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Phänomen "Vampire Chick Lit": Untot, sexy und ein bisschen bescheuert

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Leser mögen Vampire. Das war vor Stephenie Meyer schon so, artete dann vier „Bis(s)“-Bände lang ziemlich aus und bleibt auch in diesem Herbst ein Großtrend. Natürlich wissen die Verlage das und schicken ganze Heerscharen von Buchvampiren in die Regale. Düster-gefährliche Damen und Herren, zumeist, die dramatisch mit ihrem Schicksal hadern.

Oder aber – zunehmend! – auch Blutsaugerinnen mit Schuhtick, einer Katze und einem eher mäßigen Sexleben. Romane, in denen diese Spezies zu finden ist, haben farbenfrohe Cover, über die manchmal auch Lakritzvampire fliegen und Titel wie 'Cocktail mit einem Vampir' oder 'Verliebt, Verlobt, Verbissen'. Sie handeln von Protagonistinnen, die zwar schick, aber auch leicht verspult daherkommen und sich mit handfesten Problemen herumschlagen. Zum Beispiel sind sie gerade eben Vampirin geworden – und nun verwirrt, weil sie einfach so ihren Arbeitgeber gebissen haben und nicht wissen, wie sie sich da rausreden sollen. Oder sie sind plötzlich ganz wuschig, weil ein sexy 371-Jähriger durchs Bild gelaufen ist – schlimm! Was schwer nach Chick Lit klingt, ist es auch: Vampire Chick Lit, um genau zu sein. Ein Subgenre der Romantic Fantasy, das sich jedoch kaum wie das liest, was der Durchschnittssterbliche unter Fantasy versteht. Dafür geht es schlicht zu diesseitig und auch zu lustig zu. Typischerweise berichtet nämlich eine muntere Ich-Erzählerin aus ihrer Perspektive über das blutige Schlamassel um sie herum. Je nach Vampirin und Autorin klingt das dann eher charmant, ironisch, „frech“ oder schnoddrig wie bei Mary Janice Davidsons Serienheldin Betsy: „Mein Todestag begann schon schlecht. Und wurde leider auch nicht besser“, raunzt sie in 'Weiblich, ledig, untot', dem ersten von mittlerweile acht Betsy Taylor-Romanen. „Ich bin so langweilig, dass sogar meine Katze jeden Monat dreimal abhaut, auf der Suche nach ein wenig Abenteuer.“ Dass Betsy wenig später als Neuvampirin die Sonnenbrille nicht mehr abnehmen kann, ohne dass alle Männer ihr verfallen, ist ebenfalls Genre-typisch. Glaubt man diversen Klappentexten, ist Vampire Chick Lit nämlich auch „verdammt erotisch“. Tatsächlich wimmelt es in den Büchern so nur vor sexy Männern, hotten Anziehsachen und erotischen Untertönen. Das liest sich eine Weile ganz spannend, wird einem aber auch so aufs Auge gedrückt, dass man sehr bald von ultraplastischen Beschreibungen extrem männlicher Vampir(jäger) beim Geschlechtsakt verschont bleiben möchte.

Die Leserinnen jedoch scheint das nicht weiter zu stören. In den USA, dem Ursprungsland der Vampire Chick Lit, kaufen sie vielbändige Serien wie Dark Ones, Broken Heart oder Vegas Vampires begeistert. Seit mehreren Jahren tauchen die zugehörigen Einzeltitel dort regelmäßig in den Bestsellerlisten der New York Times auf. Und auch hierzulande haben Stars wie Katie MacAlister, Michele Bardsley oder Erin McCarthy mittlerweile eine wachsende Fangemeinde. Auf Verlagsfotos sehen die Autorinnen übrigens ein bisschen so aus, wie man sich ihre Leserinnen vorstellt: freundlich, gut gelaunt und ein wenig unscheinbar. Häufig haben sie Katzen und (manchmal) Kinder. Mehrere von ihnen wohnen in Ohio, Minnesota oder Oklahoma. Sicher haben sie es dort mit ihren Tantiemen sehr nett. Stephenie Meyer würde sich dort vermutlich auch wohlfühlen.

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