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Das A bis Z des Umzugs

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A wie Altbau Nasser Traum der meisten Wohnungssuchenden, die Räume in Stuck, Fischgrätenparkett und verspielte Kamine mit Kacheln aus Meißen vor dem geistigen Auge sehen. In Wahrheit bedeutet Altbau in 50 Prozent aller Fälle: Auf dem Parkett liegt Laminat, die Kacheln in der Küche tragen Gemüse-Abbildungen und in der Toilette wächst Moos – aber macht nichts, sagt der Makler: „Das kann man sich schön herrichten!“ Die andere Hälfte der Altbau-Wohnung sieht aber in der Tat so aus wie im Traum. Allerdings hat die Wohnung noch einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Balkon, einen Stutenmilch-Jacuzzi sowie Klobrillen aus Mahagoni – sie kostet ja auch 1800 Euro kalt bei 80 qm. O-Ton Makler: „Ein echtes Schnäppchen!“

B wie Bananenkiste Ewiger Geheimtipp und ein guter dazu. Wer je die Bibliothek eines Geisteswissenschaftlers im 14. Semester umziehen musste, weiß um das Gewicht und die hartnäckige Sperrigkeit einer Büchersammlung. Normale Umzugskartons fassen nur einen Bodensatz an Büchern – wird es mehr dann brechen sie (und die Träger auch). Bananenkisten haben genau die richtige Größe, sind gut zu tragen, stabil und schützen die Folianten – nur leider sind sie genau deswegen so rar. Wer nicht zwischen den Abfallcontainern der Metro wohnt, darf sich auf eine lustige Bananenkistenralley durch die Discounter der Stadt einstellen – gerne auch wochenlang mit einer Null als Ergebnis. Die Suche nach den blöden Kartons gerät dann zu einer regelrechten Manie, hinter der andere Umzugsvorbereitungen zurück stehen. Nächtens träumt man von der BILD-Schlagzeile „Deutsche, esst mehr Bananen!“, tagsüber versucht man ein Verhältnis mit der Plus-Verkäuferin anzuzetteln – bis die irgendwann verrät, das Bananen nur noch „Bio“ im Sortiment sind und deswegen in einer grünen, wieder verwendbaren Plastikkiste angeliefert werden. Die wäre zwar auch sehr geeignet, sie einfach mitzunehmen erfüllt allerdings den Bestand einer Straftat.

C wie Couch Vor drei Jahren für die WG per Zweithand gekauft, super gefunden und viele tolle Stunden darauf vergammelt. Jetzt löst sich die WG auf und einer muss sich der Couch erbarmen. Heißt: entweder mitnehmen oder entsorgen. Doof, dass alle auf einmal ein „echtes“ Leben anfangen wollen und deshalb nicht gewillt sind, die alte Couch mitzunehmen. Das muss alles schön sauber und neu sein. Also erbarmt man sich, nimmt sich vor, sich darum zu kümmern. Am Ende nimmt man sie doch mit in die neue Wohnung, weil man es vergessen hat, sich wirklich darum zu kümmern. Dort kommt sie direkt in den Keller und modert dann so lange vor sich hin, bis man wieder ausziehen muss.


D wie Detlef So heißt meist ein Typ, der bei einer Umzugsfirma arbeitet und am Wochenende auf eigene Rechnung den Laster der Firma „leiht“ und dann schwarz noch Geld dazu verdient. Gut daran: ist viel billiger als ein normales Unternehmen. Nachteil: ist unzuverlässig, nicht versichert und ohne Skrupel. Tritt auch gerne in Banden auf, dann unter dem Namen „4 Starke Männer, 1 LKW“.

E wie EBK Kisuaheli ist leicht zu lernen gegenüber den Abkürzungen, die Immobilienmakler in ihren Anzeigen verwenden. Die berühmte Einbauküche EBK ist da noch das einfachste – aber wer weiß schon, dass 1ZKBB „1 Zimmer mit Küche, Bad und Balkon“ heißt, wogegen 1ZKBT für „1 Zimmer mit Küche, Bad und Terrasse“ steht und 1ZKDB für „1 Zimmer mit Küche, Diele und Bad“. Weitere grenzdebile Abkürzungen: WWB (Warmwasserbereitstellung), HMV (Hauptmieter-Vertrag), MKM (Monatskaltmiete).

