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“Dann gründe ich eben mein eigenes Land!”

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ist jetzt meins! Vít Jedlička gründete mal eben sein eigenes Land.

jetzt.de: Herr Jedlička, wie schwierig ist es, in Europa einen Staat zu gründen?
Vít Jedlička: Gar nicht so schwer. Man braucht nur einen Platz, den niemand für sich beansprucht. Und den haben wir zwischen Kroatien und Serbien gefunden.

Und dann?
Haben wir am 13. April 2015 unsere Flagge gehisst.

Hatte denn niemand was dagegen, dass Sie sich  einfach so das Land genommen haben? 
Nein, bisher nicht. Im Gegenteil, die Leute freuen sich, weil wir dem Gebiet mit Konjunktur und neuen Arbeitsstellen einen Aufschwung bringen können. 

Aber offizieller Staat ist Liberland noch nicht. 
Erst erfolgt die Bekanntmachung der Staatsgründung. Wir haben ein Hoheitsgebiet. Wir haben Menschen, die hier wohnen möchten und versuchen, durch diplomatische Gespräche von so vielen Ländern wie möglich offiziell anerkannt zu werden. Auch wenn das nicht in jedem Fall funktionieren sollte, ist es uns wichtig, dass die Leute von unserem Staat wissen. 

Und, schon jemand da? 
Bisher sind hier nur Journalisten und Menschen, die an einer Staatsbürgerschaft interessiert sind. Und Neugierige, die sich informieren wollen.

Wie viele Anfragen hatten Sie  seit der Staatsgründung?
Wir haben schon über 280.000 Registrierungen für eine Staatsbürgerschaft! Die werden wir erst mal bearbeiten und sortieren.

Was glauben Sie: Warum wollen so viele Liberländler werden?
Viele Menschen sind unzufrieden mit den Vorschriften in der EU. Sie glauben, dass die Regierung nicht mehr so stark in das Leben Einzelner eingreifen sollte. Sie wünschen sich ein freieres Leben. Insbesondere die hohen Steuern und die unübersichtliche Bürokratie machen es in der EU schwer, Veränderungen anzustreben. Ich denke, die Leute wollen einen Raum haben, in dem sie ihre Visionen und Ideen in die Realität umzusetzen können.

Wäre es nicht einfacher, die Situation in den bestehenden Ländern zu verbessern, statt gleich ein neues zu gründen?
Ich habe selbst versucht, in der Politik etwas zu bewegen, aber die Gesetzes- und Staatsstrukturen machen es unmöglich, einen anderen Weg einzuschlagen. Wir haben gefordert, die Steuern zu senken und Reformen herbeizuführen, aber wir hatten keinen Erfolg. Meine Gegner riefen mir dann zu, wenn es mir hier nicht passe, soll ich doch meinen eigenen Staat gründen. Irgendwann habe ich das dann eben ernstgenommen und gesagt: “Dann gründe ich eben mein eigenes Land!”

Kann dort jeder Staatsbürger werden?
Es kann prinzipiell jeder rein, außer Nazis, Kommunisten oder andere Extremisten. Aber wir wählen schon die Leute aus, die wir für besonders geeignet halten: Menschen mit einer Vision, die helfen können, das Land mit ihren Fähigkeiten aufzubauen. Die die Idee der freien Marktwirtschaft teilen, die sich für Demokratie, Freiheit und Toleranz begeistern können.

Sie sprechen von Demokratie, Freiheit und Toleranz – muss es nicht auch politische Strukturen geben, die das garantieren?
Natürlich werden wir die klassische Gewaltenteilung beibehalten: Judikative, Exekutive und Legislative. Zudem glauben wir fest an die Demokratie und an die Menschenrechte. Liberland soll ein Gebiet sein, in dem alle Menschen in Frieden und Freiheit miteinander leben können, ohne diskriminiert zu werden. Wir würden gerne in das Freihandelsabkommen der EU, denn damit hätten wir eine Möglichkeit, unsere Wirtschaft aufzubauen.

Steuern soll es aber nicht geben. Wie kann das funktionieren? 
All unsere Projekte auf Liberland werden durch Crowdfunding auf Kickstarter finanziert. Wir haben schon mehr als 500 Sponsoren, meistens Privatpersonen, aber auch Unternehmen und Vereine aus aller Welt. 

Und, wohin fließt das Geld zuerst?
Davon renovieren wir erstmal das einzige Gebäude auf Liberland: unser Regierungsbüro.


Text: dilek-ozyildirim - Illustration: lisa-marie-prankl

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