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Früher war alles besser oder: Das große Großeltern-ABC
Autofahren
"Ich fahre du guckst!" So lautet häufig die Arbeitsteilung von Opa und Oma hinterm Steuer. Das Einbahnstraßenschild dabei übersehen? "Das war ja auf deiner Seite" sagt Oma patzig. Beim Mitfahren mit den Großeltern gilt also: anschnallen und die Augen offen halten!
Börsenkurse
Häufig entdecken Großväter erst nach der Pensionierung, welchen Spaß sie mit Aktienspekulationen hätten haben können. Die fünf Minuten vor der Tagesschau sind somit Sperrgebiet: niemand darf mehr anrufen, geschweige denn das Essen servieren, denn Opa verfolgt die Börsenkurse. Gerne auch in Begleitung seines Vierbeiners (siehe Hundehalter), der widerspricht wenigstens nicht, wenn das Erbe kurzentschlossen in Telekom-Aktien investiert wird.
Charity-Lady
Gerade im Alter werden Großeltern noch einmal zu Wohltätern. Das beginnt mit den heimlich zugesteckten zehn Euro-Scheinen ("kauf Dir was Schönes"), geht über Armenspeisungen in der Kirche und endet bei missionarischen Tätigkeiten in irgendeinem entfernten Entwicklungsland ("Die Indianer haben sich ja so gefreut, uns zu sehen!" siehe Rassismus). Aber irgendwo doch auch schön, wenn im Alter der Weltrettergedanke der Jugend noch einmal aufkommt.
Do-it-yourself-Oma
Deine Oma ist 110 Jahre alt und wohnt trotzdem noch alleine? Herzlichen Glückwunsch, dann hast du eine "Do-it-yourself-Oma". Dieser Typ Oma hat mit der Pensionierung erst einmal einen Töpferkurs belegt und erfreut dich seit dem jedes Jahr zu Weihnachten mit Nippes zum Hinstellen auf deinen nicht-vorhandenen Kamin (siehe Yoga-Oma). Gerade in der Kindheit sind solche Omas aber auch von unschätzbarem Wert: Du wolltest schon immer wissen, wie man Pappmaché macht? Oma wirft dir 10 Kartons in die Badewanne und lässt sie dich mit den Füßen zermatschen. Deine Mutter wäre ausgerastet, Omas dürfen das.
Ehe
Insofern man noch das Glück haben sollte, beide Großeltern gemeinsam zu erleben, so ist es hoch interessant, wie diese das Wort "Beziehung" interpretieren. Da wird liebevoll über die Wehwehchen des Anderen gelästert, heimlich das Erbe vorzeitig verschenkt oder jeder Streit totgeschwiegen. Und trotzdem raufen sich in dieser Generation die meisten Paare zusammen und verbringen den Lebensabend gemeinsam. Irgendwie auch beeindruckend (siehe Vorbildfunktion).
Früher war alles besser!
... die Kinder gehorsamer, die Menschen dankbarer, der Himmel blauer, die Milch weißer. Von einer ernsthaften Diskussion sei hier abgeraten. Schließlich werden Opa und Oma selbst am besten wissen, dass es nicht stimmt. Es geht ihnen vielmehr darum, sich im Gespräch zu halten.
Guter Rat
... ist bekannermaßen teuer. Aber nicht bei Opa und Oma. Sogar ungefragt gibt es ihn gratis. Opa findet, dein neuer Freund passe nicht in die Familie? Er wird es selbstverständlich bei der Rede zu seiner goldenen Hochzeit einbauen ("Bärbel und ich hatten ja von Anfang an die gleichen Interessen. In heutigen Generationen scheint das nicht mehr von Belang zu sein").
Hundehalter
Gerade nach der Pensionierung entdecken Großeltern häufig noch ihre Tierliebe. Gerne wird dann ein kläffender Dackel zugelegt, der fortan die Familie terrorisiert. Will man diesem dann unterm Tisch heimlich einen kleinen Tritt verpassen, bemerken Opa und Oma das sofort. Umgehend wird Otto (oder wie das Tierchen auch immer heißt) auf den Schoß genommen. "War die Tante nicht lieb zu dir? Armer Otto!"
Iss, Kind!
