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Die Stimmen der Revolution
Eslam Hakeem trommelt im Takt auf dem Lenkrad seines gut 25 Jahre alten Fiats. Das Autoradio hat er voll aufgedreht, aber er singt noch lauter mit: „Aisch, Horreya, Adala Igtimaiya.“ Brot, Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Es ist ein Lied der ägyptischen Revolutionäre. Dabei hat er, der Taxifahrer, längst die Nase voll von der Revolution. Die Touristen bleiben aus. Lukrative Fahrten zum Flughafen oder den Pyramiden hatte er seit Tagen nicht. „Aber vielleicht wird es ja nun doch besser.“ Die Musik jedenfalls gefällt ihm.
Der Mann, der dem einfachen Fahrer diesen Rest Zuversicht gibt, heißt Ramy Essam, er hat das Lied geschrieben. Er ist nur einer von einer ganzen Garde junger Musiker in Ägypten, die mit kritischen Texten und einem neuen Stil nach dem politischen System nun auch die Musikszene umkrempeln wollen. Eigentlich, sagt Essam, mache er für die Demonstranten Musik. Als vor genau einem Jahr die Revolution losbrach, stand er als einer der ersten auf dem Tahrirplatz. „Irhal“ also „Hau ab“, sang er auf dem Platz vor Tausenden Menschen an die Adresse des damaligen Diktators Hosni Mubarak. Es brachte ihm viele Freunde und gefährliche Feinde ein. Er wurde gefangen genommen und mit Elektroschocks und Schlägen gefoltert. „Das hat mich nur stärker gemacht“, sagt er heute. Und glaubwürdiger. „Schon vor drei Jahren habe ich meine Lieder gesungen.“ Doch erst seit Beginn des arabischen Frühlings interessieren sich die Menschen für die Musik des 24-Jährigen, der eigentlich Ingenieur werden will. Jetzt hören sie ihm alle zu. „Stimme Ägyptens“ nennen sie ihn in Kairo. Der Revolution verdankt er alles, seine Freiheit und vor allem seinen Erfolg. In dieser Woche wurde sein erstes Album veröffentlicht.
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Ramy Essam, live auf dem Tahrirplatz
Erfolgsgeschichten wie die von Essam kann man derzeit von vielen Musikern hören. Bands wie Cairokee, Taxi oder Iskendrella sind nur die prominentesten Beispiele für ehemalige Untergrundbands, die die Revolution landesweit bekannt gemacht hat. Auch Mahmoud Shawky kann sich dazu zählen. Seit 2004 macht er Musik. Seit einem Jahr füllt er mit seiner Band „Ahwa Sada“ die Clubs und selbst das Kairoer Opernhaus. Und er glaubt zu wissen, warum: „Die Proteste waren ein Einschnitt, ein Neuanfang. Deswegen war es auch Zeit für eine neue Art von Musik.“ Neu, das heißt im Falle seiner Band Einflüsse aus Jazz und Rock. Für europäische Ohren sicherlich nichts Unerhörtes. Auch der Liedermacher-Stil von Ramy Essam oder die Popmusik von Cairokee und Taxi, die teilweise gefährlich an deutsche Schlager erinnern, dürften auf eine westliche Hörerschaft eher vertraut denn revolutionär wirken. Doch in Ägypten ist der Markt über Jahre dominiert gewesen von Schnulzen und Schmachtfetzen mit den immer gleichen arabischen Rhythmen und Melodien. „Die Leute wunderten sich über unsere sozialkritischen Texte“, erzählt Shawky. Mehr als einmal sei er gefragt worden, warum er denn nicht einfach über die Liebe singe.
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