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"Unsere Eltern hatten es leichter"

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"Die Situation ist nicht so dramatisch": Andreas, 22 Jahre

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich bin leider momentan arbeitslos. Ich habe in einem Münchner Großmarkt gearbeitet, bei dem sämtliche Überstunden immer unter den Tisch gefallen sind. Daraufhin habe ich gekündigt. Ich habe davor eine Ausbildung als Anlagenmechaniker gemacht und probiere jetzt wieder etwas in dem Bereich zu machen. Das ist aber nicht mein Wunschberuf. Nebenher spiele ich auch in einer Band und versuche auch etwas im Medienbereich zu machen. Bis jetzt ist es noch eine Träumerei, mit Musik einmal Geld zu verdienen, aber ich arbeite daran. Man muss probieren, seine Träume zu verwirklichen und am Ball bleiben. Ich habe mir auch nebenbei eine Ausbildung zum Tontechniker finanziert und bin gerade auf dem Weg dorthin. In spätestens fünf Jahren will ich auf einer Bühne stehen. Die jetzige Generation muss eh häufiger mal den Arbeitsplatz wechseln, deshalb ist es auch gut, dass wir 400-Euro-Jobs haben. Um auch rauszufinden was man einmal machen will. Mir wäre es zu langweilig, ein Leben lang denselben Beruf auszuüben. In zwei Wochen, zum Beispiel, fange ich meinen neuen Job an. Es war sehr einfach, den zu finden, man muss sich nur selbst darum kümmern und kann nicht auf das Arbeitsamt zählen. Ich sehe die Situation auf dem Arbeitsmarkt gar nicht so dramatisch, ich habe auch keine Zukunftsangst. Was man aus seinem Leben macht, hat in meinen Augen gar nichts mit dem Beruf zu tun. Der ist dazu da, Geld zu verdienen und unabhängig zu sein. Dass man sich eine Wohnung leisten kann, dass man sich essen kaufen kann. --- "Mein Traum? Ein Backpacker-Hotel in Südafrika": Silke, 28 Jahre

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich bin Lehrerin in der Hauptschule und das wollte ich auch schon immer machen. Mir macht es großen Spaß, mit den Kindern zusammen zu arbeiten und ich denke schon, dass ich diesen Beruf die nächsten 20, 30 Jahre machen werde. Mein Traum wäre es allerdings, nach Südafrika auszuwandern und dort ein Backpacker Hotel aufzumachen. Das dann aber eher aus Mentalitätsgründen, nicht weil ich keinen Job finde. Bisher hatte ich noch nie ein Problem, einen Job zu finden. Aber gut, das waren natürlich auch Studentenjobs. Jetzt bin ich festangestellt, aber noch nicht verbeamtet. Gerade bei meinen Schülern beobachte ich die Einstellung „Schau`n wir mal, was für mich gemacht wird“ und dieses „Füße hochlegen“. Das kommt auch daher, weil der Hauptschüler heutzutage nicht mehr so die Chancen erhält. --- "Heute sind nur die guten Noten entscheidend": Markus, 20 Jahre

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Illustration: Julia Schubert

Ich mache dieses Jahr mein Abitur und würde gerne danach etwas mit Marketing und im Medienbereich studieren. Aber ich weiß nicht genau, ob es mit dem Notenschnitt klappt. Deshalb sehe ich mich in fünf Jahren auch nicht in dem Bereich, sondern vielleicht im Lehramt. Da gibt es keinen Numerus Clausus und ich möchte gerne etwas mit Menschen zu tun haben. Lehramt ist deshalb meine zweite Wahl. Ich schätze meine Chance auf dem Arbeitsmarkt aber eigentlich ganz gut ein. Wenn es mit meinem Traumberuf nicht klappt, dann nicht, weil es der Arbeitsmarkt nicht zulässt, sondern weil mein Notenschnitt nicht reicht. Meine Eltern, glaube ich, hatten früher mehr Möglichkeiten. Sie mussten sich nicht so viele Gedanken darüber machen, wie der Schulabschluss wird. Man hatte immer eine Chance, irgendwo unterzukommen und da noch Karriere zu machen. Heute sind nur noch die guten Noten entscheidend, alles andere ist unwichtig. Aber gerade die Berufswahl ist wichtig, denn ich muss den Beruf ja die nächsten 40 Jahre ausüben. Da sollte es schon das Richtige sein. --- "Ohne Arbeit ist der Rest auch nichts": Johannes, 23 Jahre

