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Langlagen und Sechser-Stauraum: Wie Umzugsfirmen ganze Wohnungen verpacken und um die Welt schicken

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"Das erste, was wir tun, wenn ein Kunde mit uns Kontakt aufgenommen hat, ist, ihm einen unserer Außenmitarbeiter nach Hause zu schicken. Dieser verschafft sich einen Überblick und nimmt das Gesamtvolumen der Sachen auf, die nach Übersee geschafft werden sollen. Zusätzlich vermittelt er dem Kunden ein spezifisches Länderprofil, wobei vor allem die Zollvorschriften eine gewichtige Rolle spielen. In den USA kann es immer mal passieren, dass das ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives) sich die Containerladung vornimmt, und falls dann jemand Alkoholika oder vielleicht auch eine Sportwaffe oder alte Muskete mit umzieht, dann kann sich das gerne mal tagelang hinziehen, bis der Besitzer wieder an seine Einrichtung kommt. Manchmal kann es einem auch passieren, dass sich das Amt für Landwirtschaft für einen Container interessiert. Die Behörden in den USA scheinen ein Kartoffelkäfer-Trauma zu haben – die suchen dann jede Gummistiefelsohle, jeden Schubkarren und jedes Gartengerät ab, ob da nicht vielleicht noch ein kleiner Kartoffelkäfer dranhängt…

Wolfgang Makurat, Geschäftsführer der Möbelspedition ‚Brauns International’ Als nächstes wird ein Angebot ermittelt. Dabei gilt: Zwischen Standard-Kombi und Maibach ist alles drin. Wer möchte, dem bieten wir einen rundum Relocation-Service. Das beginnt mit einem interkulturellen Training, das vermitteln soll, wie die Menschen auf der anderen Seite des großen Teichs ticken. In der nächsten Phase geht es ans House-Hunting: Wir suchen vor Ort verschiedene Wohnobjekte heraus und erstellen ein Profil der jeweiligen Wohngegend, also: Wo sind Schulen, wie gelangt man am schnellsten zum Arbeitsplatz und dergleichen. Das wird sooft wiederholt, bis ein passendes Objekt gefunden ist. Dann kommt unser Team: Die Gegenstände und Klamotten, die derjenige, der umzieht, in der kommenden Zeit benötigt, hat er bereits zur Seite geräumt – bis sein Haushalt in den USA angekommen ist, also vier Wochen und mehr, fristet er quasi ein Nomaden-Dasein. Was wir jetzt noch im Wohnraum finden, wird kreativ auseinander genommen. Jeder vom Team nimmt sich einen Raum vor und arbeitet dort weitgehend selbstständig nach eigenem System – jeder Karton erhält eine Signatur desjenigen, der ihn befüllt hat. Gegebenenfalls kann dadurch rekonstruiert werden, wer für das zerbrochene Geschirr verantwortlich war… Zusätzlich erhält jeder gepackte Gegenstand und jeder Karton eine Kennziffer, damit wir wissen, dass beispielsweise die Tassen aus Karton B14 in Schrank 27E gehören. Kleidung wird in mobilen Kleiderschränken aus Karton aufgehängt, Geschirr wickeln wir in gewöhnliches Zeitungspapier ein – aber unbedrucktes natürlich! Für besondere Wertgegenstände, wie zum Beispiel eine Mingvase, lassen wir von unseren Schreinern spezielle ‚Crates’, also robuste Holzverschläge, anfertigen. Während des Abbaus der Möbel machen wir eine ganze Menge Bilder, die die einzelnen Abbauphasen dokumentieren: Hier wird eine Basis benötigt, da kommt ein Sockel hin… Zusätzlich werden alle Teile durchnummeriert, was dem Team beim Wiederaufbau hilft. Ist alles gepackt, wird der LKW beladen. Dazu steht ein Mann, der mit der besten Stautechnik, direkt beim Container und fordert unterschiedliche Sachen: Bringt mir mal eine ‚Langlage’ und einen ‚Sechser’ aus der Küche, also einen Standardkarton mit Geschirr - je nachdem was ihm gerade angebracht erscheint. Langlagen sind gepackte Schrankwände. Grundsätzlich versucht man beim Containerfüllen immer in einzelnen Lagen von unten nach oben zu denken und dabei einen Mix aus kantigem Zeug und Sperrigem zu erzeugen. Grundsätzlich ergibt sich beim Verladen immer ein Stauraumverlust, und weil man es sich nicht leisten kann, unnötig einen zweiten Container voll zu räumen, ist es besonders wichtig, dass derjenige, der das Einräumen des Containers koordiniert, auch eine gute Stautechnik besitzt. Auch jeder Karton sollte so voll wie möglich sein, damit kein Volumen verschwendet wird. Unter normalen Umständen schafft das Team rund 30 Kubikmeter am Tag, das heißt ein 40-Fuß-Container, wie wir ihn normalerweise nutzen, ist innerhalb von zwei Tagen voll. Üblicherweise bedeutet das auch, dass das Haus oder die Wohnung dann leer ist. Am dritten Tag wird der Container fertig verladen und anschließend per LKW abtransportiert und am Hafen aufgegeben. In der Regel wird er dann eine Woche später verschifft und benötigt rund vier Wochen, bis er in den USA angelangt ist. Auf so einem Schiff wirken gewaltige Kräfte auf den Containerinhalt ein, denn so ein Frachter kommt gerne mal ins rollen, nicht wahr? Da wirken dann bis zu 4 g auf die Möbel ein! Auch die feuchte Luft setzt der Einrichtung zu, denn Holz atmet ja. Deshalb ist auch das Verpacken in Pappe so wichtig, weil diese die Feuchtigkeit noch vor dem Holz aufsaugt. Ist unser Container dann angekommen, übergeben wir ihn an unsere Partner in den USA. Diese sind ebenfalls im Speditionsdachverband FIDI organisiert, das heißt, sie arbeiten mit den gleichen Standards wie wir. Sollten der Umzug nicht zufällig in die Region um Washington D.C. gehen, wird der Kunde einige Spezialtechniker benötigen, wenn er seine Schränke wieder aufgebaut haben will. Kein Witz: In den USA sind begehbare Schränke üblich, und mit einem Modulbausatz weiß der gewöhnliche Möbelspediteur vor Ort nichts anzufangen – trotz Fotos und Anleitung… Große Möbel sind generell schwierig, da in den meisten US-Häusern in allen Höhen und Lagen Schlitze für die Klimaanlage befinden, die man nicht zustellen darf. In der ‚Maibach-Version’ unseres Services werden wir dem Kunden auch noch beim Führerschein unterstützen, und, ganz wichtig, bei der Beantragung der Social-Security-Card, ohne die man ja quasi nicht existiert in den USA. Ähnliches gilt für die Kreditkarte. Wie lang wir den Kunden dann noch bei weiteren Angelegenheiten und Behördengängen unterstützen, ist letztlich eine Frage des Geldbeutels. Trotz aller Planung läuft aber auch bei uns ein Umzug nicht immer problemlos. Eine Schote: Der Umzug war fast abgeschlossen, also der Container beladen, da stellte der Kunde den Verlust seines Reisepasses fest, in dem sein Visum war. Er war fest davon überzeugt, dass der sich in einem Karton mit Bürosachen befinden muss. Problem: Das Büro war zuerst geladen. Also wurden etwa 55 Kubikmeter wieder ausgeladen, die Kartons wurden überprüft. Nichts wurde gefunden. Alles wurde wieder eingepackt. Niedergeschlagen griff der Kunde in seine Jackentasche, um direkt seinen Reisepass in den Händen zu halten. Soviel zum Umzugsstress...

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