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Montag, 29.12.2003

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Ein Ferienhaus in Niedersachsen, ich bin alleine. Gestern Nacht, erste Ferienhaushandlung nach meiner Ankunft: Wäsche waschen. All meine ausschließlich dreckigen Anziehsachen bis auf den Schlafanzug ist also klitschnass. Sogar meine Schuhe. Weil zweite Ferienhaushandlung, zur Perfektionierung des Kaminfeuergefühls: Versuch, eine Katze aufzutreiben. Doch alles, was mich aus Nachbars Garten begleiten wollte, war Schneematsch. Nun ist der erste Morgen, ich habe Hunger. Im Küchenschrank steht eine Packung Kakaopulver, die bis 7/93 haltbar ist – „mindestens“. Dennoch: Was ich will, ist ein Schwein, mindestens. Einkaufen gehen! Nur: Wie? Im Schuhschrank finde ich dillettantenfußballverschlammte Chucks und im Werkzeugschrank ein schwarzes Muscleshirt sowie Großmutters eingelaufene lilane Jogginghose, die mir gerade bis über die Knie reicht. Darüber die übergroße schwarze Wolljacke und den selbstgestrickten Ringelschal aus dem Flur. Die überlangen flaumgelben Strümpfe durften nicht in die Buntwäsche, dafür jetzt mit zum Einkaufen. Sieht eigentlich nicht viel anders aus als das, worin sich diesen Herbst viele Menschen in München, wo ich sonst lebe, auf die Straße getraut haben. Im Schuppen finde ich sogar ein Fahrrad ohne Platten, dafür mit Bonanza-Lenker – anderswo würde ich mir dazu einen ironischen kleinen Schnurrbart wachsen lassen, und gut wär’s. Schwein, halt aus! Ich komm und hol dich, in meinem Ofen ist’s warm! Unten auf der Straße: der Nachbar*. Abschätzender, anerkennender Blick von Fuß nach Kopf. Ich denke: „Alter Mann, lass gut sein. Sieh doch: Ich bin vierzig Jahre jünger als du, und du kannst den Scheiß immer noch nicht lassen?“ Bestgelaunte Ansage vom Nachbarn: „Moinmoin! Mensch, Lüdde, du bist ja taff! Fährst wohl nach Tengelmann!“ – „Moin, jaja.“ – „Aber so doch nich, so kannste nach Großenkneten fahrn, aber nich inne Stadt!“ – „Äh, Großenkneten?“ – „Ja Mensch, da wo die Asis wohnen, da beie Müllverbrennungsanlage!“ Da machen die also immer diese Fotostrecken! Das müssen sofort die Leute in München erfahren! Vorher aber muss ein Schwein her. *unfassbar niedersächsischer Name der Redaktion bekannt

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