F wie Freunde Wie wichtig Freunde wirklich sind, wird selten so deutlich wie beim Umzug: Ohne zwei Dutzend Kumpel (oder eine veritable Großfamilie) ist das Umziehen nicht zu schaffen – außer man gibt genug Geld aus, die Umzieher-Brigade anzuheuern. Dann lieber drei Doppelzentner Kartoffelsalat machen, Buletten für alle und drei Träger Bier – dann wird der Umzug mit Freunden auch richtig lustig. Eiserne Regel aber: Gegenstände, an denen man hängt, wirklich immer selbst die Treppe rauf tragen und verstauen – nichts stört eine Freundschaft mehr als eine Waschmaschine, die unglücklicherweise direkt auf der Tüte mit den raren Schellack-Platten aus den 20ern abgestellt wird.


G wie Gewalt Gewalt ist, klaro, ultima ratio – aber wann bitteschön gelangt man so schnell an dieses Limit wenn nicht beim Auseinander- bzw. Zusammenbauen angeblich idiotensicherer Möbelkonstruktionen? Gegen das Zerlegen eines gewöhnlichen Schranks vom Möbeldiscounter erscheint das Entschärfen einer Atombombe unter Zeitdruck, wie Jack Bauer von „24“ und andere Superhelden es tagein, tagaus tun müssen, wie ein Kinderspiel – deswegen liegt auch die Lösung nahe, wenn der Toleranzlevel überschritten ist: Dann hilft nur noch Gewalt. Leider sind die Ikea-Steckschrauben auch mit einer Schnellfeuerwaffe nicht aufzubekommen, weswegen die Schübe von Aggression, die einen beim Auf- und Abbau während des Umzugs begleiten, besser anders bekämpft werden – einfach allein die Waschmaschine aus dem Erdgeschoss rauf tragen, das hilft.

H wie Hochbett Natürlicher Lebensraum von Menschen, die auf Wohnungsanzeigen mit der Überschrift „Gemütliche EZW zu vermieten, gerne auch Studenten“ geantwortet haben – auf elf Quadratmetern ist eben nicht viel Platz, wenn schon der Schönfelder oder der Pschyrembel ein Drittel des Wohnraums einnehmen. Dann muss ein Hochbett her, auf dem liegend man sich prima den Kopf anhauen kann. Aber, hoho, es hat ja soviel Charme! Vorsicht aber, wer auf der Suche nach einem neuen Zimmer in einer WG auf ein Hochbett in einer erstklassigen Altbau-Wohnung stößt – er befindet sich höchstwahrscheinlich in einer makrobiotischen, antisexistischen Antiimperialismus-Kommune, in der das Hochbett Ausdruck revolutionärer Notwendigkeit ist, da der Parkett-Boden nur von der antiautoritären Krabbelgruppe der „Roten Hilfe“ benutzt werden darf.

I wie Ikea Ein Umzug ohne vorangehenden oder nachfolgenden Besuch beim schwedischen Möbel-Und-Mehr-Anbieter ist heutzutage kaum noch denkbar – ob man in eine größere Wohnung zieht und nun endlich Platz für den Sessel Sören hat, die Bücher aus dem Billy Regal quellen und man sich ein zweites leistet oder ob einfach nur nach dem Auszug aus der WG die Anschaffung von Geschirr und Besteck ansteht: Bei Ikea ist alles zu finden, was das Umzugsherz begehrt. Plant man mit dem Partner zusammenzuziehen, ist der Ikea-Besuch zudem der optimale Weg, die Grenzen der Beziehung auszuloten – wer einen Ikea Einkauf ohne Streit hinter sich gebracht hat, kann eigentlich auch gleich vor den Traualtar treten. Ehrliche (oder böse?) Menschen behaupten deswegen, das wahre Highlight bei Ikea sei ein anderes: Wenn man sich nach erfolgreichem Einschlichten der Erwerbsgüter im Wagen von Streit, Hektik und dem Gefühl, viel zu viel Geld ausgegeben zu haben, erholt – bei einem oder besser gleich Ein-Euro-Hot-Dogs.


