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Bücherpaket Nr. 2: Lustige Bücher

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Hinweis: Im ersten Bücherpaket ging es um Sach- und Fachbücher.

Bürger Lars Dietrich - Schlecht Englisch kann Ich gut (rororo) Wer nichts hat, worüber er ein Buch schreiben kann, hat ja immer noch seine Kindheit. Zwar würden wohl wenige Leser die Frage „Möchten sie 232 Seiten über die Kindheit von Bürger Lars Dietrich in der DDR lesen?“ geradeheraus mit „Ja bitte!“ beantworten. Aber solche Vorab-Fragen stellt in der Unterhaltungsindustrie zum Glück niemand. Als kleines Rädchen in Letzterer ist Lars Dietrich manchen ein Begriff, dass seine Wurzeln in der Breakdance-Szene liegen, wissen aber bestimmt nur Fans. Wie es dazu kam, ist nun im Taschenbuchformat nachzuvollziehen – es handelt von Klein Larsens Aufwuchs in der DDR, Potsdam um genau zu sein und in den 80er-Jahren. Das ist über weite Strecken durchaus amüsant und die Banalität des Sujets wird zwar nicht gerade durch Wortakrobatik aber doch maximale Launigkeit wettgemacht. Manche der nebenbei vermittelten Details des Ost-Alltags bringen den Westleser immer noch zum Hihi, zum Beispiel, dass Hamburger als „Grilletta“ auf der Speisekarte geführt wurden. Die vage Ahnung von den Vorgängen hinter der Mauer und das Interpretieren der westlichen Jugendkulturen führten Lars schließlich zur skurrilen DDR-Breakdance-Szene, die im DDR-Jargon als „akrobatischer Showtanz“ firmierte. Wie es dazu kam ist eine nette Geschichte und die richtige Lektüre für einen Paddel-Urlaub in der Uckermark. Nur die vielen privaten Kinderfotos machen das Buch ein bisschen, nun ja, touchy.


Harry Rowohlt - Gottes Segen und Rot Front (Kein&Aber) Gegen die Briefe von Harry Rowohlt ist nichts zu sagen. Es sind schöne Briefe, die vordergründig nur von kleinen Sachen handeln und hintergründig oft lustig das große Ganze anstupsen. Der Autor hat als Faktotum der Nation reichlich Gelegenheit, bekannten und unbekannten Menschen Briefe zu schreiben und es ist toll, mit welcher Sorgfalt er formuliert und pointiert, sich Wörter ausdenkt und Wendungen zusammenführt. Man bekommt große Lust, wieder mal richtige Briefe zu schreiben - die bei Rowohlt übrigens meistens Faxe sind. Damit ist auch einigermaßen glimpflich zu erklären, warum diese Briefe überhaupt hier in Buchform vorliegen. Denn ein Mensch, Faktotum oder nicht, der seine Postbriefe mit dem Hintergedanken kopiert, dass daraus bald ein Buch wird, den möchte man nicht so gerne gut finden. Und bei aller Sympathie für den großartigen Vorleser und Übersetzer Rowohlt, außer ein paar Lesesekunden absurd lustiger Wunderlichkeit (insgesamt vielleicht eine Minute) bietet dieses Buch keinen Mehrwert. Veröffentlichte Briefwechsel funktionieren ja nur dann für Leser richtig gut, wenn sich damit tatsächlich eine gewisse Epik in der Beziehung zweier Menschen verfolgen lässt. Hier handelt es sich meistens um briefliche Einbahnstraßen, toll formuliert, aber eben doch nur kleine Briefe.


