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22. April 2004

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miramax Die Braut haut ins Auge Es war eine klassische Premiere gestern Abend im "Mathäser", dem neuesten, zum Premierenkino hochgejazzten Multiplex Münchens: An der Absperrung drängte sich eine Mischung aus lauernden Journalisten und Autogrammjägern mit ebay-Ambitionen, die anreisenden Stars verspäteten sich, und Steven Gätjen moderierte tapfer und pointenfrei zwei Stunden Wartezeit am roten Teppich durch. Nur gelegentlich wurde er unterstützt von B- und C-Prominenz, die an ihm vorbei flanierte und ihre Meinung zu Quentin Tarantino ins Mikrophon plapperte: "Ich liebe seine Filme, vor allem 'Mulholland Drive' fand ich toll". Der Regisseur mit dem Meisterhändchen für wiederzubelebende Karrieren konnte selbst jedoch nicht kommen, auch wenn es für ihn Ex-Star-Material für mehrere Dutzend Filme gegeben hätte. Dafür schickte er drei seiner Protagonisten ins Rennen, zwei davon genau solche Comeback-Kids: Daryl Hannah war früher "Splash – die Jungfrau am Haken", dann lange weg, bis sie 2002 mit Robbie Williams im Video zu „Feel“ knutschte. Sie ist jetzt Elle, eine der fiesen Killermaschinen aus der Deadly Viper Assassination Squad. David Carradine wanderte in den Siebzigern in der Serie "Kung Fu" wortkarg über die Fernsehbildschirme und wurde von Tarantino für "Kill Bill" als der namensgebende Oberschurke reaktiviert. Dazu Michael Madsen, bekannt aus Tarantinos Erstling "Reservoir Dogs", der Bills Bruder, den Killer Budd, spielt. Nur Bösewichte ließen sich also auf den reservierten Plätzen nieder und schauten sich zweieinhalb Stunden lang eine ihnen nicht verständliche Synchronversion an. Der Film selbst ist eine höchst zwiespältige Angelegenheit: Zwar ist "Kill Bill, Vol. 2" weit weniger blutig als der erste Teil und legt mehr Wert auf Handlung und Dialog, doch genau diese Dialoge lassen den alten Tarantino-Charme oft vermissen und wirken – besonders bei David Carradine, dessen Rolle ursprünglich Warren Beatty hätte spielen sollen – oft einfach geschwätzig. Der zweite Teil strotzt wie der erste vor Referenzen und Verweisen auf die unerschöpfliche Videothek in Quentin Tarantinos Kopf, aber so beeindruckend die einzelnen Zitate und Sequenzen auch sein mögen: Sie ergeben kein Ganzes. Zu viele der Nebenfiguren (wie beispielsweise der Nightclub-Besitzer, für den Budd arbeitet, oder Bills Vaterfigur Esteban) tauchen kurz auf und verschwinden wieder, bleiben dabei unnötig und nur Effekte. Tarantino zaubert einmal mehr beeindruckende Bilder aus dem Hut (bzw. der Filmsammlung darunter), aber leider kommen viele von ihnen nicht beim Zuschauer an. Sensationell ist vor allem die schauspielerische Leistung von Uma Thurman, die auch in der zweiten Hälfte des Opus wieder regelmäßig leiden muss – mal unter Budd, der sie lebendig begräbt, mal unter ihrem tyrannischen Meister, der sie – gezeigt in einer absolut großartigen Rückblende – das Kämpfen lehrt, mal unter Bills gruseligen Schwafeleien. Kurz: Zusammengenommen ergeben die beiden Teile von „Kill Bill“ ein viereinhalb-stündiges Opus, das sicherlich seinesgleichen sucht und für beinahe jeden Zuschauer etwas im Gepäck hat. Wer von seinem Gefängnisdirektor aber nur ein einziges Mal Kinoausgang in diesem Jahr bekommt, wartet lieber auf Michel Gondrys „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“, den die Kritik ebenfalls bejubeln wird. Aber nicht, weil er ein gigantomanisches Popkulturquiz für Cineasten ist – sondern ganz einfach ein unfassbar guter Film. "Kill Bill, Vol. 2" (Miramax / Bunea Vista) läuft heute in den deutschen Kinos an. Bei Mr. Quiz gibt es schicke Sportjacken und Soundtrack-CDs zum Film zu gewinnen.

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