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Gefahren aus dem Chat

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Als ich mich letzten Sommer entschied, an Professor Cukiers Projekt teil zu nehmen, wollte ich eigentlich heraus finden, wie man Computer besser vor Virenangriffen schützt. Konkret ging es um Computer, deren Besitzer öffentliche Chatrooms besuchen. Diese Chats verwenden das „Internet Relay Chat“-System. Das bedeutet, dass Gespräche nicht nur zwischen zwei Leuten stattfinden, sondern Hunderte von Teilnehmern sich gleichzeitig in einem Kanal aufhalten können.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Ziel des Projektes war, den Zusammenhang zwischen der Aktivität eines Chatbenutzers und den Angriffen, denen er ausgesetzt wird, zu untersuchen. Um das zu tun, programmierte ich eine große Menge sogenannter Bots. Das sind kleine Programme, die selbstständig im Netz unterwegs sind und einfache Aufgaben erledigen, die man ihnen gibt. Um die Studie durchzuführen, musste man nämlich mit sehr vielen Benutzern in sehr vielen Chatrooms gleichzeitig sein – das hätte ich alleine nicht geschafft. Meinen Bots gab ich alphabetisch geordnete Namen: Andy, Brad, Cathy. Sie erhielten unterschiedliche Befehle. Manche sollten sich extrem passiv verhalten, andere waren so programmiert, dass sie hin und wieder andere User ansprachen: „Hey, wie geht’s dir“, so was. Immer freundlich jedenfalls. Ich setzte meine Bots also in verschiedene IRC-Chats und ließ sie erst mal machen. In meinen Freistunden besuchte ich sie und schaute nach, wie oft sie angegriffen worden waren. Unter einem Angriff verstehe ich jede Art von unaufgeforderter Kontaktaufnahme. Das können Links und Dateien sein, die Viren enthalten, oder jede Form von Drohung. Auch sexuell explizite Äußerungen wurden als Angriff gewertet. Mir wurde ziemlich schnell klar, dass es keinen großen Unterschied machte, ob ein Bot besonders kommunikativ war oder nicht. Gesprächige User wurden nur unwesentlich häufiger bedroht als stille. Aber eines Tages verglich ich Brads Ergebnisse mit Cathys Bilanz – und Cathy bekam durchschnittlich hundert bedrohliche Nachrichten pro Tag – Brad dagegen etwa drei. Der Unterschied lag also am Geschlecht des Usernamens. Um sicher zu sein, gab ich nun allen Bots die selben Befehle: Sie sollten sich absolut ruhig verhalten und alle immer online sein. Fünf von ihnen bekamen einen eindeutig weiblichen Namen, wie Stephanie oder Irene, fünf waren eindeutig Jungs. Die restlichen vier waren nicht eindeutig zu identifizieren, ich gab ihnen neutrale Namen wie Orgoth oder Stargazer. Die neutralen User wurden tatsächlich häufiger attackiert als Andy und Brad, aber Hauptzielscheibe blieben definitiv die Mädchen. Welche Bedeutung unsere Studie abseits der virtuellen Welt hat? Naja, weibliche Internetnutzer werden ganz offensichtlich eher als Opfer wahrgenommen. Daher raten wir Mädchen grundsätzlich, sich neutrale Usernamen zuzulegen – und sich vor Angriffen auf ihre Person und auf ihre Rechner zu schützen. Denn sexuelle Andeutungen können sich auch auf die reale Ebene übertragen. In den USA gab es in letzter Zeit in Zusammenhang mit MySpace einige solcher Fälle: Mädchen die im Internet Männer kennen lernten und dann beim Treffen von ihnen bedroht wurden. Aber vor allem erhöht sich die Gefahr für die Software! Die Leute haben gar keine Ahnung, was solche Viren mit dem Computer anstellen können. Es sind genügend junge Mädchen im Netz unterwegs, die sich zum Beispiel einfach Musik herunter laden wollen. Die besuchen dann große Filesharing-Foren und bekommen vielleicht gefährliche Links zugeschickt, die unter Umständen ihren PC zerstören. Die dramatischste Erkenntnis der Studie war für mich ehrlich gesagt die Tatsache, dass da draußen so viele Leute herum laufen, die einfach Bock haben, anderen Leuten die Computer zu sabotieren. Deswegen will ich nach dem Studium auch im Bereich Netzwerksicherheit arbeiten. Ich freue mich, dass unsere Studie so viel Aufmerksamkeit erregt hat – jetzt wird den Menschen vielleicht noch stärker bewusst, welchen Gefahren sie ihre Rechner aussetzen. Illu: dirk-schmidt

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