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Aussichten für Mädchen: heiter und sonnig.

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München, 9.30 Uhr: Der Wind bläst aus Südwest mit 7,9 Kilometer pro Stunde. Außentemperatur: 11,3 Grad Celsius. Im zweiten Obergeschoss der Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes München sitzen Virginia, Melanie, Miriam und Julia. Statt Mathe und Deutsch steht für die Achtklässlerinnen heute „Wetter“ auf dem Stundenplan. Vor ihnen auf dem Tisch: Ein weißer Metallkasten mit Schreibarm und dicker Papierrolle und ein halber, offener Globus, in dessen Mitte eine Glaskugel ruht, die an die drei Kilo schwere Metallkugel erinnert, die man als Mädchen bei den Bundesjugendspielen wuchtet. Die vier Achtklässlerinnen haben beide Geräte noch nie gesehen. Das erste ist ein Thermohygrograf, ein Registriergerät, wie es manchmal auch in den Ecken von Museumsräumen steht. Es misst Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Das zweite Gerät ist ein Sonnenscheinautograf. In eine Schiene kommt ein schwarzer Kartonstreifen mit aufgedruckter Zeitskala. Sobald die Sonne scheint, wirkt die Glaskugel wie ein Brennglas und fräst ein Loch in den Karton. Am Ende des Tages kann man anhand des eingebrannten Streifens sehen, wie lange die Sonne geschienen hat. „Ganz einfach, oder?“ fragt Iris Heinemann von der regionalen Messnetzgruppe. Die Mädels nicken brav. 120.000 Plätze - und alle belegt Virginia, Melanie, Miriam und Julia mussten sich ihren Platz für den Girls’ Day selbst suchen. Auf der Homepage gab es über 7.000 Angebote: Vom Schweinehüten auf dem Bauernhof über eine Betriebsführung bei BMW bis hin zur Kautschukverarbeitung. Fast 120.000 Plätz standen für Mädchen der Klassen fünf bis zehn bereit. Die bundesweite Koordinierungsstelle des Girls’ Day spricht von einem "erneuten Beteiligungsrekord“. In diesem Jahr waren in München zum Beispiel bis auf wenige Ausnahmen alle Plätze belegt. „Eine Freundin von uns hat auf der Homepage gekuckt, was es in München für Angebote gibt. Das hier klang interessant, es waren noch Plätze frei und wir haben uns beworben“, erzählt Miriam. Das mit der Schulbefreiung habe auch geklappt, „die Gleichstellungsbeauftragte unserer Schule hat uns ermutigt mitzumachen.“ Laut Statistischem Bundesamt haben Mädchen im Durchschnitt bessere Schulabschlüsse als ihre männlichen Klassenkameraden – trotzdem entscheiden sich sie sich in ihrer Ausbildungs- und Studienwahl überproportional häufig für „typisch weibliche“ Berufsfelder oder Studienfächer, sagt Ilka Windisch von der bundesweiten Koordinierungsstelle. „Es ist immer noch so, dass sich über 50 Prozent der Mädchen für nur zehn Ausbildungsberufe entscheiden und da ist keiner aus dem technischen Bereich dabei.“ Stattdessen: Klassiker mit geringen Aufsteigschancen wie Verwaltungsfachangestellte, Floristin, Kauffrau im Groß- und Außenhandel. Ob Meteorologin der richtige Beruf für Miriam ist? Das Gesicht der 14-Jährigen ist ein einziges Fragezeichen. „Ich weiß noch nicht, was ich später werden will ... ich bin ja auch erst in der achten Klasse, da hat man ja noch Zeit. Vielleicht mache ich was mit Sprachen, ich spreche ja auch türkisch...“. Miriam grübelt auf dem Weg ins nächste Stockwerk. Die „Mobile Messeinheit“ steht jetzt auf dem Programm. „Wir messen direkt vor Ort das so genannte Mikroklima, also das ganz kleine Klima“, erklärt Edda Briehorst. Temperatur, Luftdruck, Wind, Feuchte: Für Gemeinden zum Beispiel, die eine Kläranlage bauen wollen und verhindern möchten, dass ihre Einwohner ständig die Nase rümpfen, ist das wichtig zu wissen. Die Leute in den mobilen Messeinheiten sind in der Natur unterwegs, im Sommer vier Tage die Woche, im Winter ein bis zwei. In ihrem Kellerlagerraum türmen sich Gummistiefel, Skistöcke, Regencapes, Pickel, Ersatzautoreifen. „Man muss schon spontan und gern draußen sein“, sagt Briehorst. Damit die vier Mädels wissen, was bei einer mobilen Messeinheit auf sie zukommen würde, geht`s ab in den Garten, Windmesser aufbauen. Virginia hält den Kompass gegen Norden, und reihum dreschen die anderen drei mit dem Vorschlaghammer auf Heringe ein: Nach einer Viertelstunde steht der Windmesser, mit Ketten an den Heringen befestigt. Ein bisschen krumm, „aber für den ersten Windmesser ist das schon okay“, meint Edda Briehorst.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Nord oder Nord-Ost? Miriam (links) und Melanie bestimmen die Himmelsrichtung. (Foto: Kathrin-Ruther) Dieses unkomplizierte Ausprobieren sei einer der Vorteile des Girls’ Day, sagt Ilka Windisch. „Die Mädchen haben relativ risikolos die Chance, einen Tag in einen Beruf reinzuschnuppern und müssen sich nicht für länger festlegen wie bei einem Betriebspraktikum.“ Sie werden ermutigt, sich Fragen aufzuschreiben und sie dann in den Gesprächen mit den Betrieben auch zu stellen. Der Girls’ Day hat drei Ziele: Erstens sollen Kontakte hergestellt werden, die den Mädchen in ihrer beruflichen Zukunft helfen können. Zweitens soll die Wirtschaft auf die Stärken von Mädchen aufmerksam gemacht werden. Und Drittens sollen die Mädchen ihren Erfahrungs- und Orientierungshorizont erweitern, „und sich für technische Berufe und Berufe im IT- und Handwerksbereich begeistern“, so Windisch. Ausbildung beim Wetterdienst? „Also, der Job gefällt mir“, sagt Miriam kurz bevor sie mit den anderen in der Luftfahrtberatungszentrale Süd verschwindet, um sich eine Flugwetterberatung anzuschauen. Laut Koordinierungsstelle des Girls’ Day erhalten Unternehmen und Organisationen immer öfter Bewerbungen von jungen Frauen, die am Girls’ Day teilgenommen haben. Und Befragungen zeigen, dass über 40 Prozent der teilnehmenden Mädchen sich vorstellen können, in der Organisation oder Unternehmen, in der sie den Tag verbracht haben, ein Praktikum zu machen oder eine Ausbildung zu absolvieren. Mal sehen, ob Virginia, Julia, Melanie und Miriam das in ein paar Jahren machen werden. Bis dahin noch schnell zum Wetter: Für morgen, Samstag den 29. April, prognostizieren die Vier (mit Hilfe von Meteorologin Gisela Böllmann vom Deutschen Wetterdienst) für München folgendes: Dichte Bewölkung, 7 Liter Regen pro Quadratmeter tagsüber und eine Höchsttemperatur von 7 Grad Celsius. Das richtige Wetter, um endlich mal wieder das Zimmer aufzuräumen.

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