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12. Februar 2003

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Wieder keinen guten Schnitt gemacht Gerechterweise schildere ich nun, wie ich meine großen Vorsätze für den nächsten Friseurbesuch umsetzte. Gestern ließ ich mir also wieder die Haare schneiden, bei einem Friseur der mir mit den Attributen: schnell, unkompliziert und billig empfohlen worden war. Und: Man brauchte keinen Termin! Dafür musste ich an der Kasse eine Nummer ziehen und mich in eine Warteecke setzen, in der MTV lief. Ich zog, ohne Witz, die Nummer 000. Abgesehen davon, dass so eine Triple-Null nicht wirklich mein hinkendes Selbstwertgefühl anstachelte, fand ich auch den Gedanken uncharmant, dass dort heute schon 999 Frisuren angefertigt wurden. Da hat der Friseur doch keinen Bock mehr, sich bei mir voll ins Zeug zu legen! Bei mir, dem Triple-Null Agent! Es war dann eine Friseuse und sie hieß, wieder ohne Witz, Mandy. Wenn Friseusen unseriös wirken wollen, dann sehen sie aus wie Mandy. Sie trug zum ausgefransten Blondhaar eine verwaschene, blaue Strähne! Mandy war mürrisch. Als ich (im Stehen, zwischen zwei belegten Stühlen!) erklären musste, ich hätte gerne eine, nun ja, wie soll ich sagen, britische Frisur und verlegen lachte, lachte sie nicht mit. Strenggenommen war es auch kein Witz gewesen. Stattdessen fragte sie die Frage, bei der ich immer an Fastfood denken muss: "Sollen die Ohren frei liegen oder nicht?" Mit der Antwort geht es mir wie mit den Salatdressings bei McDonald: Ich weiß nie, welches ich zuletzt hatte, nur dass ich das ganz bestimmt nicht mehr möchte. Bei der Kopfhautmassage ließ mich Mandy fühlen, wie sie Müdigkeit, Frust und private Probleme abbaut. Zärtlich ist anders. Ich bekam nichts zu lesen, dafür einen Umhang auf dem schon sehr viele fremde Haarbüschel lagen. Dann schloss ich die Augen. Ich wollte nicht sehen was Mandy da macht. Mandy wollte es auch nicht sehen, sie drehte sich zur ihrer Kollegin um, schnippelte blind, während sie ihr von Freund Joe(!) erzählte. Nach zehn Minuten drehte sie sich wieder zu mir und war fertig. Sie zückte den Rasierer, dessen Einsatz im Nacken ich mir ausdrücklich verbeten hatte, und rasierte eiskalt und kommentarlos meine mühsam gezüchteten Koteletten ab. Der Haarschnitt kostete weniger als 50 Euro, weil man sich an einer sog. Föhntheke selber föhnen musste. Linkisch hielt ich mir ein acht Kilo schweres Föhnmonster an den Kopf, während die Friseurazubis lachend mit dem Finger auf mich zeigten. Demütigung galore! Aber ich bäumte mich noch mal auf, beim Abkassieren wurde Mandy zwar zuckersüß, aber ich gab der falschen Schlange natürlich kein Trinkgeld. Zumindest keinen Cent mehr als zwei Euro.

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