J wie “Junges Pärchen” In der langen Latte der Demütigungen, die ein Mädchen und ein Junge zu durchlaufen haben, die nichts anderes getan haben als sich entschieden, zusammenzuziehen, da ist die Makler-Floskel „Junges Pärchen“ noch die geringste. Junges Pärchen heißt für den durchschnittlichen Makler: Da sind zwei fortpflanzungsfähige Individuen, die doch tatsächlich unter einem Dach wohnen wollen – das stinkt doch nach dem Risiko, das der weibliche Part tatsächlich trächtig wird und dann wg. Mieterschutz die Kanaillen nicht mehr raus zu kündigen sind! In der Sprache von Maklern heißt es auch nie „Freund/Freundin“, sondern immer „Partner/Partnerin“, denn merke – alles ist Geschäft. Richtig lustig wird es aber erst, wenn sich der Makler nach dem Ehestand („Und, wann wird geheiratet?“), der Güte der Beziehung („Und, wie lange halten sie es schon zusammen aus?“) oder der Zeugungsfähigkeit („Und, wie schaut´s aus mit Kindern – ich mein`, Sie sind ja jetzt im besten Alter, nicht wahr?“) erkundigt. In diesem Moment nie daran denken, dass er für solche Unverschämtheiten auch noch Provision bekommt.

K wie Kaltmiete Der faire Preis einer Wohnung. Dann kommen allerdings Gebühren für Müll, Hausreinigung, Blockwart-Prämien und andere Dinge hinzu, von denen noch kein Mensch jemals etwas gehört hat – und schon ist die Wohnung 20 Prozent teurer.

L wie Lieblingstasse Mal angenommen, der Umzug steht deshalb an, weil man sich dazu entschlossen hat, mit dem Freund / der Freundin zusammenzuziehen. Toll, schön, super! Das bedeutet aber auch: Zwei Hausstände werden einer. Oft ein Problem: Einer hat Geschmack, der andere auch, aber einen anderen. Kompromisse werden gefunden, ein schönes Sofa gekauft, die Wohnung eingerichtet. Aber so sehr man sich in der Möbelfrage zurück halten kann, es gibt eine Grenze. Und die ist erreicht, wenn der andere auf einmal von einem verlangt, die alte Lieblingstasse wegzuwerfen. Stattdessen soll man auf einmal aus einem Fingerhut trinken, nur weil der „stylish“ aussieht und es davon sechs gleiche gibt. Ha! Sonst noch was. Die Lieblingstasse bleibt, weil ohne die ist das Frühstück nicht genießbar und man selbst den Tag über erst recht nicht. Klar, die Lieblingstasse hat keinen Henkel mehr und es steht „Oide brumm ned“ drauf. Aber sie repräsentiert etwas – die eigene Geschichte und Menschwerdung. Und wenn das der oder die Geliebte nicht versteht, muss man sich sofort trennen. Vielleicht. Oder man schmuggelt sie heimlich in den Geschirrschrank und hofft darauf, dass der andere seinen Stil-Wahn in der nächsten zwei Wochen zugunsten der Heim-Harmonie aufgibt. Mal schauen, wer mehr Ausdauer hat.


M wie Makler Wer umzieht, darf nicht so sehr am Geld hängen, das bereitet nur unnötig schlechte Laune und wirft Sand ins Entscheidungsgetriebe. Sparsam bleiben klappt eh nicht, bei so vielen Fallen, deswegen: Lieber gleich die gute Farbe kaufen, gleich das Kreppband von Tesa nehmen und den Umzugshelfern zum Bier auch noch ein Essen ausgeben – die paar Euro stören auch nicht mehr und machen das Ganze viel angenehmer. Geld allerdings, Tausender gar, die für nichts ausgegeben werden und die man genauso gut an die Wände der alten Wohnung tapezieren oder auf dem Dach des Umzugslasters vergessen hätte können – das schmerzt auch die robustesten Kapitalisten. Zumal wenn es in die Hände eines seifigen Anzugträgers wandert, dessen einzige Aufgabe darin bestand Anzeigen in Immobilienscout24 hochzuladen, Türen aufzusperren und hochnäsig Selbstauskunftsbögen zu verteilen. Für diese Leistung wäre ein Honorar von 150 Euro absolut angemessen. Dass es genau 1500 Euro sind, die er einstreicht (am liebsten noch bar, bei der Schlüsselübergabe) gehört zu den großen Tragödien der modernen Gesellschaft. Einziger Trost: Die Art, wie sich Makler nach Erhalt des Geldes räudig aus der Wohnung stehlen, lässt darauf hoffen, dass sie sich im Innersten auch genauso mies und gierig fühlen, wie sie sind.

