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Einsamer Mann in einsamer Landschaft

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Don`t Come Knocking (2005)
Mit: Sam Shepard, Jessica Lange, Sarah Polley, Gabriel Mann

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Warum diesen Film auf DVD? „Don`t Come Knocking“ lief ungefähr zeitgleich mit „Broken Flowers“ an, in beiden Filmen geht es um einen einsamen, alternden Frauenheld, der erfährt, dass er irgendwo ein Kind hat. Beide Filme liefen letztes Jahr beim Filmfest in Cannes, aber nur „Broken Flowers“ hat dort einen Preis gewonnen und so insgesamt mehr Aufmerksamkeit bekommen. „Don`t Come Knocking“ hat definitiv ein zwiete Chance verdient, ganz jenseits des Alte-Männer-Hypes, dafür ein bisschen mit neuem Cowboy-Hype. Und Sam Shepard ist doch wirklich hübscher anzusehen als Bill Murray.

Worum geht’s?
Nicht-Amerikaner haben schon immer die amerikanischsten Filme gemacht. Mit „Don`t Come Knocking“ verfilmt der deutsche Regisseur Wim Wenders ein Stück vom Cowboy- und Western-Mythos Amerikas und trägt dabei nur ganz selten Wenders-mäßig zu dick auf. Das Drehbuch schrieb, wie schon bei „Paris, Texas“, der amerikanische Schauspieler Sam Shepard, der auch die Hauptrolle übernahm: Er ist der alternde Western-Star Howard Spence, der die letzten dreißig Jahre seines Lebens mit Drogen und Mädchen verbracht hat. „Ich wusste gar nicht, dass die Zeit vergeht“, sagt er. Diese Zeit will er jetzt wieder einholen, er haut vom Filmset ab, besucht nach 30 Jahren seine Mutter und als diese ihm erzählt, er habe irgendwo da draußen ein Kind, macht er sich auf die Suche nach ihm. Er landet in Butte, der Stadt, wo er vor 30 Jahren einen seiner Filme drehte. Es geht um Entfremdung und um Einsamkeit in „Don`t Come Knocking“ und diese Gefühle tragen auch die großartigen, weiten und leeren Landschaften des Westens in sich. Einmal steht der Versicherungsagent, der Howard Spence zurück ans Filmset holen soll, allein in dieser Landschaft, neben dem Highway, und plötzlich erschrickt er und schreit laut „Hallo! Hallo, ist da jemand?“, so, als hätte er Angst, ganz allein zu sein auf der Welt.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Bestes Bonusmaterial:
Die DVD kommt großklotzig im Doppelpack daher und enthält neben dem Standard-Bonusmaterial auch eine wunderschöne Dokumentation, „Going Places“, die während der Dreharbeiten gemacht wurde. Sie dauert ca. 90 Minuten und wer glaubt, er könne nur mal eben kurz reinschaun, wird sich nach eineinhalb Stunden wundern, wie schnell die Zeit verging. Viel besser als jedes halbherzige Making-Off nimmt sich diese Dokumentation Zeit und im Mittelpunkt stehen weniger die Dreharbeiten, als der Drehort, die 34.000-Einwohner-Stadt Butte, Montana. Eine Stadt, die, wie so viele Städte im Westen, ihre besten Tage hinter sich hat, einmal hört man einen Mann von den 1990ern in Butte erzählen, und es klingt, als läge eine ganze Lebensspanne dazwischen. Trotzdem hat sich äußerlich nicht viel geändert an Butte, erzählt ein anderer, der in den 50er Jahren hierher kam. Die Stadt ist zeitlos, genauso wie der Film „Don`t Come Knocking“ selbst. Drehpunkt ist das alte M&M, ein Diner, das für die Dreharbeiten wieder hergestellt wurde. Wim Wenders hat sich in Butte verliebt, als er vor zwanzig Jahren hierherkam, die Stadt schreie förmlich danach, die Kulisse für einen Film zu sein, sagt er. Die Dokumentation, die ohne Stimme aus dem Off, ohne Kommentare von außen auskommt, ist wie eine Liebeserklärung an den alten Westen, an Amerika. Eine Sehnsucht liegt in den Bildern und den Erzählungen der Einwohner, die in einem ein unbestimmtes Gefühl von Heimweh hervorruft, selbst wenn man noch nie dagewesen ist.

Schlechtestes Bonusmaterial:
Das Videotagebuch von Moritz Laube. Ein pickliger Jüngling, von dem man nicht weiß, wer er ist, wackelt ein bisschen mit der Handkamera herum und erzählt etwas aus dem Off.

Schönstes Standbild:
Der ganze Film ist ein einziges Edward-Hopper-Gemälde! Besonders schön sind aber zwei Einstellungen, einmal bei 54:29, wo Howard im beleuchteten Fenster sitzt, mit einer einsamen, dunklen Straße im Hintergrund und einmal bei 1:32:39, wo er lässig und mit Hut an einem Strommasten auf einer riesigen, leeren Straßenkreuzung lehnt. Dieses Bild ist auch das Coverbild der DVD.

Wann ansehen: Wenn du dir den Beamer aus der Arbeit ausgeliehen hast. Und wenn du den ganzen Abend Zeit hat.

Die Doppel-DVD „Don`t Come Knocking“ (Kinowelt) gibt es ab 21. März im Verleih und ab 21. April im Verkauf

[Bilder: Kinowelt]

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