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Das soziale Netz

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Während wir vor unseren Rechnern sitzen, wird in Brasilien der Regenwald abgeholzt, Kinder in der Dritten Welt leiden an Hunger und Millionen Menschen fehlt eine ärztliche Grundversorgung. Dabei ist Helfen heute so einfach wie noch nie zuvor – man muss noch nicht einmal den Schreibtisch verlassen: Bei sozialen Seiten im Netz werden Spenden gesammelt indem man auf Werbung klickt oder einfach nur einkauft. Aber nicht jede Seite hilft auch wirklich, sagt Burkard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen DZI. Das DZI überprüft seit 1991, ob NGOs ihre Spendengelder auch sinnvoll verwenden. Ist das der Fall, bekommen sie ein Spendensiegel. Für soziale Seiten im Netz gibt es so ein Siegel noch nicht. „Dafür sind sie viel zu unterschiedlich“, sagt Wilke. Und es gibt noch mehr Probleme: Die Betreiber sind selten große Organisationen, man muss also darauf vertrauen, dass das Geld auch wirklich dort ankommt, wo es hin soll. Und oft wird auch nicht verraten, wie viel man als Einzelner tatsächlich geholfen hat mit einem Klick oder einem Einkauf. Das kann im schlimmsten Fall sogar einen negativen Effekt haben, sagt Wilke: „Man hat das Gefühl etwas Gutes getan zu haben und jetzt nicht mehr regulär spenden zu müssen, dabei ist der Effekt, den solche Seiten haben, oft nur ganz minimal“. Damit soziales Surfen sinnvoll ist, haben wir vier Seiten einem Check-Up unterzogen. Beispiel 1: Die Waldseite

Einmal auf den „Stop“ Button drücken – und schon geht es dem Wald ein bisschen besser. Seit 2001 sammelt die Waldseite Geld, um die Abholzung des Regenwalds in der ganzen Welt zu stoppen. Für jeden Klick auf das digitale Stop-Schild bekommt die Organisation „Pro Regenwald“ 1,1 Cent - nicht von den Besuchern der Seite, sondern von Firmen, die dort ihre Werbebanner schalten. „Im Moment wird die Waldseite zwischen 1000 und 1500 Mal pro Tag geklickt“, sagt Hermann Edelmann von Pro Regenwald. Zufrieden ist er damit nicht: „Es sollten mindestens 10 mal so viele sein, aber wir können uns aufgrund begrenzter Kapazitäten nicht sehr viel mehr um die Seite kümmern“. Tausend Besucher pro Tag, 1,1 Cent für pro Werbebanner – nach der Großspende, mit der man den Wald retten kann, klingt das erstmal nicht. Trotzdem hat Pro Regenwald über die Jahre hinweg fast 80 000 Euro gesammelt. Aber Spendensammeln, sagt Hermann Edelmann, ist auch gar nicht das einzige Ziel, dass die Waldseite hat: „Mindestens genauso wichtig ist uns, dass derzeit täglich 1000 Menschen an den Regenwald denken. Das ist doch ein tolles Ergebnis, auch wenn es natürlich noch mehr sein könnte“. Siehe auch: Thehungersite.com Was passiert mit dem Geld? Sieben Prozent bleiben bei Pro Regenwald als Verwaltungskosten, der Rest geht an Projekte zur Wiederaufforstung und zum Schutz noch bestehender Wälder. Was sagt der Experte? Burkard Wilke vom DZI: "Im Prinzip ist so eine Seite schon gut, aber man muss als Spender aufpassen, dass man sich nicht verzettelt. Manchmal ist es besser, sich eine einzelne Organisation zu suchen, und diese dann mit Spenden zu unterstützen." Auf der nächsten Seite: Forestle und grüne Suchmaschinen