Der wohl bekannteste Oma-Satz aller Zeiten. Immer verbunden mit der Angst, man könne hungern. Aber gerade für Mädchen auf Diät ist es ja auch mal nett, von der Oma zu hören "Kind, du bist so dünn" und sich danach noch mal Nachschlag von der Schokoladencreme geben zu lassen (siehe Quarkspeise).
Junger Mann, lassen Sie mich durch!
So oder so ähnlich lautet Omas Ansage, wenn sie beim Metzger nicht mehr anstehen möchte. Gerne noch mit einem "ich bin alt und gebrechlich" versehen. Im Anschluss kann sie dann aber quietschfidel ihre Einkäufe selber zum Auto tragen.
Krieg
Man kann es den Großeltern natürlich nicht übel nehmen, dass ihnen die Kriegserfahrungen auf der Seele liegen. Und ein bisschen Geschichtsnachhilfe kann ja auch spannend sein. Aber wenn Opa zum zehnten Mal erzählt, wie heiß der weibliche Feind doch eigentlich war (siehe Sexismus), dann darf man auch mal intervenieren.
Likörchen
Mit Opa und Oma trinkt es sich halt doch am besten. In ihrem Alter wirft ihnen auch niemand mehr Alkoholismus vor, wenn sie nach jedem Essen mit einem "Likörchen" die Verdauung anregen. Das wäre ja auch so ähnlich, als wollte man Helmut Schmidt das Rauchen verbieten.
Müffeln
Um den typischen Großeltern-Wohnungsgeruch zu erzeugen, brauchst du Folgendes:
- Eine völlig überheizte drei-Zimmer-Wohnung
- Eine Katze, die mit Leidenschaft pampiges Dosenfutter frisst
- Stapelweise alte Zeitungen
- Pfeifenmuff (hält sich besonders gut in Vorhängen)
- Klebrige alte Bonbons in Kommoden-Schubladen
Wem das noch nicht reicht, dem sei das Öffnen von Opas heißgeliebten Sardinen in der Dose empfohlen.
Neugierig
Generell gilt: Großeltern wollen alles wissen. Schließlich sehen sie "ihre herzallerliebsten Enkel ja so selten". Anstatt es aber auf einem "bist du glücklich?" beruhen zu lassen, werden gerade von Großeltern mit viel Zeit härtere Geschütze aufgefahren: "Was machen die Eltern deines Partners? Verdienen sie gut? Welche Partei hat er bei der letzten Bundestagswahl gewählt?" Das waren noch Zeiten, als die Berufe noch im Telefonbuch standen...
Ohropax
Die erste Bekanntschaft mit dieser gerade für Festivals nützlichen Erfindung macht man oft bei den Großeltern. Denn Opa schnarcht so laut, dass Oma gar nicht anders kann, als sich die Ohren zu verstopfen. Die leicht vergilbten rosa Propfen findet man dann als Kind auf Omas Nachtisch und denkt unbedarft: "Super, Knete!" Rückblickend irgendwie unschön.
Plüsch
Es gibt sie nirgendwo anders auf der Welt, als bei Großeltern: Plüschige Sofas und Sessel (gerne cremefarben), die mit kleinen Häkeldeckchen verschönert werden. Einmal hineingesetzt, kann man nie wieder aufstehen und muss sich somit wehrlos die nächsten Stunden von Oma mit Kuchen füttern lassen, während Opa aus dem Krieg erzählt.
Quarkspeise
Omas lieben es, ihre Enkelkinder zu mästen (siehe Iss, Kind!). Gerade was Nachtische und Kuchen angeht, ist die Klischee-Oma ganz vorne dabei. Und wenn man seinen Riesenberg Schoko-Quarkspeise nicht aufgegessen hat, gibt es ein zu Tode betrübtes "dir schmeckt's wohl nicht?". Da nimmt man aus lauter Schulgefühl gleich nochmal nach.
Rassismus
Die altbekannte Situation: Opa erzählt am Tisch von früher und erwähnt dabei ganz beiläufig dass das "ja wirklich ein netter Neger" gewesen sei. Den hochkultivierten Enkeln bleibt da erstmal das Stück Sahnetorte im Halse stecken. Man beschwert sich. Erklärt, das sei politisch inkorrekt. Um am Ende doch wieder einzusehen, dass es halt einfach eine andere Zeit war, in der manche Worte noch keinen wertenden Hintergrund hatten. Und irgendwann sieht man auch ein, dass der Opa sich nicht mehr ändern wird. Zumindest nicht in diesem Leben.
