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Die digitale Welt braucht ein starkes Urheberrecht, meint man beim Bundesverband der phonographischen Wirtschaft und dem Plattenfirmenverband IFPI. In einer Stellungnahme zur geplanten Reform des Urheberrechtsgesetzes plädieren die Industrievertreter für die Abschaffung des so genannten Sendeprivilegs für Onlineradiostationen. Was sich im ersten Moment unspektakulär anhört, würde faktisch das Ende für die meist unabhängigen Sender bedeuten. Das Sendeprivileg erlaubt die uneingeschränkte Verbreitung veröffentlichter Platten und regelt die Vergütung, die die Stationen an Künstler und Labels zu zahlen haben. Der Industrieverband will diese Regelung abschaffen. Die Plattenfirmenlobby plant ein Modell, das den exklusiven Rechten in der Film- und Fernsehbranche ähnelt. Konkret hieße das, jedes Label könne selbst entscheiden, auf welchem Sender seine Titel ausgestrahlt werden dürfen. Dafür müssten die Radiostationen die Rechte für jedes Lied separat beantragen. Größter Dorn im Auge sind dem Verband die Möglichkeiten von Webradios, die mittels Spartensendungen und besserer Einflussmöglichkeiten des Publikums auf das Abspielprogramm ihre Zielgruppen effektiver erreichen können - und damit, nach Meinung der Lobbyisten, den CD-Kauf überflüssig machen. Kritikern zufolge, strebt der Verband ein Radioprogramm an, in dem den Hörern jegliches Mitbestimmungsrecht verwehrt bleibt. Dass "gegen bloße Vergütung (ohne Einflussmöglichkeit von ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern) gesendet werden" darf, stört laut IFPI die Marketingmaschinerie. Das Sendeprivileg zulassen will man künftig nur noch in "einem redaktionell gestalteten Programm mit unterschiedlichen Inhalten und ohne interaktive Elemente (also ohne Einflussnahme durch den Hörer)", damit die "Erstverwertung nicht gefährdet wird". Onlineradiomacher interpretieren, dass "die Maschinerie der Heavy Rotations und der gezielten Vermarktung von Massenware nicht durch kleine, unabhängige Sender gestört werden soll", so der Branchendienst gulli.com. Die Industrievertreter beschränken sich aber nicht auf die Webradios. Auch das Recht auf eine Privatkopie gekaufter CDs soll weiter eingeschränkt werden. Genauer heißt es dazu: „Die Privatkopie muss auf wenige, eng umgrenzte Ausnahmefälle begrenzt werden, in denen die Herstellung eines Vervielfältigungsstücks (gegen pauschale Vergütung) überhaupt noch gerechtfertigt ist.“ Ein weiterer elementarer Punkt des Papiers betrifft die Abschaffung der Bagatellklausel zur Filesharingproblematik, die im aktuellen Reformentwurf noch beinhaltet ist. So wird argumentiert, dass mit der Einschränkung, die Botschaft verbreitet wird „Diebstahl geistigen Eigentums in kleinen Mengen“ sei hinzunehmen. Sollte diese Forderung umgesetzt werden, müssten auch nichtkommerzielle Tauschbörsennutzer mit Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren rechnen. Von behördlicher Seite ist Unterschiedliches zu vernehmen. Das Bundesjustizministerium (BMJ) stellte bereits einen Tag später fest, dass man bei dem Sendeprivileg nicht mit sich reden lasse. „Diese Forderung hat das BMJ stets abgelehnt, weil eine vollständige Abschaffung des Sendeprivilegs angesichts der Masse von Musiktiteln, die täglich in deutschen Radiosendern gespielt werden, absolut unpraktikabel wäre. Sendeunternehmen müssten dann nämlich für jeden einzelnen ihrer Hunderter täglicher Titel vorab eine individuelle Erlaubnis einholen. Das ist in der Praxis nicht vorstellbar,“ so ein Ministeriumssprecher. Rückendeckung bekommen die Befürworter der restriktiven Änderungswünsche dagegen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Dieser drückte bereits zu Beginn des Jahres seine Ablehnung der Bagatellklausel aus. Auf dem Neujahrsempfang der deutschen Phonoverbände.

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