N wie Nachbarn, neue Endlich, endlich ist alles geschafft – da, Dingdong, klingelt die neue Klingel in der neuen Wohnung und wer ist´s? Jahaaaaa, die neuen Nachbarn sind es, die im schlimmsten Fall Brot und Salz vorbei bringen und im besten einen Träger Bier. In Wahrheit wollen sie nur wissen, ob sie mit lauten Sex-Geräuschen zur Tagesschau (die mit Brot und Salz) oder neuen Partner für die hausweite LAN-Party (die mit dem Bier) rechnen müssen/können.

O wie Ordnung Der Umzug steht an, toll! In der neuen Wohnung wird man endlich Ordnung halten, ein Ablagesystem entwickeln, in dem nichts mehr verloren geht, seine Bücher nicht mehr auf dem Boden stapeln, sondern schön nach Größe im Regal ordnen und endlich eine Garderobe aufhängen! Geradezu enthusiasmiert macht man sich daran, einzupacken, da stellt sich das erste Problem: Soll man schon mal aussortieren oder lieber allen Papierkram in Kisten schmeißen? Man entscheidet sich für letzteres, schließlich kann es sein, dass man in der Hektik auch noch die Geburtsurkunde in den Müll schmeißt und dann ist der Jammer groß. Tag X kommt, viele viele Kisten sind in der leeren Wohnung aufgestapelt, man legt sich ins Bett und entwickelt in Gedanken das Ablagesystem. Die Tage verstreichen, die Kisten mit Geschirr, Klamotten und anderem wichtigen Kram sind ausgepackt. Nur die zwanzig Kisten mit der Aufschrift „wichtiger Papierkram“ mahnen verpackt an der Wand. Der erste Monat in der neuen Wohnung vergeht. Schön ist es und so ordentlich. Mal abgesehen von den zwanzig Kisten, die immer noch da stehen. Schließlich, an einem Samstag, gibt man sich einen Ruck: Heute soll das Ablagesystem gemacht werden, eine Kiste wird geöffnet. Ach! Kinderfotos! Schnell in den Schreibwarenladen laufen und ein Fotoalbum kaufen, man klebt so vor sich hin, bis man die Lust verliert und die Kiste wieder schließt. Weitere Monate vergehen. Am Ende verstaut man die Kisten im Keller, bis man die Lohnsteuerkarte dringend braucht. Dann ist großer Ärger gewiss. Im Keller.


P wie Parkverbotszone Wenn das Haus, in das gezogen wird, weder über eine geräumigen Hof noch einen leidensfähigen Gehweg verfügt, stattdessen aber im dicht beparkten Altstadtviertel liegt, führt am „Einrichten einer Halteverbotszone auf Zeit“ kein Weg vorbei. In bürokratiefreundlichen Städten wie München stehen vor dem Erreichen des Einrichtens nicht nur beidseitig bedruckte Formulare, sondern auch die Aufgabe, eine maßstabsgetreue Skizze der Situation vor Ort anzufertigen. Wer das ernst nimmt, sieht sich bald darauf mit einem Meterstab Gehwege und Grünflächen vor der neuen Wohnung ausmessen. Wer stattdessen Behörden richtig einschätzt, skizziert nach bestem Wissen und Gewissen irgendwas und bekomm sieben Werkstage später die Genehmigung zwei Parkschilder aufzustellen – gegen Gebühr natürlich. Die aber schmerzt nicht so sehr wie die langsame Erkenntnis, dass man ja gar keine Parkverbotsschilder hat. Und Stangen zum Aufhängen auch nicht. Und dass man sich dieses Zeug ausleihen muss, zu einem flotten Tagespreis, der noch flotter wird, wenn man die Auflage bedenkt, dass die Schilder 72 Stunden vorher an ihrem Platz sein müssen. All diese hässlichen Kleinigkeiten arbeiten auf einen imposanten Wutanfall am Umzugstag hin, der sich entlädt, wenn trotz Amtsgenehmigung, trotz vorbildlich angebrachter Schilder, trotz 72 Stunden Vorlaufzeit ein silberner Z4 mitten in der teuer erkaufte Lücke parkiert. Immerhin darf man den dann abschleppen lassen.

