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Google kuscht in China

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Google hat am Mittwoch eine neue Suchmaschine in China gestartet. Mit dem Einstieg in den chinesischen Markt durch google.cn seien zudem signifikante Investitionen in Forschung und Entwicklung verbunden, gab Google bekannt. Das ist schön für Google und schön für China. Weniger schön ist allerdings, was Google gleichzeitig verkündete: „Um in China operieren zu können, haben wir einige Inhalte von den Suchergebnissen entfernt, die google.cn zur Verfügung stellt.“ Im Klartext heißt das: Google zensiert seinen eigenen Suchdienst und filtert politisch heikle Themen aktiv aus der Trefferliste heraus. Als Grund wurden chinesische Gesetze, Vorschriften und Politik genannt. Mit der Selbstzensur folgt Google dem schlechten Beispiel seiner Wettbewerber Yahoo! und MSN Search von Microsoft, die ihre Inhalte in China bereits ähnlich filtern. Vor allem Yahoo geriet letztes Jahr in die Kritik, weil das Unternehmen chinesische Behörden mit Informationen versorgt hat, die zur Verhaftung eines regimekritischen Journalisten führten. Auch Google muss sich nun einiges an Kritik anhören. Bei einem Unternehmen, das sich das schöne Motto „Don’t be evil“ auf die Fahnen geschrieben hat, verwundert das auch nicht weiter. Die Organisation ‚Reporter ohne Grenzen’ sprach denn auch von „Heuchelei“ und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warf Google sogar vor, sich zum Gehilfen eines Unrechtsregimes zu machen, „das das Internet systematisch zur Sicherung der eigenen Schreckensherrschaft missbraucht“. Chinas Metropolen Shanghai und Peking mögen zwar hypermodern glitzern und alles feilbieten, was das kapitalistische und konsumgeile Herz erstrebt, aber mit dem freiem Zugang zu Informationen ist es in China immer noch nicht weit her. Daran ändert auch nichts, dass angeblich an die hundert Millionen Chinesen im Internet surfen und China damit der zweitgrößte Nutzers des world wide web ist. Denn Themen wie Demokratie, Taiwan, Tibet und das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 googelt, yahoot oder baidut (baidu.com ist die chinesische Internetsuchmaschine, an der auch Google bisher ein wenig beteiligt war) man vergeblich. Die Rede ist von 50 000 Internet-Polizisten, die das chinesische Netz frei von unerwünschten Inhalten halten. Webseiten wie die der britischen BBC oder der Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden gesperrt. In dem von den USA aus betriebenen bisherigen chinesisch-sprachigen Suchdienst von Google, tauchten diese Seiten immerhin noch als Suchergebnis auf. Jetzt werden Nutzer von google.cn nur noch drauf hingewiesen, dass Treffer entfernt wurden – welche, weiß man nicht. Kontrolliert werden in China aber nicht nur Webseiten, sondern auch die Menschen, die sich im Internet informieren. Sogar Emails werden beim Versand auf kritische Inhalte untersucht. Deshalb bietet Google seinen Email-Dienst in China auch gar nicht erst an. Auch blogger.com, Googles Online Tagebuch-Dienst, wird den Chinesen nicht zur Verfügung stehen, da Blogs vom Staat streng überwacht werden. Es wundert also nicht, wenn ‚Reporter ohne Grenzen’ von einem „Schwarzen Tag für die Meinungsfreiheit in China“ sprechen und das amerikanisch Internetunternehmen für ihren „Schmusekurs mit dem totalitären China“ schimpfen. Google.cn ist nur eine weitere Suchmaschine, die genau das Material liefert, das von Peking gebilligt wird. Anspruch und Realität klaffen bei Google anscheinend immer mehr auseinander. Schon letztes Frühjahr hatte es Proteste gegen Google gegeben, als die Redaktion von Google News die „National-Zeitung – Deutsche Wochenzeitung“ von DVU-Gründer Gerhard Frey unter den ausgewählten Google-Quellen auflistete. In der Kritik stand auch damals schon die unkritische Haltung Googles. Ein Motto, so schön es auch klingen mag, bestimmt also doch nicht die Wirtschaftsstrategie. Da nützt es auch nichts, dass Google die Entscheidung angeblich sehr schwer gefallen sei. Letzten Endes siegen eben immer die Marktinteressen. Denn, das machte auch Andrew McLaughlin von Google deutlich, ohne Befolgung der Zensur, keine Investitionen in China. Und nach China wollen sie ja schließlich alle.

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