Sexistische Witze
Er ist die Kultfigur einer jeden Serie: der grantelige Opa, der erst beim Erzählen sexistischer Witze richtig auftaut. "Kennst du den? Will ein Mann der neu in der Stadt ist, eine Kontaktanzeige in der Zeitung aufgeben. Fragt die Frau in der Anzeigenabteilung: Ein- oder zweispaltig? Sagt der Mann: na sie haben hier aber versaute Sachen, harrharrharr". Für Partner, die neu in die Familie eingeführt werden, ist das anfangs immer ein Schock. Aber es kommt der Tag, an dem man nicht mehr aus Höflichkeit lachen muss. Bis dahin bleibt es bei spießigen Familienessen unterhaltsam.
Tabletten
"Mein Arzt hat gesagt, 13 Paracetamol am Tag seien gar kein Problem" sagt dir Oma und wirft sich eine weitere Tablette ein. Als Kind wolltest du auch immer gerne mal die lustigen bunten Pillen probieren. Da gab's aber stattdessen immer nur Smarties. Mittlerweile bist du vielleicht ganz froh darüber
Uhr
Bei Großeltern tickt die Uhr anders. Entweder, sie sind überpünktlich, da sie für jede Fahrt die dreifache Zeit einplanen oder aber, sie nehmen sich für alles viel Zeit und kommen somit immer zu spät. Gerne rufen sie auch zu unmöglichen Zeiten an, da sie entweder schon morgens ab 6 Uhr wach sind oder ein Dasein als Nachteule fristen und sich dann um 1 Uhr morgens telefonisch mit dem Satz "in deinem Alter war ich um diese Zeit aber noch wach" melden.
Vorbildfunktion
Auch wenn wir es uns ungern eingestehen - man kann viel lernen von seinen Großeltern. Viele haben doch die Erinnerung, wie Opa bei der ersten eigenen Fahrradreparatur half. Oder wie Oma beim Kuchenbacken anleitete. Also: nicht immer nur die nervenaufreibenden Seiten der Großeltern sehen, sondern sich auch über das freuen, was sie einen gelehrt haben.
Waaaas? Ich hör' dich nicht!
Der schwerhörige Opa ist das Klischee schlechthin. Wenn man ihn bittet, den Müll rauszutragen, dann reagiert er mit einem "Kind, du nuschelst so!". Tuschelt hingegen jemand am anderen Tischende über ihn, ist er ganz Ohr: "Aha Carla. Du findest mich also debil. Soso." Heutzutage hat er häufig ein Hörgerät. Das sitzt allerdings nicht richtig und untermalt somit jedes Gespräch mit einem schrillen Pfeifen. Womit wir wieder bei "ich hör' dich nicht" wären.
Xylophon
Wohlwollende Großeltern wollen ihre Enkel möglichst früh fördern. Im für die Eltern schlimmsten Fall überreden sie zum Besuch der musikalischen Früherziehung. Das bedeutet: Xylophon- und Blockflötenunterricht von Anfang an. Und Weihnachten heißt es dann: "Spiel doch mal was Schönes vor!" Nach dreimal "pling" tosender Applaus. Nie war es einfacher, seine Großeltern glücklich zu machen.
Yoga-Oma
Auch eine Oma kann sportlich und dynamisch sein. Heikel wird es erst, wenn sie locker ihren Fuß hinter ihren Nacken lesen kann und einen mit einem freundlichen "hast mal wieder zugenommen?" begrüßt, während man selbst lieber Kekse-in-sich-hineinstopfend auf dem Bett liegen bleiben möchte.
Zahnprothese
Als Kind fühlte man sich ein wenig wie in der Kammer des Schreckens, wenn man das erste Mal dieses gelblich-schleimige Ungetüm im Wasserglas fand. "Was der Opa damit wohl anstellt?" Heutzutage ist einem zumindest klar, warum Opas Zähne trotz dreißig Jahre Kettenrauchens alle Jahre wieder wie neu strahlen.
Text: charlotte-haunhorst - Foto: cydonna / photocase.com