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Bürgermeister hängt AfD-Wahlplakat ab

Screenshot: Facebook

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Ausgerechnet vor der Geschäftsstelle des niedersächsischen TuS Ebstorf hat die AfD ein Wahlplakat aufgehängt, auf dem steht: „Neue Deutsche? Machen wir selber.“ Dabei spielen in dem Verein viele Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen, die an unterschiedliche Religionen glauben oder verschiedene sexuelle Identitäten haben. Also hat Heiko Senking, der Vorsitzende des Vereins und gleichzeitig parteiloser ehrenamtlicher Bürgermeister seines Ortes, das Plakat abgenommen.

Senkings Facebook-Post zu der Aktion ist inzwischen viral gegangen, über 15.000 Kommentare, mehr als 140.000 Likes. Aber auch Kritik und Beschimpfungen landen in seinem Mailfach. Wir haben mit ihm darüber gesprochen.

jetzt.de: Herr Senking, wieso haben Sie das Plakat abgenommen?

Heiko Senking: Das hing vor unserer TuS-Geschäftsstelle, wo die Kinder rein- und rausrennen, um zum Beispiel ihre Spielerpässe zu holen. Zwei Kinder meinten dann zu mir, dass sie keine Deutschen seien und was das denn solle. In dem Moment ist mir das Plakat zum ersten Mal aufgefallen, danach hab ich es abgeschnitten.

Weil die AfD an dieser Stelle keine Parteiwerbung machen soll?

Genau, es geht um den Ort. Ich spreche der AfD nicht ihre demokratische Legitimität ab. Ich spreche ihr auch nicht ab, Werbung zu machen, ob man die Partei nun gut findet oder nicht. Ich habe das Plakat außerdem nicht vernichtet, es ist noch da und die können das gerne woanders hinhängen. Aber ich fand, dass es genau an diesem Ort nicht hängen sollte. Die Geschäftsstelle unseres Vereins ist dafür nicht unbedingt der passendste Ort.

Warum nicht?

Weil wir seit zehn Jahren Migrationsstützpunkt des Landessportbundes sind. Wir machen hier sehr erfolgreiche Integrations- und Inklusionsarbeit. Es wäre für die Kinder ein fatales Signal, wenn ich als TuS-Vorsitzender dagegen nichts unternehmen würde. Mir war wichtig, den Kindern zu zeigen: Ihr seid genauso viel wert wie alle anderen. Ihr seid die Trainer von morgen.

Welche Reaktionen haben Sie seit gestern bekommen?

Zu 90 Prozent sind sie positiv. Natürlich kommen auch Nachrichten und Kommentare, die unter die Gürtellinie gehen. Außerdem gibt es viele, die das berechtigterweise kritisch sehen. Die sagen: Das darfst du nicht, das ist eine Straftat, die AfD ist eine demokratische Partei. Auch Menschen mit Migrationshintergrund haben sich bei mir gemeldet und gesagt, dass sie das problematisch finden. Da haben die Leute natürlich recht. Deshalb habe ich mich auch selbst angezeigt.

 

Rechnen Sie mit Konsequenzen?

Natürlich, das war eine Straftat, da gibt’s nichts schön zu reden. Ich weiß nicht, ob es richtig war, aber in dem Moment war mir wichtig, dieses Signal zu setzen. Die Konsequenzen dafür werde ich natürlich tragen.

 

Würden Sie es heute wieder tun?

Nun ja, mit dieser Vehemenz an Rückmeldungen habe ich nicht gerechnet. Ich dachte, hier in unserem beschaulichen Ort würde das alles in einem kleinen Rahmen bleiben. Dass das so durch die Decke geht, damit war nicht zu rechnen. Ob man das dann unbedingt noch mal so machen würde? Weiß ich nicht. In der Form vielleicht eher nicht.

 

Hat sich die AfD bei Ihnen gemeldet?

Bis dato nicht. Ich muss aber auch sagen, dass ich kaum mehr ans Handy komme, weil ich den ganzen Tag schon Interviews gebe, mit Nachrichten überschüttet werde. Nebenbei muss ich arbeiten, außerdem bin ich hier Bürgermeister und bei uns steht dieses Wochenende ein mittelalterliches Fest an. Selbst, wenn sie versucht hätten mich zu kontaktieren: Ich hätte es wahrscheinlich nicht mitbekommen.

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