Q wie Qual vorherrschender Zustand beim Umziehen. Endet aber, wenn man das erste Mal nicht über Bananekisten steigen muss, um ins Bett der schönen neuen Wohnung zu kommen.

R wie Raster Ominöse Suchmethode, die Menschen wie Eltern oder andere Erwachsene für die Wohnungssuche empfehlen: einfach aufschlüsseln, was man alles an Mindestanforderungen an die neue, schöne, große, tolle Wohnung stellt (von Balkon bis Parkett) – und mit diesem Raster dann nur noch in Wohnungsanzeigen nach dem Treffer fahnden. Dumm nur, dass zwischen Anzeige und Wohnung 1. die Realität und 2. der Makler steht.


S wie Selbstauskunft Die Eintrittskarte in jede neue Wohnung. Tarnt sich als harmloses DIN-A4-Blatt, ist in Wahrheit aber ein Dokument, das entweder aus den Zeiten der Rasterfahndung oder der Gestapo stammen könnte: Der künftige Vermieter will nicht nur vollkommen Vernünftiges wie eine Bankverbindung wissen, sondern auch das monatliche Einkommen, den Arbeitgeber, Schufa-Eintragungen, Schuhgröße und die letzten fünf Bücher, die man gelesen hat. Beliebte Fangfrage bei der Generation Praktikum: „Stehen Sie in einem festen Angestelltenverhältnis?“

T wie Tapete Aus diesen Wohnungs-Verschönerungs-Shows im Fernsehen weiß man: Tapeten entfernen ist harte Arbeit und Selbsttapezieren kann zu Nervenzusammenbrüchen führen. Deshalb ist man klug und weiß: Mit dem Sujet Tapete geht man vorsichtig um. Nun hat man aber auf dem letzten ebay-Ausflug eine so reizende Fototapete für quasi gar kein Geld ersteigert, darauf ist der Großglockner abgebildet. Also macht man sich doch an die Arbeit und rührt erst einmal den Tapetenkleister wie auf der Packung verlangt an. Dann den Kleister auf die Tapete. Doof, dass man keinen so schicken Tapezier-Tisch hat wie die in der Show. Also kleistert man auf dem Boden. Die paar Spritzer machen nichts, das geht bestimmt mit ein bisschen Wasser wieder raus. Dann die Bahnen an die Wand anlegen. Mist, Wasserwaage in der alten Wohnung vergessen, also Augenmaß. Kann mal jemand helfen? Nein, keiner da, die hat man ja alle weggeschickt, weil sie so genervt haben. Also selbst. Dumm, dass man keine Arbeitskleidung angezogen hat, sondern den schönen Wollpullover. Der hat jetzt eine Kleisterfront und die Tapete ein paar Fusseln, das macht aber nichts, man darf jetzt nicht nachlassen. Die erste Bahn hängt, jetzt müsste es gut gehen. Es läuft auch wirklich wie am Schnürchen, abgesehen von der Sauerei in der ganzen Wohnung. Schließlich: Es ist vollbracht! Man tritt einige Schritte zurück, um das Werk in seiner Gänze zu bewundern. Hm. Der Großglockner hängt tatsächlich, aber irgendwie hängt er auch ganz schön nach rechts. Das verdammte Augenmaß! Und wenn man ganz nah hingeht, sieht man durch die Tapete, wo die Wollfusseln vom Pullover jetzt sind. Der Großglockner als Raufaser-Tapete. Egal. Bei der Einweihungsparty sagt man einfach, dass es Absicht war. Und wer dann noch fragt, bekommt eine patzige Antwort. Und nach zwei Monaten hat man sich sowieso an dem Bergpanorama satt gesehen und es kommt runter. Dann wird es aber erst richtig ätzend.