Nicolas Mahler - Längen und Kürzen (Luftschacht Verlag) Unkonventionelle Buchfüllungen sind ja eher mit Vorsicht zu genießen. Wenn es aber mal, wie in diesem Fall, funktioniert, ist das Erlebnis gleich doppelt hübsch. Was Herr Mahler hier veranstaltet ist gar nicht so leicht zu beschreiben: Er zeichnet einen puristischen Comicstrip, in dem es um einen Verleger, seinen Schreibtisch und den Autor hinter dem Schreibtisch geht. Das ist schon mal irgendwie auf eine nicht lustige Art lustig. Zwischen diesen sehr ausgedehnten Szenen gibt es ein paar Notizen vom Autor, die ihrerseits das Entstehen eines Romans darstellen und zusätzlich welche, die dieses Romanschreiben in Briefen besprechen. Das sind dann also E-Mails, die so beginnen: „Liebe Dorothee, ich war heute auf einer sogenannten Schriftstellerparty, und es hat mir überhaupt nicht gefallen. (…)“ Der Ich-Erzähler berichtet von den Fortschritten und schließlich auch dem Leben mit seinem Roman, aber Dorothee antwortet leider nie, was den Briefeschreiber immer trotziger werden lässt. Am Schluss schreibt er noch ein paar Gedichte, randvoll mit Unsinn. So ist das, ein komisches Buch, aber tatsächlich urnett, wie man in Wien, wo das Ganze herkommt, wohl sagen würde.


Titanic – Das Erstbeste aus 30 Jahren (Rowohlt Berlin) Irgendwie ist die Titanic ja ein Jungsding. Nicht nur, dass sie überwiegend von Männern gemacht wurde und wird, auch ihre größten Fans dürften Knaben mit gebrauchsfertigen Köpfen zwischen 15 und 35 Jahren sein, die die Mischung aus großer Satire und kleinem Trash, aus erstklassigen Karikaturen und Wurstwitzen kapieren, goutieren und mit der sie ihren kleinen Hunger nach Ungehorsam stillen. Auf diese Mixtur setzt die Titanic seit 30 Jahren ziemlich konstant, wie sich in dem dicken Jubiläums-Handarchiv nachblättern lässt. Eine beste Humorauswahl zu treffen, ist aber eine eher doofe Aufgabe und so wirkt die vorliegende Sammlung auch zum einen bemüht, möglichst viele Aspekte und Formen der Titanic zu streifen und zum anderen, die großen und besonders viehischen Glanzpunkte noch mal zu präsentieren. Letztere haben natürlich nichts von ihrer Brillanz verloren, büßen aber mitunter mangels historischen Kontexts etwas ein. Aus dem gleichen Grund wirken auch die Fotogeschichten, oder die vielen „Ziege Scharping“ und „Birne Kohl“-Memoiren ziemlich verstaubt und bräsig. Da wird dann schnell weitergeblättert, denn weitergekichert wird garantiert bei den Meistern der doofen Zeichnung: Pfarr, Kamagurka oder F.K.Waechter. Von denen hätte auch mehr drin sein dürfen. Für den Preis (25 Euro) ist der Band auf jeden Fall eine schöne Sache. Ein Coffeetablebook für Menschen, die keine Coffetablebooks mögen, gewissermaßen.


Max Goldt – Ein Buch namens Zimbo (Rowohlt Berlin) Die Titanic war und ist ja auch die Heimatbühne von Max Goldt, dessen Kolumnen es mit beharrlicher Genialität von dort bis hin zum Kleist-Preis und omnipräsenter Gutfindung gebracht haben. In den letzten Jahren legte Goldt auch Romane vor, im "Buch namens Zimbo" sind wieder in bewährter Manier Titanic-Kolumnen der letzten drei Jahre versammelt. Aber irgendwie, liegt es an Deutschland oder am ungeneigt Lesenden, sind diese Texte nicht mehr die schaumgeborenen Glanzstücke, die Goldt in den 90ern fortlaufend rauskloppte. Es ist schwer, das mit einem Beispiel zu beweisen, aber dass er sich etwa eine Buchseite lang an dem Widerspruch des Angebots „Exklusive Damenuhr für 29,90“ aufhält, ist etwas unfrisch. Eine neue Erfahrung für den verwöhnten Goldt-Fan: Nicht mehr auf jeder Seite sind zwei Schatzkisten versteckt. Goldts Beobachtungsgabe dringt nicht mehr ganz so ziseliert und scharf in die Falten des Alltags, seine Wortschöpfungen und Abschweife knallen nicht mehr ganz so unverblümt komisch ins Lesehirn. Oder hat man sich nur schon so sehr daran gewöhnt? Ist der Goldtsche-Humor so sehr Allgemeingut geworden, dass er selber weniger strahlt? Fest steht, dass es mit Max Goldt wie mit Sex ist – auch wenn er schlecht ist, ist er immer noch ziemlich gut. Für fünf gelbe Sterne bei Amazon reicht das hübsch gemachte Buch also allemal.

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