Beispiel 2: Forestle und grüne Suchmaschinen

Wer war nochmal gleich der Sänger von The Who? Google weiß es. Jeden Tag fragen wir den Suchmaschinen-Giganten um Rat, dutzende, manchmal hunderte Male. Wer für seine Suchanfragen statt Google aber Forestle, Znout oder Ecosia benutzt, der wird nicht nur klüger, sondern rettet laut dem Seitenbetreiber auch noch ein bisschen die Natur. Alle drei grünen Suchmaschinen gehören Christian Kroll. „Nach meinem BWL Studium hab ich erstmal eine Weltreise gemacht“, erzählt der 26-Jährige. „In Nepal habe ich mich dann mit Suchmaschinen beschäftigt und in Argentinien mit dem Regenwald“. Warum also nicht beides zusammenbringen? 2008 gründete Kroll Forestle: Statt das Geld aus den Werbebannern bei den Suchergebnissen zu behalten, wird es bei Forestle gespendet, um den Regenwald zu retten. Kroll rechnet pro Suchanfrage mit 0,1 Quadratmeter. Am Anfang hatte Kroll noch die Unterstützung von Google, aber das Unternehmen sprang ab. Kroll tat sich mit Yahoo zusammen, machte mit „Znout“ noch eine weitere, CO2 neutrale Suchmaschine auf und gründete 2009 auch noch „Ecosia“, die ähnlich funktioniert wie Forestle, aber international ist. Siehe auch: ecosearch.org, afroo.org Was passiert mit dem Geld? Bei Forestle kommen alle Einnahmen minus 10 Prozent Verwaltungsgebühren der Organisation The Nature Conservancy zu gute. Bei Ecosia kriegt der WWF die Spenden und Znout macht die Energie, die für eine Suchanfrage verbraucht wurde, wieder CO2 neutral. Was sagt der Experte? Burkard Wilke vom DZI: "Gut ist, dass man sieht, wem das Geld zu Gute kommt und wie viel davon Verwaltungsaufwand ist. Auch die Organisationen, die unterstützt werden, sind seriös. Leider gibt es schon sehr viele Suchmaschinen mit sozialem Charakter – und je mehr es gibt, desto mehr graben sie sich gegenseitig das Wasser ab." Auf der nächsten Seite: Helpedia und Spenden als spaßiges Event


Beispiel 3: Helpedia

Helpedia ist ein Spendenportal, allerdings nicht im herkömmlichen Sinn. Entstanden ist die Idee, als bei einem Oder Hochwasser Spendenaufrufe durch die Medien gingen, erzählt Thomas Stolze, einer der Macher von Helpedia. „Eine direkte Spende ist fad. Wir wollten den Leuten eine Möglichkeit geben, auch Aktionen zu machen, anstatt einfach nur Geld zu spenden“. 2008 ging Helpedia online, seitdem sammeln singende Großmütter Geld für soziale Projekte, Jogger laufen für einen guten Zweck und Kinder spenden ihr Kommunionsgeld. Helpedia bietet dafür gewissermassen die Infrastruktur, und das kostenlos. „Wir sind sammeln nicht die Spenden, wir sind nur das Werkzeug“, erklärt Stolze. „Spenden soll Spaß machen, aber trotzdem seriös sein – bis jetzt klappt das ganz ok, leider kennen uns aber immer noch viel zu wenige“. Siehe auch: betterplace.org Was passiert mit dem Geld? Wer eine eigene Aktion macht, kann sich das selber aussuchen. Was sagt der Experte? Burkard Wilke vom DZI: "Helpedia ist sicher sehr innovativ. Es ist klar, wie die Seite funktioniert, vielleicht wäre es aber nicht schlecht, ein paar Tipps zu geben, welchen Organisationen man ohne Bedenken spenden kann. Grundsätzlich finde ich die Idee aber gut: Geld und Sachspenden können sinnvoll sein, Zeitspenden sind aber auch sehr wichtig." Auf der nächsten Seite: ShopProps und Spenden beim Shopping im Netz


Beispiel 4: ShopProps

Einkaufen ist manchmal schlecht für den Geldbeutel, bei ShopProps aber immerhin gut für die Welt und die Gesellschaft. Seit März ist die Seite Online, wer über das Portal etwas bei einem der beteiligten Online-Shops kauft, bekommt einen Bonus, der dann gespendet wird. Harald Wagner hat das Projekt gegründet, die Idee kam ihm bei einer Fernsehspendensendung. „Alle NGOs tanzen um den gleichen Kuchen, also die Spender“, erzählt er. Weil bei denen aber die Spendenbereitschaft ohnehin zurückgeht, hat sich Wagner einfach einen neuen Kuchen gesucht: Die Boni, die Online Shops ihren Kunden geben. „Die Resonanz ist gut, leider verstehen viele noch nicht, dass man bei uns nicht extra spenden muss – der Einkauf allein macht schon die Spende“. Siehe auch: shop2help.net Was passiert mit dem Geld? Bei ShopProps kann man selber bestimmen, an wen der erkaufte Bonus gespendet wird. User, die keine Organisationen auswählen, spenden automatisch an das Bündnis Entwicklung Hilft, bei dem unter anderem Brot für die Welt und Misereor beteiligt sind. Was sagt der Experte? Burkard Wilke vom DZI: "Durch das System von ShopProps ist sehr transparent, an wen die Spenden gehen. Den Slogan „Dein Kauf spendet“ finde ich aber falsch, denn eine Spende ist es nur dann, wenn ich tatsächlich jemandem etwas von meinem Geld gebe."

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