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Lena los! Andere deutsche Musik im Schnelltest

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Katze – „Du bist meine Freunde“ (VÖ. Anfang Juli)

Die haben bei mir gleich mit ihren großartigen Songtiteln gewonnen. Das erste Lied heißt: „Franzi, wir wollen dass du bei uns in der Band mitspielst.“ Später singt Klaus Cornfield: „Komm wir klauen uns Pistolen.“ Find ich alles gut. Der Cornfield ist tatsächlich ein sog. Urgestein der deutschen Indie-Gitarristen, in der Formation Katze noch ergänzt um ein Frl. Minki und ein paar Zaungäste. Zusammen orgeln sie ganz schön was weg und machen niedlichen LoFi-Poppunk, der schwer nach den 90er Jahren klingt, als die Menschen auch noch Britta und Bernadette La Hengst gehört haben. Retro-Fröhlichkeit meets Älterwerden. Irgendwie glaube ich aber, dass es solchen Bands in einer Zeit ohne selbstkopierte Fanzines ergeht wie dem Münchner Hauptbahnhof: Sie haben ein Lobbyproblem. Passt aber auf jeden Fall ins Freibad und zum unaufgeräumten Zimmer und sollte unbedingt auf einem Kassettenplayer gehört werden. *** The Marble Man – "Later, Phoenix" (bereits erschienen)

Der Marble Man heißt eigentlich Josef Wirnshofer und stammt, wie der Name schon andeutet, aus der bayerischen Provinz. Ein immer noch ganz junger Mann ist er, von dem jeder seit seinem Debüt 2007 sagt, er wäre ein Genie und man könne nur hoffen, dass er „es“ nicht versaut. Also sein Genie, oder seine nächste Platte.

Die ist nun auf dem feinen Dresdner Folk-Label „Kumpels&Friends Records“ erschienen und als Hörer kommt man damit bestimmt nicht in den Verdacht, Vergnügungssteuer abdrücken zu müssen. Sehr ruhiger und tiefenmelancholischer Langsamfolk. Wirnshofer als ausgezehrter und nur manchmal auch heiterer Erzähler, der zusammen mit der Gitarre eine Einheit von großer Schönheit bildet, die eingängig ist aber nicht simpel. Streckenweise etwas arg introvertiert, also vermutlich stimmt das ja, mit dem Genie. *** Superpunk – "Die Seele des Menschen unter Superpunk" (bereits erschienen)

Das sind nun wirklich alte aufrechte Style-Bekannte aus Hamburg, von denen man bis zu diesem Album nicht sicher gewusst hätte, ob sie sich nicht schon vor Jahren aufgelöst haben. Haben sie nicht, im Gegenteil, Superpunk klingen wie immer: Extrovertierter Garagensoul mit süffisanten Texten, gesungen vom übercharismatischen Carsten Friedrichs. Mehr als alle anderen Ex-Hamburger-Schule-Bands wirken Superpunk in sich ruhend und mental gefestigt und das schlägt sich in einem wirklich lässigen Sound nieder.

Frittengeister könnten jetzt anmelden, dass sich trotz diverser Standgebläse, Feinstreicher und Orgeln jeder Superpunk-Song der immer gleichen dramaturgischen Kniffe bedient ergo gleich klingt. So richtig Neugeil-Stimmung kommt halt nicht auf. Aber bitte, sollen die halt die nächste Platte kaufen, die blöden Adrenalin-Junkies. *** Frittenbude – "Katzengold" (bereits erschienen)

Denn so immergleich Superpunk klingt, so übermodern klingt die Formation Frittenbude. Früher hießen ja Schülerpunkbands so, heute peitscht unter diesem Namen amputierter Elektrosprech und Synthiehop aus der Box. Also ungefähr das, was Bands wie die Goldenen Zitronen angedacht und zuletzt Mediengruppe Telekommander und Deichkind populär gemacht hatten: Zur Hysterie neigender Sprechgesang, dazu stimulierendes Beatdreschen und hypnotisches Skandieren von Parolen. Diese sind bei Frittenbude gerne auch mal politisch bzw. alltagskritisch. Weil aber alles in so ein neonkaltes Hipsterlicht getaucht ist, werde ich damit nicht warm. Bittschön:

*** Egotronic – "Ausflug mit Freunden" (bereits erschienen)

Noch ein Stück subversiver und härter klingen die Berliner von Egotronic – wie Frittenbude Säulen des Audiolith-Labels, das damit als poshes Zentrum zeitgenössischer deutscher Musik gelten darf. Auch bei Egotronic werden deutsche Problemtexte über technoide Beats geshoutet – mit beachtlichem Ekstaseerfolg bei Festivalmassen. Ewiges Motto: Raven gegen Deutschland. Das funktioniert ganz gut und irgendwie besser als bei Frittenbude, weil sich die Songs stärker kontrastieren und jeder Track sein eigenes Kopfnicken diktiert. Die Fritten waren eher so Synthiebrei, das hier berzt den Refrain immer angenehm gerade in die Hirnhälfte.

Trotzdem eher nix für nachdenkliche Stunden daheim, sondern für die Zeitpunkte eines Wochenendes, an denen man rücksichtslos auf Primärreize anspringt. *** Das gezeichnete Ich - "Das gezeichnete Ich" (VÖ. Ende Juni)

Hm, marketingtechnisch bedenklich ist es, wenn die Popband Ich&Ich eine Vorband namens Das gezeichnete Ich mit sich rumführt. Wer blickt denn da noch durch, bei den ganzen Ichs? Egotronic vielleicht? Na, jedenfalls ist Das gezeichnte Ich, vom albernen Namen abgesehen, der lohnendere Programmteil bei dieser Tour gewesen. Ein geheimnsvolles Berliner Kompositionstalent am Klavier, dem die radiotauglichen Popsongs nur so aus den Tasten fließen, na, warum denn nicht. Mitpfeifen garantiert. Nach dem Elektrogeschrei eine erfreulich simple Herangehensweise, quasi Distelmeyer für Millionen. Wären da nicht überall am gezeichneten Ich die Industriezettelchen dran, auf denen so was von deutlich „Unser aller Hoffnung“ steht – könnte man das ganz gut weiterempfehlen.

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