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Warum klingen manche Männer schwul?

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Schon mal folgende Sätze gehört? „So, wie der redet, ist er bestimmt schwul. Der hat ja auch voll die schwule Stimme.“

Wenn du den Satz das nächste Mal hörst, kannst du seinen Urheber auf diesen kurzen Dokumentarfilm der New York Times hinweisen. Der Autor hat dafür ein paar Linguisten mit einer Frage konfrontiert, die er sich seit längerer Zeit selbst gestellt hat: Warum klingen manche Männer schwul? Und sagt eine schwul klingende Stimme etwas über die sexuelle Orientierung ihres Besitzers?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Neben den Linguisten kommen in der kurzen Doku zwei Bekannte des Autors vor: Mathew, Typ kräftiger Sportler mit breitem Nacken und tiefer Radiosprecherstimme. Und Chris, der von sich selbst sagt, er spreche, als hätte jemand seine Stimme durch ein Mischpult gejagt und die Bässe rausgedreht. Wenn er lacht, klingt es, als wolle er eine Frau imitieren. Am Ende der Doku – Vorsicht, Spoiler – kommt raus: Stiernacken Mathew ist schwul, Chris hat Frau und Kind.

So etwas wie eine schwule Stimme gibt es nicht. Eigentlich kann man sich das natürlich denken, aber es ist gut, dass Linguisten das jetzt mal klar und deutlich sagen und mit wissenschaftlichen Belegen erklären.

Wir assoziieren den Klang einer Stimme mit Homosexualität, wenn sie weiblicher klingt – und weil wir in Hollywood-Komödien und auf Pausenhöfen gelernt haben, das Schwule verweiblichte Männer sind.

Das ist aber Schwachsinn. Ob eine Stimme irgendwie weiblich klingt, hängt nämlich von anderen Faktoren ab: von sogenannten Mikrovariationen beim Sprechen. Wo sich beim Formen eines S-Lauts die Zunge befindet zum Beispiel, beeinflusst die Höhe dieses S-Lauts. Frauen, so ein Linguist in der Doku, geben tendenziell etwas höhere S-Laute von sich. Sie tun das aber nicht, weil ihnen das genetisch eingepflanzt wäre. Sondern weil sie es so gelernt haben. Und das ist auch der Knackpunkt für weiblicher oder schwul klingende Männerstimmen:

Ob eine Männerstimme einen weiblichen Touch hat, hängt von der Sozialisation des Sprechers ab. Kinder und Jugendliche übernehmen Sprechmuster von Identifikationsfiguren in ihrem Leben. Sie tun das nicht absichtlich, aber sie tun es. Wenn diese Identifikationsfiguren hauptsächlich weiblich sind, sprechen auch sie wahrscheinlich etwas weiblicher. Ganz egal, welches Geschlecht oder welche sexuelle Orientierung sie haben.

christian-helten


Text: jetzt-redaktion - Foto: Screenshot

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