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"Hey Volksverraeter"

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Dieser hier zum Beispiel: "Hey Volksverraeter und Paedophiler Gruener Faschist! Gehe dahin und haeng dich auf, damit kannst du der Welt und dem deutschen, noch nicht verbloedeten Volk, was NICHT SCHWUL ist einen ganz grossen (sic) Dienst erweisen!" Oder der: "sie gehören gleich mit an die and (sic) oder unter die dusche".

Mehr?

"Du Grüne Ratte! Hatt (sic) der Papa dich als Kind zu hart ran (sic) genommen? Du grüner Nazi!!! Du wirst sehen wer den Kampf gewinnen wird. Und ihr seit (sic) uns Gottseidank (sic) auch alle namentlich bekannt".

Ein letzter: "Soviel Nichtmenschenmaterial das sich hier fürs Gulag bewirbt." Auch die Zahl 88, die in Neonazi-Kreisen für den Ausruf "Heil Hitler" steht, taucht auf.

Die Kommentare stammen vom Facebook-Profil von Sven-Christian Kindler, dem haushaltspolitischen Sprecher der Grünen im Bundestag. Der Hannoveraner hatte im vergangenen Herbst gegen ein Konzert der Band Frei.Wild demonstriert. Am vergangenen Samstag sprach ihn ein junger Mann darauf an: Er sei doch von den Grünen und habe damals eine Rede gegen die Veranstaltung gehalten. Als der Politiker bejahte, schubste und beschimpfte der Mann ihn. Eine Zeitung berichtetet über den Vorfall, Kindler postete den Artikel auf seinem Profil. Damit ging es wieder los.  

Dabei wäre so schön, wenn es mal endete. Weil die Diskussion um die Band ja alt ist. Und weil es in diesem Fall eigentlich nur am Rande um die Südtiroler geht. Um die Frage, ob sie nun Nazis sind? Oder Nationalisten? Oder Patrioten? Oder wie sich ihre Fans politisch zusammensetzen? Oder wie bewusst sie nun mit nationalistischen Mechanismen spielen?  

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat gerade den Antrag Thüringens abgelehnt, ein Lied der Rockband aus Südtirol wegen Gewaltverherrlichung verbieten zu lassen. Das ganze Verfahren war schon wieder viel Aufmerksamkeit für eine Formation, die nur davon lebt – Aufmerksamkeit erregen. Es wäre schön, dem kein weiteres Forum zu bieten.

Aber das geht nicht. Nicht ganz. Weil die Kommentare zeigen, dass Frei.Wild es nun vielleicht tatsächlich in den Rang eines Symbols geschafft haben. Symbole entkoppeln sich von ihren konkreten Inhalten. Sie wirken eher auf emotionaler Ebene – triggern Irrationales, vielleicht auch Unterbewusstes. Es wird zusehends egal, wofür jemand nun genau zu stehen glaubt. Wichtiger wird, was andere in ihm sehen wollen. Was dann bleibt, ist eine Projektionsfläche für diffuse Meinungen diffuser Absendergruppen. In diesem Fall: Hass. Auf Schwule, Ausländer, Grüne, Politiker an sich, Gutmenschen, Linke. Von Menschen, die Frei.Wild verteidigen wollen. Von Fans. Von Menschen aber auch, die wohl tatsächlich keine Meinung zu der Band haben – aber zu vielem anderen. Un die Chance nutzen, die kundzutun.

Knapp 900 Kommentare fanden sich am Freitagabend unter Kindlers Post. Das sind viele für einen bundesweit unbekannten Politiker. Die rassistischen, homophoben und gewaltverherrlichenden Widerlichkeiten, die sie mitunter enthalten, lassen sich nicht mehr als verirrte Meinungen Einzelner abtun.  

Und in diesem Sinne geht es eben doch wieder um Frei.Wild. Als Symbol, als Sammelbecken. Eine Band bekommt die Fans, die sie verdient, besagt ein altes Bonmot. Und auch die Sympathisanten.

Wenn das stimmt, lesen sich die Kommentare, die wir von Kindlers Profil auf den folgenden Seiten gesammelt haben, sehr eindeutig.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Text: jakob-biazza - Fotos: Screenshots

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