U wie Ummelden Ist so was wie die Diarrhöe des Umzugs – gerade wenn man denkt, uff, jetzt ist alles überstanden, geht es noch mal richtig los: Das Einwohnermeldeamt will wissen, wo man jetzt wohnt, dann noch das Finanzamt und ein Dutzend andere Behörden, die Bank muss informiert werden und der Sportverein und außerdem natürlich auch der Patenonkel, der weiter jeden Namenstag Konfekt schicken möchte. Oberste Regel dabei: Die Telekom wird auch noch drei Monate nach dem Unzug die Rechnung an die alte Adresse schicken – die einzigen, die aber sofort die neue Adresse haben und sie munter beschicken, sind die Anbieten der Gewinnspiele, auf deren Briefumschläge immer dick und fett „Persönlich!“ geschrieben steht.


V wie Verbrüderung Unerklärlicher Effekt, der sich in urbanen Ballungszentren wie Hamburg oder München zeigt, wenn man nach drei Monaten Wohnungssuche andere Suchende beim Besichtigungstermin schon mit Handschlag begrüßt – aus Konkurrenten werden auf eine seltsame Weise Verbündete. Kann klasse sein, wenn ein Makler mal ein richtiger Depp ist: Es ist schon vorgekommen, dass er dann allein gegen eine Front von 30 Suchenden stand. Dumm nur, dass am Ende dennoch immer nur einer die Wohnung kriegen kann.

W wie Weißeln Gerne auch liebevoll „Malern“ genannt. Der possierliche Ausdruck kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich hierbei neben dem Schleppen von Kisten und dem Umgang mit Maklern um die schwerste Disziplin im Mehrkampf „Umzug“ handelt. Dummerweise kann man eine Wohnung in einem Jahr richtig runterrocken und wird dennoch keine neuen Fußböden oder Bäder einbauen müssen – aber gestrichen werden muss immer. Tipp: Löcher in der Wand lassen sich kurz vor der Übergabe mit Zahnpasta verschließen – wenn man sie dann überstreicht, hält es, bis die Übergabe vorbei ist. Wahre Helden benutzen aber natürlich Moltofill oder andere Quetschkommoden-Füllmaterialien, bevor sie streichen.

X wie 34 x 31 x 33 Im Grunde sind 80 Prozent eines Umzuges Mathematik: Wie viele Bücher bringe ich in meinen 34 x 31 x 33-Standard-Umzugskarton, ohne dass er beim Anheben durchbricht? Wie groß darf der Küchentisch sein, den ich bei ebay ersteigert habe, ohne dass ich in Zukunft beim Kühlschrank öffnen zwischen Wand und Tisch eingeklemmt bin? Was ist die ideale Griffhöhe meines Wandregals? Mit wie viel Frauen kann ich in einem 2 m x 1, 80 m Bett schlafen und mit wie viel mehr in einem 2m x 2m Bett? Wie viele Kubikliter Farbe passen an meine Wand? Wie viele Dübel muss ich in die Decke schrauben, damit meine Hängematte hält? Und vor allem: Wie viele Quadratmeter sollte meine neue Wohnung mehr haben, damit sich der ganze Aufwand überhaupt lohnt?


Y wie Y-Chromosom In archetypischen, durch den langen Lauf der Evolution tief ins Erbgut gebimsten Situationen wie dem Umzug erwacht bei Trägern des Y-Chromosoms das Tier im Mann: Plötzlich denken sogar Männer, die als größtes Werkzeug bislang einen Spargelschäler in der Hand hatten, dass sie mit dem Schlagbohrer umgehen und diesen Trafo an der lustigen Leitungskonstruktion für die Lampengirlande auch ohne Hilfe anschließen können. Am Ende sieht dann die Wand, an der er „nur mal kurz“ sein Lieblingsbild aufhängen wollte, so aus wie der Eingang in die Mine „Prosper Haniel“. Trägerinnen eines Doppel-X-Chromosoms müssen in diesen Situationen ganz behutsam sein, weil von tragenden Strukturelementen gedemütigte Männer dazu neigen, Streit vom Zaun zu brechen.

Z wie Zentralheizung Hinter Flugverkehr, Braunkohleblockkraftwerken und Milliarden von Kuhmägen mitverantwortlich für den Klimawandel, ist die Zentralheizung dennoch das kleinere Übel zu anderen Heizmethoden wie Kohleöfen, Gasbrennern oder elektrischen Heizdecken. Texte: christina-kretschmer , max-scharnigg , roland-schulz , kristin-matousek , barbara-wopperer , dirk-vongehlen , durs-wacker Illustration: marcus-holzmayr

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