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich arbeite nebenher um mir mein Studium zu finanzieren. Ich studiere Informatik. Das wollte ich auch schon immer machen. In der Zukunft würde ich gerne in einer Werbeagentur oder in der Softwareentwicklung arbeiten. Mal sehen was klappt. Man muss im Endeffekt nehmen was kommt. Abstriche muss man, denke ich, immer machen, aber ich hoffe schon dass ich das machen kann, was ich möchte. Früher wurden noch nicht so viele Leistungen verlangt, alleine vom Notenschnitt her. Damals war studieren einfach. Auch die Lebenshaltungskosten sind gestiegen, gerade mit der Einführung des Euros. Und das Studium ist auch schwerer, durch die zusätzliche Arbeit. Arbeit ist mir sehr wichtig. Ohne die Arbeit ist der Rest auch nichts. Irgendwoher muss ich ja auch das Geld nehmen um die freie Zeit genießen zu können. Wobei ich finde, dass die Ausbildung einen anderen Stellenwert hat. Das Abitur bekommt man heute nachgeworfen, es nicht mehr so viel wert. Jetzt bekommt man mit Abitur einen Job, den man früher mit der mittleren Reife bekommen hat. Weil einfach viel zu viele Bewerber da sind. Viele machen es sich zu leicht und lassen die Ausbildung schleifen. Das sind vielleicht dann auch die vielen Arbeitslosen, die einfach keine Lust haben zu arbeiten. Ich habe selber aber auch noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Ich denke, es ist unwahrscheinlich, dass man heute sein ganzes Leben immer denselben Job hat. Es wird sich sicher öfters etwas ändern. Man muss flexibel bleiben. Deshalb würde ich auch ins umliegende Ausland gehen, wenn ich hier keinen Job finde. Heutzutage muss man etwas für seinen Job opfern. --- "Sofort einen Job finden? Geht nicht mehr": Maren, 19 Jahre

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich gehe momentan noch in die Schule und mache bald mein Abi. Danach würde ich gerne Medizin studieren. Ich denke, dass man als Arzt schon irgendwo Arbeit findet. Aber die Bedingungen sind dann eventuell nicht gut, das sieht man ja auch im Moment an den ganzen Streiks. Im Gegensatz zu früher hat man sich von dem Gedanken verabschiedet, dass man auf jeden Fall sofort einen Job findet. Man muss mehr Suchen – aber es gibt auch mehr Möglichkeiten als früher. Ich würde auch ins Ausland gehen. Alles in allem geht es darum, sich eine Nische zu suchen, in der man sich dann selbst verwirklichen kann. Die Arbeit ist einfach ein großer Teil des Lebens, deshalb sollte es schon etwas sein, das einem gefällt. --- "Es braucht sehr viel Selbstvertrauen": Andreas, 24 Jahre

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ich habe mich gerade im Bereich Werbung selbstständig gemacht. Nach meiner Ausbildung bin ich, obwohl ich Klassenbester war, arbeitslos geworden. Eine ganze Zeit lang habe ich mich beworben – erfolglos. Nur dadurch, dass mein Vater auch in dieser Branche tätig ist, habe ich jetzt letzten Endes Fuß gefasst. Ich wollte zwar schon immer etwas Kreatives machen, aber das ist nicht wirklich mein Traumberuf. Ich habe länger mit der Schauspielerei geliebäugelt. Aber das wir dann doch zu riskant. Auch etwas Soziales wie Physio- oder Ergotherapie hätte mir gut gefallen – aber damit kann man keine Familie ernähren. Das Problem auf dem Arbeitsmarkt ist, dass zwar Ausbildungsplätze geschaffen werden, aber die Situation danach äußerst schwierig ist. Die Stimmung in Deutschland ist nicht gut, auch die Presse macht einem die Laune mies, wenn man schon etwas wagen will, sich beispielsweise selbstständig machen will. Man braucht sehr viel Selbstvertrauen und Durchhaltevermögen. Ich hoffe, ich kann in der Zukunft noch ein, zwei Mitarbeiter einstellen – damit ich nicht ganz allein bin. Ich habe mir aber nichts Großes vorgenommen und möchte das erst mal klein halten. Es fehlen momentan einfach die Arbeitsplätze. Mein Vater war in der Schule weiß Gott nicht der Beste und trotzdem hat er etwas bekommen. In meinem Freundeskreis haben einige studiert und arbeiten trotzdem nur mit Aushilfsjobs. Deshalb habe ich ein Studium im Anschluss an die Ausbildung ausgeschlossen. Denn wenn ich dann wieder da steh, war’s umsonst. Heutzutage kann man nicht mehr sagen, dass man immer denselben Job machen wird. Aber ich will es versuchen. Auch wenn die Angst vor sozialem Abstieg da ist. ---

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