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Produktbiografie: Meine Sonnenbrillen

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Herzchenbrille Eigentlich hatte ich als Kind mit Sonnenbrillen nicht viel am Hut. Wenn die Sonne mal blendete, schaute ich zu Boden, versteckte mich unter einer Mütze oder ging in den Schatten. Ich war eines dieser Kinder, deren eines Auge mit Tierbildchenpflastern zugeklebt war und die eh schon quietschrote Kinderbrillen tragen mussten. Als mir dann eines Tages beim Spielzeugladen an der Ecke jedoch eine rosa Herzchenbrille ins Gesicht sprang, war es um mich geschehen. Schimpfe wegen Vernachlässigung des Standardmodells nahm ich selig in Kauf, wenn meine Welt dafür nur ein paar Minuten täglich in knalligem Rosa versinken durfte. Das Ding trug ich auch bei strömendem Regen, die Sonne war mir weiterhin relativ egal.


John-Lennon-Brille Schlaghosen waren die eine Sache, die John-Lennon-Sonnenbrille die andere. Nachdem sich mein seltsam weiblicher Instinkt dann doch immer mal wieder durchsetzte und mich zu langen Haaren, geflochtenen Zöpfen und Batik-T-Shirts zwang, durfte natürlich auch die Brille mit den kreisrunden Gläsern nicht fehlen. Irgendwann dann habe ich mich allerdings aus Versehen draufgesetzt.


Pornobrille Wir waren auf Interrail-Tour, standen kurz vor dem Abitur, blickten auf die Welt, die uns bald zu Füßen liegen sollte und feierten uns in den Sommerferien die ersten Ringe unter die Augen. Wie es dann dazu kam, dass wir plötzlich kollektiv mit Brillen herumliefen, deren Gläser mich jedes Mal an Plektren erinnern, habe ich erfolgreich verdrängt. Zu einem verspiegelten Modell der Luxussorte Pornobrille habe ich es dann aber doch nicht gebracht. Und vom Kopf sind die wackeligen Dinger auch immer heruntergerutscht.


Neon-Brille Kaum aus der Schule raus, begann ich, in einem Berliner Club am Einlass zu arbeiten. Zeitgleich auch frisch an der Uni eingeschrieben, ließ es sich hin und wieder nicht vermeiden, direkt von der Arbeit in die Vorlesung zu fahren. Etwa zur gleichen Zeit feierten Bad-Taste-Parties ihr erstes, zaghaftes Comeback und so fand ich mich an manchen Morgen mit einer neongelben Sonnenbrille in der Bahn zur Uni wieder. Wo die herkam, wusste ich nicht. Und zwar schützte sie meine Augen vor hellem Licht, mich jedoch nicht vor seltsamen Blicken und unangenehmen Fragen meines Professors: „Schon wieder Bindehautentzündung?“ – „Ja ja“.


Fliegenbrille Das Tolle an ihr ist: Sie kann nie groß genug sein.Und hat man sich einmal an den Anblick des eigenen Gesichts gewöhnt, das einen im Schaufenster oder Spiegel mit zwei dunklen Kreisen an der Stelle anschaut, wo eigentlich die Augen sind, gibt es nichts Schöneres, als im Sommer mit dem personalisierten Verdeck auf der Nase im Café zu sitzen und zu glotzen. Keiner sieht, wo man hinguckt, man hat seine Ruhe – und wenn man dann doch einmal näher interessiert ist, hält sie einem wunderbar den Pony aus der Stirn. Ohne zu rutschen.

Text: lisa-rank - Illustration: Christian Fuchsberger

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