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Tobias Moretti und das Gamswild: Über prominente "Profs" an der Uni

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Herr Jansen, warum halten an der Zeppelin University so viele prominente Persönlichkeiten Vorträge? Wir haben das aus inhaltlichen Überlegungen gemacht und nicht, um hier ein Promigewitter zu entfachen. Wir gehen als Universität von der Annahme aus, dass man Management in Wirtschaft, Kultur und Politik, vor allem aber Unternehmertum nicht ausbilden, sondern nur beobachten kann. Deshalb müssen wir an der Universität immer wieder Arenen schaffen, in denen Unternehmer, Manager, Künstler oder Politiker beobachtbar werden, hinsichtlich ihrer persönlichen biografischen Entscheidungen und ihrer Professionalität im Umgang. Sie haben die „Bürger-Universität“, die Reihe „Lebenswerke“, „Talk to the CEO“ und „Talk and Show“. Welche Leute kommen da? Die „Bürger-Uni“ ist eine Veranstaltung, die sich auch an die Region richtet. Wir laden Persönlichkeiten des Zeitgeschehens ein, von denen wir wissen, dass sie auch jenseits der akademischen Welt von Interesse sind. Beispielsweise Roland Berger, Gesine Schwan oder Marcel Reif. Den Kommentator? Ja. Er hält wie die anderen auch Vorträge und Dialoge mit den Bürgern - meistens mit zwischen 400 und 600 Teilnehmern. Die Studierenden haben am nächsten Morgen noch einmal die Möglichkeit, ohne Publikum – auch kritisch – nachzufragen. Bei der „Lebenswerke“-Reihe sollen die Studierenden anhand von Biografien berühmter Unternehmer erfragen, wie Unternehmertum entsteht. Das geht bis zur Frage nach Kindern und Arbeit, Brüchen und Rückschlägen, Arbeitsteilung in der Familie, Überlagerungen zwischen Unternehmertum und Familie. Claus Hipp erzählte beispielsweise, dass sein Vater während des Kriegs einen Brotteig entwickelt hat, den man vom Flugzeug abwerfen kann, der aber in der Höhe nicht gefriert und genießbar bleibt. Und dann sagte er, sein Vater habe entschieden, damit kein Geld verdienen zu wollen, weil es den Krieg unterstützen würde. Diese eine Geschichte bewirkt mehr als vier Seminare zu Wirtschaftsethik. Und wer kommt bei Talk and Show? Künstler, Intendanten, Regisseure und so weiter. Zuletzt hatten wir Mark Formanek und Christian Kracht bei uns. Die Mischung ihrer Gäste ist ja recht bunt. Nach welchen Kriterien wählen sie die Gastredner aus? Es gibt eine einzige Formel, die auf den Punkt bringt, warum wir Leute einladen: Sie müssen uns anregen. Wir glauben nicht mehr an die Universität als Bildungsanstalt. Für uns ist sie eine Anregungsarena. Einladen darf jeder. Jeder soll die Möglichkeit haben, wenn er jemanden irgendwo erlebt, zu sagen: „Wissen Sie was: Sie passen an diese Universität, und zwar an genau dieser Schnittstelle, und wir würden Sie gerne mal einladen.“ Nun ist die Dichte an prominenten Rednern bei ihnen ja erkennbar höher als an den meisten staatlichen Hochschulen. Raten Sie anderen Unis, mehr Promis einzuladen? Ich rate staatlichen Universitäten grundsätzlich nichts. Einfach weil ich mich da zu wenig auskenne. Ich glaube aber, dass das grundsätzliche Problem an staatlichen Hochschulen ein Problem der Masse ist. Dort werden ja solche Veranstaltungen auch gemacht, und die werden meines Wissens auch angenommen und von vielen Leuten besucht, die dann sogar auf den Gängen sitzen. Was dort nicht vorkommt, ist das Fragen. Die Zeppelin Universität ist gegründet worden, weil wir die Frage wieder ins Zentrum stellen wollen. Deshalb laufen diese Gespräche maximal mit 30 Teilnehmern ab und sind sehr Dialog-orientiert. Die Studierenden müssen sich teilweise mit Essays bewerben und sich vorbereiten. Reinhold Würth zum Beispiel kann über Schrauben erzählen wie kein Zweiter. Aber die Produkte sind erst in zweiter Linie interessant. Wenn man solche Leute allerdings auf unsicheres Eis führt, indem man ihnen sagt, dass die Studenten bereits vorbereitet sind und schon wissen, was sie fragen wollen, dann wird es interessant – für beide Seiten. Frontstage und Backstage-Wissen - was das ist, erklärt Jansen auf der nächsten Seite. Da sagt er außerdem, dass die Elite auch nur mit Wasser kocht.


