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Und dann die Kinder: Die McCain-Tochter Meghan und ihr Blog

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John McCain ist Kandidat der Republikaner für das Amt des US-Präsidenten und plagt sich gerade. Vergangenen Freitag hat er mit Sarah Palin die Gouverneurin von Alaska zu seiner möglichen Stellvertreterin gemacht und scheinbar war das eine durchschnittliche Idee: Angeblich hat McCain die Frau am Tag vorher zum ersten Mal getroffen, dann wurde laut, dass Bristol, die 17-jährige Tochter von Frau Palin schwanger ist - und das, obwohl die Politikerin Teenager gern zur Enthaltsamkeit anhält. Die US-Journalisten sind übers Wochenende in den Nordwesten der Vereinigten Staaten gefahren und buddeln nun im Vorleben der 44-Jährigen. Sie sorgen auch dafür, dass die Kinder der Kandidaten in den Mittelpunkt rücken. Barack Obama findet das nicht so gut. Er zeigt sich zwar gern mit heiler Familie, will aber die Familien der Wahlkämpfer nicht in die Diskussionen ziehen. John McCain findet das richtig, hat seiner Tochter Meghan aber trotzdem einen Platz in seinem Wahlkampfbus gegeben: Meghan, 23, studierte Geschichte, hat ein Praktikum bei „Saturday Night Live“ und „Newsweek“ hinter sich, firmiert jetzt als Journalistin und macht von unterwegs etwas naheliegendes - sie blogt über ihren Vater.

Auf www.mccainblogette.com könnte also eigentlich das stehen, was man woanders nicht lesen kann. Exklusive und erhellende Ansichten aus dem Leben eines Kandidaten im Wahlkampf. Aber vielleicht muss Fräulein McCain mit ihrem Blog enttäuschen, der weniger durch den geschriebenen Gehalt als durch eine Unmenge von Bildern hervorsticht:

In den Aufnahmen aus dem Wahlkampf-Bus namens "Straight Talk Express" ziehen sich Mitarbeiter McCains McCain-Masken über, essen Pizza und legen schlafenden Mitfahrern Spielkakerlaken auf den Arm. Scherze einer Reisegesellschaft also, immer im Wahlkampf-Bus McCains, im Flugzeug, im Backstage-Bereich von Town Hall-Meetings. Denn auch wenn im Disclaimer der Seite geschrieben steht, dass das Blog nichts mit der „Presidential campaign“ zu tun habe – man muss es nicht glauben. Zwar heißt es, dass die kleine McCain da ihr Ding durchgezogen habe, indem sie für sich, die Kamerafrau Shannon und die Fotografin Heather einen Platz im Wahlkampfteam erstritt; dennoch darf man sich sicher sein, dass die McCain-Berater brav filtern, was auf die Seite kommt und was nicht. Für Meghans Playlists muss das freilich nicht gelten. Im Dezember 2007 offenbarte sie gar ihren Spaß an Max Raabe und seinem Palastorchester und verlinkt das Raabe-Remake „Sex Bomb“. Kommentar Meghan McCain: "How can you not love that?!?" Sex Bomb - von Max Raabe:

Ob das Blog nun authentisch oder mittel-authentisch ist: Das Stück Jugendlichkeit, das die Tochter auf die Kampagne des 72-jährigen McCain wirft, kann der ganz gut brauchen. In den wenigen Videobeiträgen holt Meghan alles aus dem begeisterten Sprachschatz, der US-College-Girls zu eigen zu sein scheint. Nach der Palin-Nominierung war Meghan "sooo excited", dass nun eine Frau im Team auftauche. Und hat sich dann nochmal korrigiert: "I am beyooond excited … I am so proud of my father. I feel my heart is going to explode" vor lauter Stolz. Ein Link führt dann auch zum Shop der Blogette, wo es seit Dienstag auch dieses Bilderbuch für 16,99 US-Dollar zu erstehen gibt; quasi den Erstling von Meghan McCain und der sieht so aus und muss (es geht um den heldenhaften Vater) auch nicht näher beschrieben werden:

Das nicht sehr verwundernde Ergebnis nach der Blog-Lektüre: Die Tochter ist als Fan unterwegs. Wenn die Fotos darüber hinaus noch etwas anderes verraten, dann, dass ein langer Wahlkampf sehr eintönig werden kann. Flugzeug, Bus, Rede, Flugzeug, Bus, Rede. Auf einem Bild ist dann auch eine sehr bockige Meghan zu sehen, die, laut Bildunterschrift, der vielen Zeit im Bus überdrüssig ist. Eine Nummer spannender wird der Blog erst jetzt, da mit der Schwangerschaft von Bristol Palin das Leben der Kinder zum Thema wird. So steht im Eintrag vom Montag unter der Überschrift „Daughters“ zu lesen, dass es bisweilen ein Kreuz sein kann, das Kind eines Politikers zu sein. Als Meghan 14 war, erinnert sie sich, stellte ein Journalist ihrem Vater eine hypothetische Frage: Was denn wäre, wenn seine Tochter jetzt schwanger würde und sich dann für eine Abtriebung entscheiden würde? "Die Frage dieses Reporters hat sich verselbständigt und mein Leben geändert", schreibt Meghan heute. An anderer Stelle berichtet sie von einem Date mit einem Jungen - der sie zuerst auf die Sache mit der Abtreibung ansprach. "Diese Geschichte taucht in fast jedem Porträt über mich auf", schreibt sie wiederum im Blog. "Es ist manchmal ganz schön hart, der Sohn oder die Tochter eines Politikers zu sein. Ich kenne Bristol Palin noch nicht besonders lange, aber ich fühle mich ihr schon sehr verbunden – genauso wie anderen Politikertöchtern wie Chelsea Clinton, Jenna und Barbara Bush und Mary Cheney. Man kann das alles vielleicht nicht ganz verstehen, wenn man es nicht selbst miterlebt."

Text: peter-wagner - Screenshots: mccainblogette.com

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