von Tweets kund. Diese digitalen Leckerlis erfordern nur einen Mausklick. Die Hemmschwelle ist niedrig, der Hunger nach Like-Daumen hoch.  

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



"Hater" dreht diese Welt des ewigen Superfindens um und schafft eine Umgebung, in der es nur darum geht, der Welt seine Genervtheit entgegenzuschreien und möglichst viele Menschen zu finden, die sich mit ausgestrecktem Mittelfinger dazustellen und lauthals mitkrakelen. 

Die App funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie Instagram. Man meldet sich an, erstellt ein Profil, kann anderen Nutzern folgen. Man lädt ein Foto seines Hassobjekts hoch, kann es noch mit einem Filter versehen (wohl, um noch ein bisschen böser und hasserfüllter zu wirken) und einen Kommentar dazu schreiben. Andere Nutzer können ebenfalls kommentieren und verteilen statt Likes eben Hates, kleine nach unten gerichtete Daumen.

Aus diesen Hass-Sammlungen errechnet die App eine Liste der meistgehassten Einträge. Unter den Top Ten befinden sich derzeit Justin Bieber, Barack Obama und der Harlem Shake, an erster Stelle steht mit 292 Hates das „Duckface“, der typische Profilfoto-Gesichtsausdruck von Mädchen, die um jeden Preis sexy wirken möchten.

Scrollt man weiter nach unten, folgen, na klar, vor allem Prominente, von Silvio Berlusconi bis zu Lady Gaga, auch Joseph Ratzinger ist dabei. Auch nicht überraschend ist die große Präsenz der kleinsten gemeinsamen Nenner unter den Aufregern: Im Stau stehen, zur Arbeit müssen. Schmunzeln muss man eigentlich nur bei Kleinigkeiten aus dem Alltag, die man in den Profilen mancher User findet: eine Streichholzschachtel, in der nur abgebrannte Streichhölzer liegen, eine Schüssel Reis mit einem Paar Essstäbchen.  

Abreagieren, lästern, hassen – das sind Grundbedürfnisse des Menschen. Jake Banks, Entwickler von Hater, sieht aber sogar kreatives Potenzial in seiner Idee. Seine Argumentation: Gebündelter Hass sei eine starke Botschaft. Und der erste Schritt zu einer Veränderung sei nun mal, seinen Unmut über Missstände auszudrücken.  

Da ist natürlich rein theoretisch was dran, schließlich raten ja auch sämtliche Paartherapeuten dieser Welt dazu, dem Partner offen zu sagen, wenn es nervt, dass er seine Zahnbürste immer herumliegen lässt. Dass Hater tatsächlich eine solche heilende Wirkung entfalten kann, ist aber unwahrscheinlich. In erster Linie ist Hater bislang eine Spielerei, die entweder ironisch genutzt wird oder dazu dient, sinnfrei Gemeinheiten über andere Personen loszuwerden. Und darin liegen vielleicht sogar Gefahren verborgen. Hater hat das Potenzial zum idealen Mobbing-Werkzeug für Trolle zu werden. Einen Berlusconi wird es nicht weiter stören, wenn ein paar Hundert Menschen mehr ihn digital verschmähen. Was aber, wenn Hater benutzt wird, um den Klassen-Underdog öffentlich fertig zu machen?

Wenn man darüber nachdenkt, ist man versucht, dem Hass-Eintrag des Hater-Nutzers „Newbasick“ mit einem nach unten zeigenden Daumen zuzustimmen. Er hasst: die Hater-App.   

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