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Eine Produktionsfirma mit Auftrag

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Mittlerweile wirkt George Clooney wie ein guter Bekannter, der einem alle paar Tage über den Weg läuft. Vor und nach der Berlinale, vor und nach dem Start von Syriana grüßte der smarte Botschafter des neuen US - Politfilms von den Zeitschriften-Titeln des Landes und sprach in Interviews von der politischen Verantwortung des Filmemachens. Letzten Sonntag war er wieder da, und wir schüttelten ihm im Geiste die Hand, als er mit der anderen den Oscar fest umschloss. In der kurzen Pressekonferenz am Rande der Oscarverleihung waren Terri Hatcher, die amerikanische Regierung und die Renaissance des engagierten US - Films von Belang. Alles wie in den Wochen vorher. Nur eines fehlte. George Clooney erwähnte nicht Jeff Skoll, weder in seiner Acceptance Speech noch vor versammelter Journalistenschar im Backstage Bereich des Kodak Theatres. Jeff Skoll, der Name fiel in vielen Clooney - Interviews irgendwann einmal in einem Nebensatz. Und zwar immer dann, wenn er über die Finanzierung seiner letzten Projekte berichtete oder über die Bedeutung des Mannes hinter dem Namen für das gegenwärtige unabhängige US – Kino. Jeff Skoll ist 41 und Milliardär. Er hat mit einem Freund in den 90ern einen Online Flohmarkt gegründet, und als Ebay lief, verkaufte er seine Anteile und hatte auf einen Schlag noch mehr Geld als er eh schon besaß. Nun hätte er sich zur Ruhe setzen und seinem Vermögen beim Wachsen zuschauen können, doch Skoll wollte etwas Sinnvolles tun. Er gründete 2004 Participant Productions, eine Filmproduktionsfirma mit Sitz in Beverly Hills. „Die Leute gehen traditionell wegen dem Geld oder dem Glamour nach Hollywood. Ich mache das, weil ich glaube, dass Filme und Dokumentationen ein wunderbarer Weg sind, die Welt zu verändern“, sagte Skoll in einem Interview mit dem Time Magazin. Und das ist nicht einfach so dahin gesagt. Skoll ließ Filme wie Hotel Ruanda oder Ghandi ins Arabische synchronisieren, um einen Beitrag zum Friedensprozess im Nahen Osten zu leisten. In den Statuten von Participant Productions steht explizit, dass von der Firma nur Filme produziert werden, die auch eine gesellschaftliche Relevanz haben. Die Stoffe werden nicht nach dem möglichen Profit, sondern nach der politischen Botschaft ausgesucht. Dabei ist der Entertainment Faktor nicht unbedeutend. „Wir bemühen uns erst einmal unser Publikum zu unterhalten, danach laden wir es ein mit uns etwas zu ändern“, so lautet ein Teil der Firmen – Philosophie. Politisches Kino mit Star-Besetzung Participant–Filme sind keine einfachen Agitprop-Streifen, sondern Kino mit Star-Besetzung, hervorragenden Drehbüchern und liberaler Haltung. So direkt und eindeutig politisch wie das amerikanische Kino in den 70ern war. Als Warren Beatty noch ein Revoluzzer, Bogdanovich, Malick und Coppola groß waren, zu Zeiten von New Hollywood. Nur sind die Themen nicht mehr Vietnam oder die sexuelle Befreiung, sondern andere. In North Country mit Charlize Theron und Frances McDormand geht es um sexuelle Belästigung und Unterdrückung von Frauen am Arbeitsplatz, in Syriana mit Matt Damon und George Clooney um die undurchschaubaren, korrupten Verflechtungen im internationalen Ölgeschäft, in Good Night And Good Luck um das Ende der Meinungsfreiheit in der McCarthy – Ära. Parallelen zur derzeitigen Situation in den USA sind in Clooneys schwarz–weiß Kammerspiel nicht zufällig. Alle drei Filme sind zur Hälfte von Participant finanziert, den Rest übernahm Warner Bros., das die Filme auch vertreibt. Es ist für Participant aber nicht damit getan, einen kritischen, aufrüttelnden Film ins Kino zu bringen. An jeden Film ist eine Kampagne gekoppelt. Auf der Seite participate.net kann man sich an Aktionen und Diskussionen beteiligen. Syriana wird z. B. zum Anlass genommen, einen Aufruf an die Verantwortlichen der Energieindustrie und der Regierung zu richten, die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren, zugunsten alternativer Energieträger. Participate.net bietet ein Diskussionsforum an, gibt Tips wie man Energie sparen kann. Und man kann von der Seite aus einen Protest - Brief an die Aufsichtsratvorsitzenden von Exxon und Chevron und an den Kongress schicken. Verschiedene NGOs und Non Profit Organisationen beteileigen sich an den Kampagnen, bei der Syriana–Kampagne z. B. das National Resources Defense Council und die Umweltorganisation Sierra Club. Der von Participant produzierte Film wird zum Nukleus politischen Protests, der dann von der Plattform participate.net gebündelt und aufs Ziel gerichtet wird. Die Kasse muss stimmen Laut Meredith Burke, der Vizepräsidentin von Participant, wird bei ihrer Firma der Erfolg eines Films weniger nach seinem Einspielergebnis als nach seiner Wirkung auf die Öffentlichkeit gemessen. North Country müsste dann, obwohl er bis jetzt nur ca. die Hälfte seiner 35 Millionen Dollar Produktionsbudget einspielte, als Erfolg bezeichnet werden. Denn in einer Umfrage von New York Women in Film & Television wurde der Film über den Kampf einer Frau für die Gleichberechtigung der Arbeiterinnen in den Minen Nord Minnesotas zum wichtigsten Film für Frauen 2005 gewählt. Wie viele Kassenflops sich aber ein co-produzierendes Studio wie Warner Bros. leisten will, ist fraglich. Denn bei allem politischen Engagement ist es großen Studios am Ende wichtig, dass die Kasse stimmt. Bei Syriana und Good Night And Good Luck hat das gut geklappt. Alle sind glücklich. Sollten aber die nächsten Projekte schlecht laufen, könnte die Stimmung kippen, Participant steht ohne Vertrieb da und muss seine Filme komplett alleine finanzieren. Davon ist aber erst einmal nicht auszugehen. Participant Produktionen waren für elf Oscars nominiert. Und der nächste Politkino–Knaller steht in den Startlöchern: Richard Linklaters neuer Film Fast Food Nation über die Welt des industriellen Schlachtens, die Herstellung flacher Brätlinge und die Ausbeutung mexikanischer Einwanderer mit Ethan Hawke und Avril Lavigne. In ein paar Wochen werden wir wieder vermehrt George Clooney im Einsatz erleben. Im Auftrag der guten Sache, als Propaganda – Minister für Participant und den amerikanischen Indie – Film. Es gibt niemanden, der den Spagat zwischen smartem Entertainment und politischer Botschaft, zwischen Yellow Press und Feuilleton so gut hinbekommt wie er. Er vereinigt Mainstream und Abseitiges und ist deswegen als Repräsentant für Participant genau der Richtige und unbezahlbar. Anfang April läuft in Deutschland Good Night And Good Luck an. Foto: Reuters

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