Auch die großen Universitäten sollten also kleinere Foren schaffen? Ja. Es muss dialogisch sein. Ansonsten sind das Veranstaltungen, wo zwar jemand von seinem tollen Leben erzählt, die interessanten Fragen aber ungestellt bleiben. Ich war zum Beispiel in Stanford und Harvard. Diese Universitäten sind verhältnismäßig groß, aber an Seminaren und eben auch solchen dialogischen Formaten nehmen in der Regel nicht mehr als 30 Leute teil. Das müssen wir in Deutschland auch wieder schaffen. Sie sagten vorhin, dass an Unis das „Handwerkszeug“ nicht gelehrt wird. Welches Handwerkszeug sollen die Studenten von den Promis bekommen? Wir verbinden damit die Hoffnung, dass man das theoretische Wissen in praktischen Kontexten prüft und hinterfragt. Dass man sozusagen erprobt, wie man mit Praktikern spricht und umgeht, wenn man von der Uni kommt. Eine Art Kommunikationstraining? Ja, genau. Es geht um Kommunikationsgespür. Wo sind Praktiker interessiert an Forschung und wissenschaftlichen Theorien, und wo halten sie das für akademisches Geplänkel? Wir nennen das immer Backstage- und Frontstage-Wissen: Was habe ich für Theorien parat, die ich in der Praxis niemals jemandem erzählen sollte, weil ich sonst sofort weggegrätscht werde, nach dem Motto, „Ja ja, unser kleiner Philosoph“. Dieses theoretische Wissen hilft aber, Beobachtungen vernünftig zu sortieren und einzuordnen, und dadurch vielleicht auch mehr zu sehen als manch anderer. Auf der anderen Seite habe ich das Frontstage-Wissen, mit dem ich auch ein bisschen glänzen muss, indem ich schnell und präzise zu einer Fragestellung eine Antwort parat habe und signalisiere, dass ich mich auskenne. Es ist also einfach eine kommunikative Vermittlung. Nicht zuletzt geht es aber auch um das Dekonstruieren von Macht. Es ist ein schönes Erlebnis, wenn man aus so einer Veranstaltung raus geht und dann weiß, dass da auch nur mit Wasser gekocht wird. Es ist ganz wichtig, dass unsere Elite nicht so überhöht wird, sondern dass man eben feststellt, dass die auch manchmal auf eine Frage nicht richtig antworten können. Die Zeppelin University ist ja eine private Uni. Sie finanziert sich aus im Vergleich zu staatlichen Hochschulen relativ hohen Studiengebühren, Spenden und Sponsoring. Haben Sie die Pflicht, ihren Studenten und Sponsoren etwas zu bieten für ihr Geld, beziehungsweise neue Studenten und Spender durch prominente Namen anzulocken? Das ist interessant. Ich habe mir das unter dem Gesichtspunkt noch gar nicht angesehen, ob das bei Studienanfängern bei der Wahl der Universität eine Rolle spielt. Wir haben zur Zeit Auswahlverfahren, da werde ich mal fragen, ob die Bewerber das überhaupt wissen. In Bezug auf die Sponsoren ist es ja so, dass unsere Hauptförderer in solchen Vorträgen gar nicht so präsent sind, sondern dass dieses Moment der Anregung im Vordergrund steht. Ich glaube, dass die Studenten es auch schnell merken würden, wenn man jemanden als Redner einlädt, nur weil er Geld gezahlt hat. Wenn so jemand aber nun einmal wirklich anregend ist, kommen wir nicht an ihm vorbei. Klaus Peter Schulz, CEO unseres Förderers BBDO GmbH, war zum Beispiel sehr lehrreich und unterhaltsam. Natürlich – da sind wir uns einig – ist das durchaus für den einen oder anderen Studierenden attraktiv, weil man damit Netzwerke aufbauen kann. Im Rahmen unseres Coaching-Konzeptes müssen die Studierenden einen Coach von der Uni und einen aus der Praxis haben, und viele Gäste werden darauf angesprochen und nehmen Studenten ins Coaching. Schulz hat gleich fünf genommen. Auf der nächsten Seite liest du, an welchen Hochschulen in diesem Sommersemester welche Promis aus dem Nähkasten plaudern.
Promis im Hörsaal - eine unvollständige Übersicht *Universität Stuttgart: Hier sind dieses Semester Thomas Reiter und Fritz Kuhn zu Gast. Reiter war Astronaut der letzten ISS-Mission und Kuhn ist Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Reiter wurde schon im Dezember per Videokonferenz in einen Hörsaal an der Stuttgarter Uni geschaltet.

Thomas Reiter (Foto: rtr) * An der Humboldt Universität Berlin geben sich diesen Sommer Ihor Koliushko, Rechtsberater des Präsidenten der Ukraine, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesjustizministerin und Hans-Gert Pöttering, der Präsident des EU-Parlaments die Ehre. Pöttering spricht im Rahmen der Ringvorlesung Humboldt-Reden für Europa, die nach Joschka Fischers berühmter Rede im Jahr 200 ins Leben gerufen wurde. * Die Brandenburgische Universität Cottbus hat die Moderatorin Maybrit Illner eingeladen. Sie spricht zum Thema „Macht der Medien“. Außerdem kommt Herrmann Scheer, Mitglied des Bundestags und General Chairman des Weltrats für Erneuerbare Energien in die Lausitz.

Hier talkt Maybrit Illner mit Ulrich Wickert. Am 9. Juli ist sie an der BTU Cottbus (Foto: ap) * An der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt referieren Konrad Schily, Bruder von Otto Schily und Gründer der Universität Witten-Herdecke, sowie der ehemalige niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann anlässlich der Umgestaltung der Frankfurter Hochschule in eine Stiftungsuniversität. * Die Uni Hamburg empfängt den Dalai Lama zum Thema Frauen im Buddhismus und den Menschenrechtsaktivisten und Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg. * An der Georg-August-Universität Göttingen spricht Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz * Nach Leipzig kommt Katrin Göring-Eckhart, die stellvertretende Präsidentin des Deutschen Bundestags. * Der nächste prominente Besucher an der ZU in Friedrichshafen kommt am 24. Mai: Es ist Werner Müller, der frühere Bundeswirtschaftsminister und heutige Vorstandsvorsitzende der Ruhrkohle AG.

Kardinal Lehmann spricht in Göttingen im Rahmen der Ringvorlesung "Vorsehung, Schicksal und göttliche Macht." (Foto: AP)

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