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Altpapier in Frischhaltefolie

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Bei vielen schaffen es die Ausgaben von "Einkaufaktuell" nicht einmal durch die Wohnungstür, sondern wandern vom Postkasten direkt in den Müll. Dabei müsste man sogar noch trennen, denn das Blättchen, das aus einem TV-Programm und viel Werbung besteht, ist eingeschweißt in Plastikfolie. 

Als der 18-jährige Fabian Lehner das Heftchen zum ersten Mal zugestellt bekommt, fragte er sich: Ist das ein Scherz? Lehner sagt: "Ich kannte das Heft vorher nicht und hab deswegen mal recherchiert."

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

"Unnötiger Plastikmüll", findet Fabian Lehner und 66 480 Unterstützer stimmen ihm zu.

Er fand: blanke Umweltverschmutzung, diese Plastikverpackung. Um etwas dagegen zu tun, startete Fabian eine Online-Petition. Bis jetzt haben 66.595 Befürworter unterschrieben.

Die ersten 50.000 Unterschriften hat Fabian schon vergangenen Mittwoch an die Post übergeben. Mit enttäuschendem Ergebnis: "Die Übergabe fand auf einem Stehtisch im Gang statt, Vorschläge von mir wollten sie gar nicht hören – sie wollten nur die Unterschriften." Fast drei Stunden reiste er an, um dann in 15 Minuten abgefrühstückt zu werden: "Es macht mich wütend, wie die Post damit umgeht", sagt Fabian. Ihm sei schon klar gewesen, dass die Post nicht von heute auf morgen das Plastik weglasse. Aber er war dennoch enttäuscht, dass die Post seine 50 000 Unterschriften formlos annahm wie ein Amazon-Paket. Auch wenn man sich fragt, wie die Post überhaupt auf die Idee gekommen ist, ihre Werbung in Folie zu hüllen.

In einer Pressemitteilung heißt es dazu: "Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass die einfache Haushaltswerbung häufig geknickt und manchmal sogar vom Regen durchweicht beim Empfänger landet. Die (...) Folie sorgt dafür, dass ‚Einkaufaktuell’ frei von Schmutz und Nässe und übersichtlich sortiert in die Briefkästen kommt." Laut Post begrüßten das sowohl die Handelskunden als auch der Großteil der Empfänger. In der Mitteilung brüstet sich der Konzern damit, dass die Folie deutlich dünner als ein menschliches Haar sei. Das sei für eine Folie sehr dünn.

Das Heftchen ist eine unadressierte Postwurfsendung, die von der Post seit 2002 samstags verteilt wird. Enthalten ist stets das aktuelle Fernsehprogramm der folgenden Woche, zudem finden sich regionale und überregionale Anzeigen in dem Blättchen.

Fabian hält sich für keinen frenetischen Umweltfreak. Aber: „Ich finde, die Verpackung dieses Blättchens ist etwas, das wirklich nicht sein muss“. Er plant für die kommenden Wochen einen runden Tisch, zu dem er die Post und die Deutschen Umwelthilfe, eine nicht staatliche Verbraucherschutzorganisation einladen will.

Die Post schreibt in ihrer Erklärung noch, dass durch die vorangegangene Reduktion der Papierdicke des Heftchens (52 statt 55 Gramm pro Quadratmeter) eine jährliche Einsparung von 1000 Tonnen Papier stattgefunden habe. Wie viele Tonnen Plastik sich durch die Einsparung des Einschweißens ergeben würden – das schreiben sie nicht.

Fabian sammelt weiter Unterschriften – in der Hoffnung, doch noch etwas ausrichten zu können. Vielleicht braucht er aber auch eine neue Taktik: zum Beispiel eine Aktion unter dem Hashtag #returntosender. Unter dem posten Nutzer Bilder von unsinniger Werbung, die sie direkt wieder in den Briefkasten stecken. Was würde die Post wohl machen, wenn am kommenden Samstag alle 66.595 Unterstützer von Fabians Petition ihr „Einkaufaktuell“ direkt zurückschicken würden? Wetten, sie würde nicht trennen?

Text: tim-kummert - Foto: photocase.com / Frau.l.

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