Nachdem wir heute Freizeit haben, gehen der stellvertretende Projektleiter Hannes und ich erst einmal in der Sonne einen Kaffee trinken. Wir müssen weiter an unserem leichten Sonnenbrand vom Tag davor arbeiten. Hier ist nämlich der Frühling mit Macht ausgebrochen. Den vorigen Tag hatten wir genutzt, um Fotos von Lodz zu machen. Dabei haben wir den polnischen Walk-of-Fame gefunden, unzählige Hinterhöfe, die teilweise aussehen, wie aus dem 19. Jahrhundert, teilweise wie aus einer Tourismus-Broschüre. Heute haben wir uns vorgenommen, den jüdischen Friedhof zu besuchen. Vor etwas über einem Jahr hatte ich schon einmal Lodz besucht, erfahren, dass es hier eine sehr große jüdische Gemeinde gab, und den Friedhof besichtigt, auf dem Gräber von fantastischer Größe und architektonischer Schönheit stehen. Hannes ist auch dafür zu haben,
dass wir uns das im Sonnenschein ansehen. Dafür versuchen wir also ein Taxi aufzutreiben. Der Fahrer kann kein Englisch, Deutsch oder
Französisch. Wir können kein Polnisch oder Russisch. Also wird zum
Zwecke der Verständigung ein weiterer Mann hinzugerufen, der ein wenig Englisch kann. Was ein "jewish cemetary" ist, weiß er aber auch nicht. Er versteht uns erst, als ich ihm ein paar Grabsteine mit Davidstern aufzeichne. Piktogramme können nicht nur bei der Suche von Toiletten auf Flughäfen weiterhelfen. Er erklärt dem Taxifahrer, wo wir hinwollen und wir gurken durch die Stadt. Lodz bezeichnet sich als die Stadt mit vier Kulturen: deutsch (bis zum ersten Weltkrieg), jüdisch, polnisch und russisch, wobei wir nicht herausgefunden haben, woher der russische Einfluss kommt. Wir planen, endlich einen Reiseführer anzuschaffen.
Als wir beim jüdischen Friedhof ankommen, hat der geschlossen. Bleibt also nichts anderes, als wieder in die Stadt zu fahren. Diesmal aber mit dem Bus, denn auch das sollte man doch irgendwie hinkriegen und hier ein Taxi zu finden, ist schwierig. Es gibt auch einen Bus, der unser Ziel ansteuert, allerdings müssen wir fragen, in welche Richtung die Innenstadt liegt. Mit Händen, Füßen und viel gutem Willen, erklärt uns eine Frau, mit welcher Linie wir fahren müssen. Danach schwatzen wir noch einer älteren Dame zwei Fahrkarten ab, was auf polnisch auch nicht so einfach ist. An einem Kiosk wäre das einfacher gewesen, aber es ist keiner in Sicht.
Fahrkartenautomaten gibt es in Lodz nicht. Immerhin habe ich mir endlich gemerkt, dass "w" in heißt und "z" mit. Das hilft und wir kommen auch tatsächlich wieder da an, wo wir aufgebrochen sind.